5. Tag: Molfsee (Jokertag)

„Wir müssen auf Reisen von Zeit zu Zeit eine Rast einlegen und warten, bis unsere Seelen uns wieder eingeholt haben.“

Die Native Americans waren dieser Ansicht und ja, da ist etwas dran! Dennoch haben wir einen anderen Grund, einen Tag am Molfsee zu bleiben. Autozüge wurden unzuverlässig und wegen dem Fixtermin mit der Color Line haben wir einen Reserve-, einen Jokertag eingeplant. Damit wir notfalls auch ohne Autozug rechtzeitig am Hafen sein können. Die 1.050 km hätten wir in zwei Tagen geschafft.

Aber der Zug fuhr und nun haben wir einen Tag Pause! Was für ein wunderbares Gefühl, als wir uns in dem schlichten aber gemütlichen Zimmer aus dem Bett wälzen und zum Frühstücksbuffet wandern. So ganz am Anfang eines langen Urlaubs, einer langen Reise ist es einfach am schönsten!

Stillvergnügt beladen wir unsere Teller mit außergewöhnlichen Frühstücksvarianten. Es ist zu toll, was die Leute hier aufgebaut haben! Didi spricht einem Fisch-Dill-Aufstrich zu, während Angelika ihrer Leidenschaft für das ganz dunkle Roggenbrot und Schinkensalat nachgibt. Kaffee gibt es ohne Ende und das letzte Häferl schlürfen wir entspannt im schönen Gastgarten draußen.

Es hat sonnige 18°C, der erste Schönwettertag dieser Reise! Wir plaudern ein wenig mit dem Gärtner, der gerade liebevoll die Terrassenblumen umpflanzt. Wie zart dieser Bär von einem Mann mit seinen Schaufelhänden mit den kleinen Pflänzchen umgeht! Mit seinem langen grauen Pferdeschwanz und dem dichten Vollbart macht er den Wikingern alle Ehre!

Später schlendern wir zum Penny-Markt ein paar Häuser weiter. Wir suchen Kekse für unterwegs und ein Reise-Nähzeug für Angelika! Ihre hauchdünne Icebreaker®-Legging ist bereits am 5. Reisetag an den Knien durchgescheuert. Mistige Klettverschlüsse! Anschließend feiern wir die erfolglose Suche nach Nadel und Faden bei einem Pappbecher Kaffee und Kuchen im kleinen Café vor dem Eingang.

Wir sind immer wieder erstaunt, wie zugewandt die Menschen in Schleswig-Holstein sind! Keiner, der uns nicht freundlich grüßt oder ein paar Worte wechseln will. Auch Montag Vormittag gehen die Leute gemächlich ihrem Tagwerk nach. Hier im Norden ist uns, wie wenn die Sorgen der Menschen ganz weit weg wären. Der Alltag geht einen Tick langsamer als bei uns. Es ist ruhiger und für ein kleines Gespräch nimmt man sich Zeit. Wir lieben diese Vibes, die wir auch in Dänemark wahrnehmen.

Es ist 11:30 im "Backparadies Leefen" und die künstlerisch lückenlos tätowierte Bürodame, mit der wir geplaudert haben, hat sich gerade herzlich verabschiedet, als wir zu einer kleinen Wanderung aufbrechen. Wir haben ein Ziel!

Wir kennen das wunderbare Freilichtmuseum im Ort noch nicht! Winters haben sie großteils geschlossen und in der Sommersaison hatten wir noch nie ausreichend Zeit. Wir recherchieren rasch am Handy Weg und Öffnungszeiten ... und schauen uns fassungslos an. Das gibts doch nicht! Ausgerechnet heute Montag ist Ruhetag?! Ja haben sich die Kulturleute hier gegen uns verschworen?

Wir setzen uns auf eine schwarzglänzende Parkbank - die sich überraschend als Solarpaneel mit USB-Anschluss entpuppt - und wischen am Handy herum. Na dann machen wir doch einen Spaziergang um den Molfsee! Naturschutzgebiet! Es sind nur 20 Höhenmeter zu erwandern, das wird uns nicht überfordern. Die haben nicht mal einen Ski-Lift nach oben gebaut, so wie am Bungsberg mit seinen 168 Metern!

Wir stiefeln durch eine ruhige Wohnsiedlung, vorbei an der mächtigen Friedenseiche mit ihrem Mahnmal. Prächtige Villen mit Blumenschmuck und kunstvollen Reet-Dächern säumen unseren Weg. Wir finden den Beginn des Wanderwegs nicht! Ein Radfahrer kommt des Weges und wie gerufen! Ein sportlicher Herr, braungebrannt im bunten Trikot bietet freundlich seine Hilfe an.

Nur einen Augenblick später sind wir in ein langes Gespräch mit dem reiselustigen Rentner verwickelt, der uns nicht nur den Weg sondern auch seine über sieben Jahrzehnte lange Lebensgeschichte und -philosophie anvertraut. Wir haben eine Gemeinsamkeit entdeckt! Der ausgesprochen liebe und interessante Mann, der den Großteil des Jahres unterwegs ist und davon mit Begeisterung erzählt, möchte auch auch von unseren Reisen hören!

