1. Tag: Wien - Kransjka Gora
Heute am 1.6. gehts los! Wir können es kaum erwarten und fahren ohne Frühstück los. Um 9:30 ist es düster-bewölkt bei 18°C, als wir aus der Tiefgarage tuckern. Auf der A2-Südautobahn und später auf der S6 kommt ein wenig die Sonne heraus und wir schöpfen Hoffnung!
Langsam meldet sich der Hunger und aus alter Tradition frühstücken wir nach 90 km bei der Raststation "Schottwien" am Semmering. Natürlich gibt es Leberkässemmerl und Kaffee! Plötzlich sehen wir, dass es draußen zu regnen beginnt. Verdammt! Das Regengewand haben wir bereits in Wien angezogen und das ist gut so! Bis Mürzzuschlag erleben wir einen Starkregen, wie selten zuvor. Es wird auch schnell kälter und wir finden 11°C für einen Sommerurlaubsbeginn ziemlich deprimierend...
Wir lassen es unaufgeregt dahinlaufen und ab und zu schaut die Sonne heraus. Wir kennen die Strecke wie unsere Westentasche und uns ist ziemlich langweilig. Bei der Raststation St. Marein machen wir die zweite traditionelle Pause auf unserem Weg in den Süden, und zwar wegen der unfassbar guten Kardinalschnitten mit Kernöl! Diese Stärkung brauchen wir auch, denn es regnet ohne Pause, als wir bei Zeltweg-West südlich auf die B78 Richtung Obdach abbiegen.
Nach 35 km in Klieningbach gehts scharf rechts und dann kurven wir die knackigen Kurven hinauf aufs Klippitztörl (1.642m). Die Aussicht wäre grandios, aber es regnet und regnet weiter. Meine Güte, was für eine unlustige Fahrt!
Am höchsten Punkt halten wir kurz an und schauen in die Karte. Ein Kaffee wäre jetzt fein, aber hier heroben ist alles ausgestorben. Wir halten uns nicht lange auf und cruisen vorsichtig die rutschige Straße hinunter. Im Lölling-Graben bewundern wir die Ruinen vergangenen Erzabbaus in diesem ehemals reichen Bergbaugebiet.
Durchs Görschitztal (B92) gehts Richtung Klagenfurt, vorbei an Schloss Ottmanach, wo die Familie Bockelmann und ihr berühmtester Sohn Udo Jürgens lebte. Schön ist es hier! Auch das Wetter legt einen Tick zu und fast kommt die Sonne heraus.
Wir haben genug von dem ständigen nasskalten Wetter und nehmen die 60 km bis Villach-Warmbad auf der A2-Südautobahn. Die B83 führt zum Wurzenpass. Kurz vor der Auffahrt zur Passhöhe machen wir noch eine kurze Pause und stillen unseren Wolfshunger mit "Berner Würstel"und Pommes. Das Bunkermuseum am Pass geht sich heute leider nicht mehr aus ...
Im feinen Nieselregen gehts daher die letzten 17 km über den Wurzenpass (1.046m) nach Kransjka Gora. Spektakuläre Kurven, leider ist die Straße rutschig und nass!
Um 18:30 haben wir unser Quartier erreicht und nach einer kurzen Aufwärmpause (ja, es ist kalt hier!) und einem Spaziergang durch den kleinen Ort finden wir noch ein gutes Abendessen, bevor wir müde in die Federn kriechen.
Tageskilometer: 367 km
2. Tag: Kransjka Gora - Ferrara
In der kleinen Küche kochen wir uns erst mal leckeren Kaffee. Wir beschließen, noch schnell im Supermarkt Jause zu kaufen und Angelika braucht etwas gegen Halsweh/Husten aus der Apotheke.
Um 10:15 gehts los und es nieselt schon wieder bei milden 20°C. Im Ort beginnt die Straße auf den Vršič-Pass (1.611m) im Triglav-Nationalpark.
24 ambitionierte Kehren, alle mit Kopfsteinpflaster und ständig wechselnde Steigungsstärken machen die von russischen Gefangenen erbaute Militärstraße aus dem WK I im Regen zu einem zweifelhaften Vergnügen. Dichter Nebel verhindert auch die Sicht und so können wir vom tollen Panorama nichts berichten. Wir machen schnell ein "Gipfel-Foto" und dann gehts 26 Kehren hinunter ins Soča-Tal.
Da es nun endlich zu regnen aufhört, machen wir Pause und vertilgen die mitgebrachten Brötchen. 50 km später sind wir in Kobarid. Das kurvenreiche Isonzo-Tal ist wildromantisch und gut zu fahren! Oft bleiben wir stehen und beobachten das eisblaue Wasser in den tiefen Schluchten.
Wir überlegen, das tolle Museum von Kobarid& zu besuchen, fahren aber bei diesem Regen lieber weiter. Hierher können wir immer wieder kommen, es ist nicht weit weg von zuhause. 10 km später sind wir in Italien, es ist 13:00!
An einfachen Dörfern vorbei gehts die schöne SP19 bis San Giovanni al Natisone. Hier lockt eine Konditorei und köstliche friaulische Süßigkeiten verleiten zu einer Pause, die wir mit bestgelaunten Beamten der Carabinieri verbringen. (In USA essen die Cops Donuts, im Natisone-Tal lieber Gubana!)
Nach interessantem Erfahrungsaustausch gehts über Palmanova auf die Autobahn A4. Die alte Planstadt verwirrt mit seinem neunzackigen Grundriss, den man auch erahnt, wenn man rundherum fahren will!
Die letzten 200 km nehmen wir auf der Autobahn (Maut 16.-), vorbei an Venedig und Padua. Wir wollen nicht zu spät in Ferrara ankommen! Das Wetter hält und es ist mittlerweile ziemlich schwül. Bei Occhiobello überqueren wir den Po, der ungewöhnlich viel Wasser führt!