Viel später als gedacht latschen wir ans verwachsene Seeufer und biegen ein paar Zweige auf die Seite. Da ist der Weg! Kurz darauf rutschen wir über einen matschigen Pfad, balancieren über glitschige Baumstämme und sinken mit unseren dünnen Schuhen knöcheltief im Uferschlamm ein. "Leicht zu begehen" stand in der Beschreibung? Ja, aber nicht nach tagelangem Regen!

Wir gucken hinüber auf die Möweninsel und beobachten mit unserem neuen Mini-Feldstecher zahllose Seevögel, die halt tun, was Seevögel so tun. Bald wird der Weg leichter und wir sind auf der anderen Seite des Sees angelangt.

Zwei Pferde beobachten uns mit ihren sanften Augen, als wir auf einer wackeligen Holzbank Pause machen. Wir müssen die Jacken ausziehen! Wolken sind aufgezogen und machen die Sommerhitze nun drückend schwül. Wir schwitzen in unser Zeug, das noch drei Wochen durchhalten muss!

Bedächtig schreiten wir über stilles, flaches Land und durch das schmucke "Wolfsberg". Die Villen hier schauen nach Vermögen aus, so sorgfältig renoviert und dekoriert wie sie sind. Wuchtige Zeugen der alten bäuerlichen Kultur dieser Region! Es ist ruhig und man hört nur das Flirren von Insekten, als wir uns dem Ort Molfsee nähern. Nach 2,5 Stunden haben wir wieder unser Hotel erreicht.

Zwei kühle Biere später hocken wir an der Theke und feiern mit dem Chef, der dieses Traditionshaus schon lange führt, seinen morgigen Urlaubsbeginn. Jens rückt einige Gläser österreichischen Rum heraus! Als sich der hünenhafte Gärtner, der Freund des Hauses ist ein handwerksbegabter Rentner, zu uns setzt, ist die lustige Runde komplett.

Knapp bevor das hier ausartet, verabschieden wir uns lieber und steigen die paar Stufen in unser Zimmer. Wir brauchen eine schnelle Dusche (und unsere Schuhe ein kurzes Vollbad), bevor das Abendessen beginnt! Der Chef hat uns sogar den Stammtisch reserviert. "Da is es am gemütlichsten", meint er.

Ohne Reservierung hat man am Catherinenberg keine Chance. Auch Montag abends ist in der großen Gaststube kein Tisch mehr frei. Das Wirtshaus muss weithin bekannt sein! Heute nehmen wir eine cremige Spargelsuppe, Brokokoli-Nussecken auf Tomatennudeln und ein Putenschnitzl an Spargel mit Sauce Hollandaise. Eine ungewöhnliche Kombi. Ja bitte, Bratkartoffel dazu!

Heillos überfressen schlürfen wir später unseren Gute-Nacht-Kaffee im kühl gewordenen Gastgarten. Was für eine ruhige Stimmung, was für freundliche Menschen hier leben. Wie schön es hier ist! Wir sind rundherum entspannt und glücklich, als wir um 23:00 schlafen gehen. Morgen beginnt das Abenteuer Norwegen/Lofoten!

Tageskilometer: 7 km (zu Fuß)

Hier gehts nach Kiel zur Color Line: >> klick

Eine Pause vor dem Abenteuer

Schön zu lesen!

Hallo!
Ich freue mich auf diesen Bericht, denn wir waren 2019 mit dem WoMo und unseren zwei Hunden auf den Lofoten und ich bin neugierig, ob ich etwas wiedererkennen. Es war eine schöne Reise!
LG Moni

Antw.:Schön zu lesen!

Hallo Moni!
Schön, dass du mit uns mitfährst! Ich bin sicher, die ein oder andere Ecke wirst du erkennen, so schnell ändert sich doch nichts. Oder tut es doch? Mal sehen! :-)
LG Geli + Didi

reservetag?

hi! verstehe ich richtig, dass ihr einen tag dort bleiben "musstet", weil ihr mit dem ausfall des autozugs gerechnet habt? ist das schon ma passiert? muss man die tickets der colorline wirklkich vorab buchen und kann nicht spontan mitfahren?
dlzg
der rider

Antw.:reservetag?

Hallo!
Ja, das hast du richtig verstanden. Seit wir vor wenigen Jahren mal irren Stress wegen dem Ausfall des Autozugs hatte, planen wir zur Anreise lieber einen Tag länger ein.
Wenn der Zug dann fährt, haben wir einen freien Tag mehr. :-)))
LG Geli + Didi

Molfsee

Welch ein schöner kleiner Jokertag. Ja, Molfsee ist schön. Das ist die Nobel-Randgemeinde von Kiel. Ihr habt es so liebevoll beschrieben und auch wir Schleswig-Holsteiner kommen sehr gut weg. Danke schön dafür.

Ein Frühstücksbuffet auf Reisen. Das Argument überhaupt für eine feste Unterkunft. So schön ist das.

Aber eine Frage hab ich noch: "Es sind nur 20 Höhenmeter zu erwandern." Ja, was denn nun? Zwanzig Höhenmeter oder "nur"?

Ich freu mich auf die Lofoten.

Liebe Grüße
Svenja

Antw.:Molfsee

Das war so schön dort! Wir dachten schon, dass am Molfsee nicht das Prekariat Kiels wohnt. :-)

Von meiner Straßenbahnstation und meinem SPAR sind es 38 Höhenmeter bis in meine Wohnung.... soviel zu "nur" am Molfsee. :-))))))

Danke für dein Lob!
Geli

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zuletzt aktualisiert am 11.11.2024