Um 19:00 erreichen wir unser Quartier in Ferrara und beeilen uns mit dem Einparken in der Tiefgarage ums Eck. Schnell frischmachen und ab in die Altstadt!
Das Castello Estense liegt unmittelbar vor der Haustüre und Savonarola mahnt drohend von seinem Podest. Wir beenden den Abend bei köstlichem Essen und natürlich regnet es wieder, als wir ins Hotel zurücklaufen...
Tageskilometer: 340 km
3. Tag: Ferrara - San Gimignano
Der Tag beginnt mit sonnigen 22°C! Wir nehmen ein kleines und entspannendes Frühstück im Straßencafé neben dem Hotel (2,70 € pP) und brechen um 10:30 auf. Wir nehmen die A13 Richtung Süden und wechseln nach Bologna auf die SS64. Gemütlich cruisen wir 70 km bis Marzabotto.
Geschichtsträchtiger Ort! Hier kommandierte der österreichische SS-Sturmbannführer Walter Reder SS-Verbände, die ein unfassbares Massaker unter der Zivilbevölkerung anrichteten.
Der NS-Kriegsverbrecher erhielt lebenslänglich und wurde nach seiner Begnadigung 1985 vom FPÖ-Minister Friedhelm Frischenschlager mit Handschlag empfangen ("Reder-Skandal"). Wir machen in Vergato eine längere Pause bei Kaffee und Cornetti und erinnern uns an diesen Schandfleck österreichischer Innenpolitik.
Die Strecke den Reno entlang ist kurvenreich, bewaldet und wunderschön! Leider nieselt es mittlerweile beständig. Frisch gestärkt kurven wir nach links über Grizzana die kleine Bergstraße SP24 bis zur SP325. Diese kleine Straße führt uns durch winzige Dörfer, beschauliche Weiler und dichte Wälder! Mitten im engen Val di Setta überqueren wir die Grenze zur Toskana. So bewaldet, grün und üppig kann die Toskana sein!
Wir kommen bei diesen engen Kurven nicht schnell voran und in Vernio sind wir schwindlig von dem Kurvenspaß. Pause in einem Straßencafé, wo der Café nur 1.- kostet und wie 10.- schmeckt. Das lieben wir so an Italien! Kurz drauf öffnet sich das Tal und wir sind in Prato.
Da wir etwas Zeit verloren haben, nehmen wir jetzt die Autobahn rund um die Verkehrshölle Florenz bis Montelupo und dann die wunderschöne SP4/SP79 bis Certaldo. Haben wir schon erwähnt, dass es die ganze Zeit regnet?
Bei Certaldo müssen wir dringend tanken und gottseidank stehen wir gerade unter dem Dach der Tankstelle, als ein Hagelregen niederprasselt, der schlimmer nicht sein könnte!
Nun gut, es dauert nicht lang und durch tiefe Pfützen und unter schwärzesten Wolken erreichen wir um 17:45 unser Quartier in San Gimignano. Jetzt hats uns tatsächlich die ganze Toskana verregnet! Nach den Schwierigkeiten mit unserem Zimmer verbringen wir aber noch einen romantischen Abend in der sensationellen Altstadt des "Manhattan des Mittelalters".
Wir essen am Domplatz, kaufen knorrigen Käse mit Ascheschicht, gönnen uns ein Eis bei Olmo und gehen wir auf der Stadtmauer spazieren.
Zum Abschluss gibts noch guten Rotwein und ein Nachtigallen-Konzert der Sonderklasse. Ein toller Abend!
Tageskilometer: 242 km
4. Tag: San Gimignano - Vetralla
Es ist bedeckt bei 20°C, als wir das menschenleere Quartier grußlos und verärgert verlassen. (Dass wir das bereits bezahlte und nicht erhaltene Frühstück später von booking.com rückerstattet bekommen, können wir noch nicht wissen.) Wir nehmen die SP1/SP36/SP5 und cruisen durch die wunderschöne Toskana über Bibbiano und Colle di Val d'Elsa. Sanfte Hügel, tolle Aussichten, alles grünt und blüht!
Ab und zu regnet es, daher lassen wir das Regengewand vorerst an. Nach ca 45 km sind wir in Siena! Wir finden eine nette Pasticceria, wo wir uns mit Kaffee und Cornetti stärken. Dieses gefüllte Plundergebäck schmeckt so fantastisch!
Später gehts über die SR2 weiter nach San Quirico d´Orcia. Wir haben diese Straße aus 2007 ganz anders in Erinnerung und auch die kleine Stadt ist in unserer Erinnerung viel kleiner und menschenleerer. Hm, wir wollen in die Innenstadt, aber die ist jetzt Fußgängerzone. Hier hat sich viel verändert! Zu allem Überfluß beginnt es wieder zu regnen und wir verirren uns.
Plötzlich sind wir in Pienza, wo wir uns erst einmal orientieren müssen. Letztendlich helfen uns ein paar unverdrossene Radfahrer, die im Regen dahinstrampeln, wieder zurück auf die SR2, die sich Richtung Süden zur Schnellstraße auswächst.
Nach einigen Kilometern ist die SR2 abrupt zu Ende, also gesperrt. Ein Pfeil weist uns nach links in die Berge hinauf. Nun gut! Also kurven wir die ambitionierte Bergetappe über die SS478 nach Radicofani mit seiner beeindruckenden Festungsruine.
Wir fahren übrigens auf der "Via Francigena" (dt.: Frankenstraße), dem historischen Pilgerweg vom Frankenreich nach Rom.
Bei Centeno verlassen wir die Toskana und wir sind in Lazio! Regen wechselt mit Sonnenschein, doch die tiefschwarzen Wolken machen uns misstrauisch. So lassen wir die Transalps dahinlaufen, bis wir nach insgesamt 190 km in San Lorenzo Nuovo ankommen. Hier ist die Wetterscheide! Hinter uns dunkle Wetterfronten und vor uns ungestörter blauer Himmel! Wir feiern diesen Umstand am Hauptplatz mit einer Kaffeepause.
Bei nunmehr sonnigen 25°C cruisen wir am Lago di Bolsena vorbei, werfen einen Blick auf die mächtige Burg und sind nach ca. 60 km und einem kurzen Blick auf die Villa Lante bei Viterbo in Vetralla. Unfreiwillig besichtigen wir noch diverse Schotterstraßen, Weinberge und Sackgassen, bis uns ein netter Transalp-Fahrer bis zu unserem Quartier lotst. Unsere Navi-App für Notfälle hat hier komplett versagt...
Heiß ist es geworden und wir beschließen spontan, auf eine Stadtbesichtigung zu verzichten und chillen lieber im wunderschönen Garten mit Olivenbäumen und bunten Blumen. Der örtliche Maserati-Club hat hier eine Feier und es gibt ein tolles Buffet. Hier ist alles sehr stilvoll!
Nach einem großartigen Essen und köstlichem lokalen Wein beenden wir diesen Tag. Wieder hören wir die Nachtigallen nach ihren Weibchen rufen. Gute Nacht, Welt!
Tageskilometer: 234 km
5. Tag: Vetralla - Montecassino
Der Sommer ist da! Bei sonnigen 28°C verlassen wir diesen eleganten Ort Richtung Süden. Wir bleiben auf der SR2 "Via Francigena" und halten uns südöstlich. Wir wollen Roms Verkehrshölle großräumig umfahren. Nach ein paar Kilometern sind wir in Sutri und besuchen das antike Anfiteatro. Wir lieben diese Kleinbühne, die unsere Phantasie anregt!
Hier heißt die SR2 auch "Via Cassia" und lassen die Pferde am "lockeren Zügel laufen" und cruisen 45 km durch Orte wie Colle Farnese, Nepi und Castel Sant´Elia bis Civita Castellana, wo wir das großartige Aquädukt bewundern. Hier geht auch die antike "Via Flaminia" durch, auch schon seit 2.300 Jahren.
Unspektakulär sind die 100 km auf der SS3/SS6 über Guidonia, Palestrina und Anagni nach Frosinone. Hier kann man richtig Gas geben! In Frosinone haben wir Hunger und checken uns bei einem McDonalds eine schnelle Jause. Heiß ists geworden!
Wenn wir allerdings geahnt hätten, wie lange wir in Frosinone herumirren werden, hätten wir eine lange Pause machen können! Die Stadt wird umgebaut, -zig unfertige Kreisverkehre ohne Beschriftungen erschweren uns die Ausfahrt. Irgendwann entdecken wir einen kleinen weißen Zettel an einer Baustellen-Absperrung und dies ist der einzige Wegweiser raus aus der Stadt!
Noch 55 gleichförmige Kilometer und wir sind in Cassino. Die Besichtigung der Abbazia geht sich heute nicht mehr aus. Wir haben ziemlich Stress, denn bei der Ortseinfahrt fallen die ersten schweren Tropfen! Schnell Navi-App einschalten, Ohrstöpsel und rein und - bitte funktionier´ jetzt! Alles ist gut, nur 2 km später sind wir in unserem Quartier.
Kaum haben wir die Transalps in die Garage gewuchtet, geht ein Unwetter los, unbeschreiblich. Weltuntergang! Nun, wir machen es uns im Quartier gemütlich und warten. Erst etwas später spazieren wir los und finden eine kleine Pizzeria mit Blick auf das Kloster auf dem Berg. Zahlreiche Einheimische tragen von hier schwere Kartons mit Essen nach Hause, ein gutes Zeichen! Wir bekommen eine sensationelle Pizza und haben eine wirklich gute Zeit hier!
Tageskilometer: 245 km
6. Tag: Montecassino - Solfatara - Pompei
25°C und strahlender Sonnenschein! Wir haben heute viel vor, daher gehts schon um 9:30 los. Der Einstieg in die SR149 auf den Berg ist nur einen Katzensprung entfernt und schon kurven wir die perfekt ausgebaute Straße mit geilen Kurven hinauf zur Abbazia.
Mit jeder Kurve wird die Aussicht sensationeller! Oben erwartet uns ein schattiger Gratis-Parkplatz und ein freundlicher Herr, der alles bewacht. Wir sind angemessen gekleidet, also dürfen wir hinein! Eintritt übrigens kostenlos!
Wer jemals Bilder oder Filme der "Schlacht um Montecassino" sah, kann nicht fassen, wie furchtbar die Zerstörung der Abbazia war und wie großartig dieser Monumentalbau wieder errichtet wurde! 4 Monate lang dauerte eine der längsten und blutigsten Schlachten des WK II im Frühjahr 1944, mit schweren Verlusten auf beiden Seiten.
Wegen der historischen Bedeutung hatte der deutsche Befehlshaber verboten, das Kloster anzurühren und informierte die Alliierten, die ihm allerdings nicht glaubten und weiter vorrückten. Görings Fallschirmtruppen unter dem Wiener Obstlt Schlegel halfen den Mönchen bei der Rettung der Kunstschätze und – in weiser Voraussicht? - der originalen Baupläne.
Man evakuierte 100 LKW mit Schätzen, 1200 Dokumenten und unzähligen Bilder von Tizian, da Vinci und Raffael in die Engelsburg nach Rom. (1945 fand man allerdings 13 Meisterwerke davon als Raubgut Hitlers und Görings bei Altaussee/Österreich wieder…).
Und dann befahl der britische General Freyberg mit US-Unterstützung die Bombardierung - warum, ist bis heute unklar. Am 15.2.1944 brauchten US-Bomber nur 3 Stunden, um das historische Bauwerk zu vernichten. Nicht einmal die 1.500 Jahre alten Grundmauern blieben erhalten…
1945 begann der zehnjährige Wiederaufbau gemäß dem Leitsatz des Abtes Ildefonso Rea „Wo es stand und wie es war“ und das beeindruckende Ergebnis sehen wir heute! Ein großartiges Mahnmal für den Frieden! Wir spazieren durch den Komplex und bewundern die Kunstschätze bis etwa Mittag.
Dann kurven wir die Serpentinen wieder hinunter (>>Clip) und nehmen die SS430 gen Süden und zur Küste. Großartiger Kurvenspaß über die schmale Straße, vorbei an alten Dörfern wie Rocca d´Evandro und durch dichte Wälder, immer den Fluss Garigliano entlang. Nun sind wir in Kampanien!
Später weitet sich das Tal und nach etwa 50km haben wir das Meer erreicht. Das Meer! Wir suchen einen Pausenplatz und finden eine kleine Bar am Straßenrand in Mondragone, wo wir köstliche getoastete Panini essen. Angelika ist begeistert, in der Herkunftsgegend ihres geliebten originalen "Mozzarella di Bufala" zu sein! Mittlerweile hat es zum ersten Mal 30°C!
Etwas später gehts über die SS7qtr das Meer entlang. Unsere Hoffnung auf eine schöne Küstenstraße erfüllt sich nicht, im Gegenteil. An Castel Volturno vorbei fahren wir durch das schäbigste Gebiet des Urlaubs: Abgebrannte Häuser, Fabriken, die nie eröffnet oder vor Jahren geschlossen wurden, streunende Hunde, ungepflegte Landschaft, unglaublich viel Müll an den Straßenrändern und unzählige Prostituierte, die im Müll sitzen und auf Kundschaft warten. Auch die vielen herumlungernden Schwarzafrikaner fallen uns auf - nun ja, Flüchtlinge gibt es hier viele...
Wir fahren nun auf den "Phlegräischen Feldern" und nach 40 km sind wir mitten in Pozzuoli. In der Verkehrshölle verirren wir uns kurz aber man hilft uns und dann haben wir Solfatara gefunden. Bei einem unscheinbaren Hauseingang fahren wir hinein zu einem aktiven Vulkanfeld mitten in der Stadt. Wahnsinn!
Die Transalps stehen im Schatten, während wir 7.-/pP zahlen und ein paar Meter zum Kraterfeld gehen: 770 m Durchmesser, weiss-grauer Steinboden und wenn man mit den schweren Motorradstiefeln fest aufstampft, klingt es hohl! Die Magmakammer ist nur 6 km unter der Erde und ist mit jener unter dem Vesuv verbunden.
Die "Phlegräischen Felder" sind Europas einziger Supervulkan, 150 km2 groß und höchst aktiv, vergleichbar jenem in Yellowstone. Die Wohnhäuser sind bis an den Kraterrand gebaut, doch der harmlose Schein trügt. Der Boden ist heiß, es gibt brodelnde und nach Schwefel stinkende Schlammlöcher und die Solfataren, Löcher, die 160°C heißen Dampf zischend ausstossen.
Außerdem hebt sich die Stadt Pozzuoli wegen dem Druck der Magmakammer. Seit 1538 hob sich die Stadt um etwa 8 Meter, die letzten 2 Meter Mitte der 1980er Jahre. Evakuierungen sind an der Tagesordnung. Derzeit hebt sich die Gegend stetig um 6 cm/Jahr.
Im Krater selbst befindet sich noch eine altertümliche „Sauna“ aus der Römerzeit, die damals wie heute die natürliche Erdwärme und den heißen Dampf nutzt. Pozzuoli, wurde von den Römern "Puteoli", die "Stinkende" genannt. Man vermutete hier den Eingang zur Unterwelt.
Supervulkane brechen unvermutet aus und wenn dies hier geschieht, gibt es nicht nur Millionen Tote sondern auch "vulkanische Winter", eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes für den gesamten Erdball. Solfatara macht den Forschern echte Sorgen, es ist weit gefährlicher als der Vesuv!
Wir haben viel über die Campi Flegrei gelesen, doch hier zu stehen, ist etwas Besonderes. Es ist unglaublich heiß hier und wenn der Wind den stinkenden Dampf aus der Bocca Grande hertreibt, dann bleibt einem die Luft weg (>>Clip).
Wusstet ihr, dass der 160°C heiße Dampf laut zischend austritt? Der Vergleich zu einem verstopften Dampfkochtopfventil drängt sich auf! Auch die blubbernden Schlammlöcher und -felder faszinieren uns (>>Clip)!
Wir wandern ausgiebig über das Kraterfeld, bis uns die Hitze zuviel wird. Oben die Mittagssonne und unter uns der Vulkan. Es ist unerträglich! Im kleinen Café neben dem Campingplatz im Kraterfeld gönnen wir uns eine Pause mit ziemlich viel Mineralwasser, während wir den Dampfstoss beobachten (>>Clip).
Man erzählt uns, dass es am Meersufer ein antikes Macellum mit Muschelbewuchs gibt. Muscheln an Hausmauern? Die Gegend hier hebt sich gewaltig schnell, das Magma und die Gase drücken nach oben. Von 1970 bis 1973 hob sich der Hafen von Pozzuoli um etwa eineinhalb Meter – und zwischen 1982 und 1984 noch einmal um knapp zwei Meter, wobei die Erde immer mal wieder spürbar bebte. Die Säulen des römischen Marktplatzes waren also jahrhundertelang unter Wasser und zahlreiche Villen reicher Neapolitaner, die noch in den 1950er Jahren luxuriösen Meerblick hatten, stehen nun mitten in der Stadt, weit vom Ufer entfernt. Kann man sich das vorstellen?
Mit solchen Geschichten im Ohr gehts durch die Baustellenhölle Pozzuoli auf die Tangente rund um Neapel - jetzt sehen wir den Vesuv zum ersten Mal aus der Nähe! - und über die Stadtautobahn A56/A1/A3 nach Pompei. Dieser Verkehr ist eine Herausforderung, sprich: brutal, hektisch, rücksichtslos!
Wir nehmen die Ausfahrt "Pompei Ovest" und tuckern langsam an den Ausgrabungen vorbei ins Quartier. Die Vorfreude auf dieses Highlight steigt, als wir um 18:30 in unser hübsches B&B einchecken, uns frisch machen und zu Carlo auf eine sensationelle Pizza Margherita spazieren. Es ist so schön, hier zu sein und wir haben einen grandiosen Abend in dieser hübschen Stadt!
Tageskilometer: 189 km
7. Tag: Pompei Scavi
Heute stehen wir schon früh auf, wir sind voller Vorfreude! Das Wetter ist perfekt, 25°C und blauer Himmel, das Frühstück im Quartier bei Luca genießen wir sehr – die Menschen sind so nett hier!
Dann spazieren wir ein paar Minuten zum Eingang der weltberühmten Ausgrabungen. Zahlreiche Ramschläden säumen den Weg und wir kaufen einen Sonnenhut für Dietmar, denn in den Ausgrabungen gibts wenig Schatten und es soll heiß werden. Eine alte Frau steckt uns ein Heiligenbildchen zu und um 11:00 stehen wir an der Kassa und sehen die ersten Ruinen durch die Pinienwälder schimmern.
Unser erster Eindruck ist, dass der Vesuv doch weiter entfernt ist, als wir dachten! Auf vielen Bildern und Animationen wirkt es, als ob Pompei am Fuße des Vulkans gestanden wäre – tatsächlich sind es ca. 10 km Luftlinie! Ist auch nicht viel bei einer 32 km hohen Eruptionssäule wie beim Untergang Pompeis...
Noch vor dem Kassabereich (13.-/pP) sind klimatisierte Hallen aufgestellt, in denen etwa 20 der berühmten "Gipsleichen" ausgestellt sind. Dramatische und traurige Anblicke sind das! Manche haben noch ihre Gesichtszüge oder man erkennt Kleidungsstücke, verkrümmte Körperhaltungen oder sie wirken wie friedlich eingeschlafen. Obwohl man diese Figuren wohl schon tausend Mal in Medien und Büchern gesehen hat, ist es doch sehr berührend, wenn man ihnen tatsächlich ins Gesicht schaut.
Das erste Vorzeichen der Tragödie war das Erdbeben von 62 n.Chr. Die Stadt erlitt wie viele andere schwere Schäden und man begann sofort mit den Wiederaufbauarbeiten, die nie fertiggestellt wurden. Siebzehn Jahre später endet die 800jährige Geschichte Pompeis endgültig und innerhalb weniger Stunden. Am 24.8.79 n. Chr. um die Mittagszeit explodiert der Monte Somma (in dessen Krater 300 Jahre später der 400m niedrigere heutige Vesuv entstand!) und verschüttet die kleine Handelsstadt (und verdampft Herkulaneum, aber dazu erst später) unter 5-7 m Auswurfmaterial.
Etwa 20.000 Menschen lebten hier und etwa 4.000 sterben in der Vulkanasche. 66ha groß war Pompei, 2/3 davon wurden seit dem 18. Jhdt. ausgegraben. Es gibt einen berühmten Augenzeugenbericht von Plinius dem Jüngeren, daher wissen Wissenschaftler heute so viel über sog. "plinianische Eruptionen".
Pompei war eine wohlhabende Stadt, in der Lebensfreude, Erotik, Geld und Vergnügen eine große Rolle spielte. Man kann alles Wissenswerte gelesen und gehört haben, aber es ist ein ergreifendes Gefühl, durch bunte römische Häuser, Küchen, Schlafzimmer, Tempel und Bordelle zu streifen, verbrannte Brotlaibe zu sehen, alte Graffiti zu lesen und von der alten Hauptstraße "Via Abbondanza" auf den zerborstenen Kegel des Vulkans zu sehen, der all das angerichtet hat.
Was hat uns besonders beeindruckt? Es sind neben den erhaltenen Häusern die allzu menschlichen Details!
Alte Graffiti und Kritzeleien an den Hauswänden und am Zirkus zeigen, dass die Menschen damals auch nicht anders drauf waren, als wir. "Atrebius hat mich geschwängert!", "Titus, ich will dich",, "Galerius wird auch heute gewinnen", , "Crescens grüßt seine Mitsklaven", "Sabinus war mit Primigenia hier", "Hier ficke ich Rufus, den Lieben!", aber auch "Mula bläst Antonius einen".
Hahaha, quasi antike Klo-Kritzeleien! Und einer schrieb an eine Hauswand treffend: "Ich staune, Wand, dass du nicht zerfallen bist, da du soviel Blödsinn von Schreibern ertragen musst!"
Ein reicher Pompeianer besaß im Hauseingang das berühmte „Cave canem“ – Mosaik, das erste "Achtung vor dem Hund"-Schild der Welt und ein Händler schmückte seinen Eingang mit der ehrlichen Inschrift "Komm herein und lass Reichtum hier".
Manche Tote hielten noch ihre Haustorschlüssel in der Hand, sie hatten brav zugesperrt, als der Vesuv explodierte. Man fand den reichen Waschsalon-Besitzer tot vor seinem Haus. Er war nochmals zurückgekehrt, um sein Geld zu holen – die Münzen hielt er fest umklammert, als der Ascheregen kam. Sklaven und Tiere starben in ihren Fesseln, es war niemand mehr da, der sie befreien konnte. Und in den Weingärten starben 13 Menschen während ihrer Mittagspause.
Die 25 Bordelle (Privatzimmer nicht mitgerechnet) waren öffentliche Orte, gut und eindeutig beschildert und leicht zu finden. Nicht nur "Professionelle" arbeiteten dort, man konnte sich auch bei Bedarf schnell ein Zimmer mieten. Der Zuhälter wohnte im Stockwerk darüber.
Zahlreicher als Bordelle waren nur öffentliche Garküchen, die auch Zimmer für "schnellen Sex zwischendurch" vermieteten. An jedem Hauseck konnte man in diesen Snack-Buden einen warmen Imbiss kaufen – die einfachen Pompeianer hatten gar keine Küchen in ihren Häusern.
Die "Zebrastreifen" waren bewusst so angelegt, dass nur kleine Wagen die Straßen befahren konnten. Man musste vor der Stadt umladen. Dies diente der Verkehrsberuhigung!
Wein spielte (neben der Fischsauce Garum, dem röm. Allround-Gewürz) als Exportartikel eine große Rolle und noch heute wird nur dort die Wein-Spezialität "Lacryma Christi" angebaut.
Bald nach dem Untergang wurde vergessen, dass dort jemals eine Stadt war. Die Gegend konnte zwar nicht verbaut werden, da der Boden (auf Grund der Ascheschicht) zu locker war, aber niemand wusste, warum. Die Einheimischen nannten das Feld "La Civita" (lat.: die Stadt). Nur das kollektive Gedächtnis und die Tradition hatten Pompei nicht vergessen...
Ach, es sind unzählige Eindrücke, die wir beim Mittagessen neben dem Forum verarbeiten müssen! Wir lassen uns Lasagne und Mozzarella vom Imbiß gut schmecken und rasten in der Mittagshitze, sitzend in einem kühlen römischen Hauseingang.
Am Nachmittag wandern wir weiter durch die antike Stadt und gehen auch ins "Große Theater". Dies war im römischen Reich wegen einigen Hooligan-Schlachten bekannt geworden, die schon mal für eine 10jährige Stadionsperre gut waren.
Hooliganismus war bei antiken Veranstaltungen weit verbreitet. Nationalismus entzweite damals Städte, nicht Staaten! Fans aus verschiedenen Lagern bekämpften einander offen, es war nichts anders als heute.
So gerieten 59 n.Chr. bei einem Gladiatorenkampf die Bewohner von Nuceria und Pompei aneinander. Es fing an mit lautstarken Beleidigungen, dann bewarfen sie sich mit Steinen und schließlich zückten sie ihre Schwerter. Einige starben, zahlreiche wurden schwer verletzt.
Die Untersuchungen ergaben, dass beide Gemeinden schon vor dem Spiel Vorbereitungen für einen Kampf getroffen hatten, denn die Zuschauer hatten ihre eigenen Steine und Waffen mitgebracht. Gab es Konsequenzen? Der Senat reagierte auf die Ausschreitungen, indem er die Spiele für 10 Jahre verbot und den Veranstalter L. Regulus, ins Exil schickte. Er hatte aus Profitgier zu wenig Wachpersonal, also Schlagstock- und Peitschenträger angestellt.
Oh, wir lieben solche Geschichten! :-)))
Um 18:00 verlassen wir das antike Pompei, wir konnten etwa 2/3 besichtigen. Noch beim Abendessen denken wir über die Ereignisse von damals nach und schauen wieder hinauf zum Vesuv, der mit seinem damals zerbrochenen Krater so harmlos wirkt.
8. Tag: Pompei (Vesuv)
25°C und blauer Himmel machen die Entscheidung leicht. Heute wollen wir rauf auf den Schicksalsberg Vesuv! Wir haben uns gestern in dem kleinen Geschäft am Eck ein paar Kleinigkeiten gekauft und können so das einfache italienische Frühstück "upgraden". Fein! Um 10:00 gehts los.
Nur ein paar Häuserblocks und wir sind raus aus der Stadt, bei "Pompei Est" fahren wir auf die A3, die Stadtautobahn Richtung Neapel. Nach nur 15 km fahren wir bei Torre del Greco ab und kurven durch die Kleinstadt am Hang des Vesuvs. Wie alle diese Dörfer in der roten Zone, die "paesi vesuviane", ist Torre ziemlich schäbig - und in den Händen der Mafia.
Der Weg ist gut beschriftet und wir kurven gemächlich den Berg hinauf. Der Vegetation sieht man den fruchtbaren Vulkanboden an und immer wieder sieht man Reste vergangener Lavaströme. Je höher wir kommen, desto sensationeller wird die Aussicht über den Golf von Neapel! Oh, Mann! Wir fahren auf den Vesuv! (Auch Goethe war schon hier und erlebte einen furchtbaren Ausbruch aus nächster Nähe mit!)
Fast oben angekommen werden wir angehalten und zahlen 3.-/pP für einen Parkplatz. Wir parken aber nicht sondern fahren weiter, immer geilere Kurven und immer flachere Vegetation. Und nach ca. 13 km sind wir auf einem grauen Schotterparkplatz, der genug Platz für einige Busse, einen Imbiss und einige Souvenirläden bietet. Wir verstecken die Transalps im Schatten und kaufen Eintrittstickets (10.-/pP) für den Aufstieg. Dann sehen wir uns um.
Hier überwiegt grau-rötlicher Stein, eventuell Flechtenbewuchs. Oh, da drüben ist Neapel, dort der Lavastrom vom Ausbruch im März 1944! Der ist noch nicht verwachsen, man sieht sehr deutlich, wo die Lava ins Tal floss und einige Dörfer vernichtete. Man sieht auch die Reste vom Monte Somma, der 79 n.Chr. explodierte und dessen Rest nun der Vesuv ist! Ok, also los!
Der stetig steile Fußweg zum Krater ist etwa 1 km lang und wir brauchen auf dem rutschigen Schotterweg schwitzend 35 Minuten. Gnädige Wolken verdecken zumindest ab und zu die Sonne. In der an Endzeitfilme erinnernden Umgebung zieht sich der Anstieg gewaltig, nur der unfassbar tolle Ausblick auf Neapel lässt die Anstrengung zeitweise vergessen.
Unsere Motorradstiefel sind perfekt für den Aufstieg, wir sehen aber auch Mädchen und Burschen mit Flip-Flops und Strandkleidung, die sich mühsam über den scharfkantigen Bimsstein quälen und im stetigen Wind ziemlich frieren. Meine Güte, Leute, so schwer ist die vorab Recherche über die Umstände hier heroben aber nicht...!
Und dann ist man oben auf 1.281 m und schaut in den 600 m breiten und 300 m tiefen Krater und die Mühe ist vergessen. Unfassbar! Sowas haben wir dann doch nicht erwartet, es ist atemberaubend! Wir stehen einfach nur da und schauen. (>>Clip).
Da und dort raucht eine kleine Fumarole und nichts lässt auf die Gefährlichkeit schließen, außer vielleicht die zahlreichen Messstationen, die überall aufgebaut sind und versuchen, den Ausbruch vorherzusagen, der bereits erwartet wird.
Man sieht auch die Reste der Standseilbahn, der "Funicolare del Vesuvio", die ab dem Jahr 1880 Touristen heraufbrachte und seit dem Ausbruch 1944 aufgelassen wurde. Das Volkslied "Funicoli, funicola!" wurde zu Ehren dieser Attraktion komponiert!
Wir spazieren dann langsam rund um den Krater, es ist eine absolut jenseitige Gegend hier heroben. Und diese Stille! Wir schauen hinunter Richtung Pompei und denken an die Gesichter der Toten dort und alles ist komplett surreal.
Nicht viele bedenken, dass der Vesuv im Krater des 79. n.Chr. explodierten Monte Somma gewachsen ist und zwar erst 300 Jahre nach dem Untergang Pompeis. Nicht der Vesuv hat also Pompei verschüttet!
Er gilt als einer der gefährlichsten Vulkane der Welt, auch wenn das Augenmerk derzeit eher auf Solfatara liegt, da die Magmakammern verbunden sind und der Vesuv seit 1944 "zugestoppelt" ist. Es leben ca. 3,5 Millionen Menschen am Vesuv, davon ca. 800.000 in der "roten Zone", wo trotz Bauverbots immer mehr Menschen ihre Häuser errichten.
Die Stadt Neapel zahlt jedem in der roten Zone, der seinen Haushalt aufgibt und wegzieht, 30.000 € Prämie! Doch diese freiwillige Entvölkerung funktioniert nicht, es werden im Gegenteil immer mehr Einwohner. Trotz Bauverbots wurde 2015 auch ein städtisches Spital am Vesuv fertiggestellt, 1200 Betten. Insgesamt gibt es 50.000 neue Häuser am Vesuv!
Es gibt offizielle Evakuierungspläne, die in jedem Haushalt im Vorzimmer hängen. Doch jeder, der den Verkehr um Neapel miterlebt hat, hat nur hohles Gelächter für diese Alibi-Pläne übrig! Es gibt sogar für alle "Paesi Vesuviane" Verträge mit "Partnerregionen" quer durch Italien, um die Vesuv-Flüchtlinge unterzubringen und zu versorgen! Die Stadt Pompei übersiedelt nach Sardinien, Torre del Greco in die Lombardei, Scafati nach Sizilien, Ercolano nach Emilia Romagna ... Die Forscher verlangen eine Evakuierungszeit von mindestens 1 Woche, die Stadtverwaltung hält gerade einmal 3 Tage für ausreichend!
Groß war der Schock, als vor wenigen Jahren über dem Berg ein lauter Knall ertönte! Ganz Neapel und Umgebung stand still und alle starrten zum Berg hinauf! Ist es nun soweit? Gottseidank folgte schnell die Entwarnung im Radio: Ein Abfangjäger des italienischen Militärs hatte genau über dem Vulkan die Schallmauer durchbrochen...
Vier Stunden verbringen wir hier heroben und dann steigen wir langsam wieder hinunter. Wow, dieses Erlebnis sitzt tief! Langsam meldet sich der Hunger und wir kehren am Hang des Vesuvs bei "Kona" ein. Ist sehr touristisch, aber egal. Die Pizza Margherita wurde in Neapel erfunden, also bestellen wir diese Köstlichkeit und wir werden nicht enttäuscht.
Hier lassen wir den Tag ausklingen und das Erlebnis nachwirken, bis wir dann in der Abenddämmerung die 28 km ins Quartier zurückfahren und den Abend in einer kleinen Bar in Pompei verbummeln.
Tageskilometer: 56 km
9. Tag: Neapel
Dieser motorradfreie Tag begrüßt uns mit 27°C und blauem Himmel. Premiumwetter! Heute wollen wir nach Neapel! Von unserer Terrasse aus sehen wir die Station "Pompei Santuario" der berühmt-berüchtigten "Circumvesuviana". Dieser alte Pendlerzug (genauer: die "linea blu") fährt am Fuß des Vesuvs laufend zwischen Sorrento und Neapel hin und her und hält an allen Sehenswürdigkeiten. Also das machen wir, denn der Verkehr in dieser Stadt ist legendär furchtbar!
Wir lernen seit einigen Monaten Italienisch und der Ticketverkauf („andata é ritorno") geht schon mal problemlos. 22 Stationen zwischen Vesuv und dem Meer und wir sind in Neapel (Tagesticket 5,20 € pP)! Aber vorher kaufen wir der zahnlosen Kiosk-Frau, die so laut mit ihren Gästen streitet, noch 2 kalte Getränke ab. Heiß und schwül ist es!
Diese Strecke wurde 1904 eröffnet und vermutlich stammt der Zug aus dieser Zeit. Laut, dreckig, unklimatisiert, versifft, klapprig und trotzdem bedrohlich schnell wackelt er seinem Ziel entgegen. Abfahrt ist um 11:16 und wir genießen die Fahrt, es ist abenteuerlich! Als ein paar Musikanten im Waggon spontan eine Tarantella anstimmen und der Lärm von Musik übertönt wird, grinsen wir uns an. Es ist geradezu klischeehaft italienisch!
Man merkt den Passagieren sowie der schäbigen Gegend an, dass in diesen "vesuvianischen Dörfern" nicht die reichsten Menschen leben. Aber auch das ist Italien!
Um 12:05 stehen wir mitten in Neapel auf der Piazza Garibaldi und erholen uns erst einmal in einem kleinen Café. Dann los! Bewaffnet mit Stadtplan gehts quer durch diese laute Stadt mit ihren dunklen und engen Gassen zum Dom von Neapel, geweiht dem Schutzpatron San Gennaro.
Hier geschieht 3 x im Jahr das "Blutwunder" und das Blut des 305 n.Chr. geköpften Heiligen verflüssigt sich vor den Augen der hoffnungsvollen Gläubigen. Das ist auch wichtig, denn nur, wenn dies geschieht, bleibt Unheil von der Stadt fern und immerhin liegt Neapel am Fuße des Vesuvs! Die wissen hier, was Unheil bedeutet! Praktischerweise verflüssigt sich das Blut auch am Gedächtnistag für den Vesuvausbruch am 16.12.1631. Was für eine tiefe Volksfrömmigkeit hier herrscht. Viele Menschen sind im Dom, um zu beten und zu beichten!
Dann gehts weiter (Angelika kann in perfektem Italienisch ein Pflaster für Blasen an den Füßen kaufen!) und bald sind wir beim Museo di Nazionale Archeologica. Den Bezirk "Sanitá" empfahl man uns wegen der Cosa Nostra heute zu meiden und daran haben wir uns auch gehalten.
Wir verbringen den ganzen Tag mit dem Betrachten und Staunen über die unfassbaren Kunstschätze aus Pompei und Herkulaneum!
Quadratmetergroße Mosaiken, kein Stein größer als 5 mm und es fehlt kein einziges Stück, die leuchtenden Farben der Wandmalereien, Silbergeschirr, so gut erhalten wie unser eigenes daheim, viel Glasware, auch Obszönes im "Geheimen Kabinett", Statuen, deren Augen noch bemalt in die Leere starren.
In Erinnerung bleibt uns auch das älteste Bild, das wir je sahen. Es wurde 29 n.Chr. gemalt und hing in Pompei in einem Wohnzimmer. Die Kreuzigung Christi soll erst 4 Jahre später gewesen sein…
Als wir später wieder auf der Straße stehen, regnet es. Wir flüchten in eine kleine Snack-Bar und essen vorzügliche überbackene Nudeln um schmales Geld. Dann schlendern wir durch den nicht-touristischen Teil von Neapel mit seinem Schmutz und seinem Lärm und den vielen armen Menschen zurück zum Bahnhof und nach einer wilden Fahrt mit der Circumvesuviana (>>Clip) sind wir um 19:00 wieder zuhause.
Luca, unser Gastgeber, über unsere Begeisterung, wie praktisch dieser Zug ist: "Mio dio! Nicht einen Fuß setze ich da hinein! Lieber stundenlang im Stau mit dem Auto!"
Wir lassen diesen Tag am Hauptplatz ausklingen, essen gut und verarbeiten die vielen emotionalen Eindrücke, die diese berühmte Stadt hinterlassen hat…
10. Tag: Amalfitana
Heute ist Freitag und wenn wir das verkehrsreiche Wochenende meiden wollen, dann müssen wir heute zur „costa divina", der Amalfiküste! Um 11:00 und bei blauem Himmel geht’s los! Wir fahren auf die A3 Richtung Süden und verlassen die Autobahn nach 11 km bei Sant´ Egidio. Nun geht’s eine enge und gewundene Bergstraße (SP2b) hinauf – und es beginnt zu nieseln. Trotzdem bestaunen wir in Corbara das sich uns bietende sensationelle Panorama des Golfs von Neapel mit dem in der Mitte thronenden Vesuv!
Etwa 30 km halten wir uns auf der kleinen und einsamen SP1 und dann haben wir die Monti Lattari überquert. Ravello! Dieses berühmte Bergdorf ist von Touristen förmlich überrannt! Zwischen Pinien und anderem hitzebeständigem Gestrüpp erkennt man die Küste, es ist wirklich nett hier und die Sonne knallt vom Himmel!
Als Sehenswürdigkeit gilt hier die Villa Cimbrone, der Ausblick aufs Meer ist weltberühmt. Wir spazieren durch ganz Ravello bergauf bis zum Eingang. Wir sind aber dann nicht bereit, 7.-pP nur für einen schönen Ausblick zu zahlen (die gibt’s hier gratis um jede Kurve!) und chillen lieber am kleinen Hauptplatz bei leckeren Panini und kalten Getränken, denn es ist mit schwülen 29°C unangenehm warm geworden!
Dann fahren wir hinunter zur "Göttlichen Küste" und geben uns ab Atrani den unbegrenzten Kurvenspaß der „Amalfitana“ (>> Clip). Was für ein Motorradhimmel! (>> Clip)
Der Verkehr hält sich noch in Grenzen (am Wochenende muss das hier brutal sein!) und so cruisen wir 30 km bis Positano.
Was für eine Steilküste, was für Ausblicke, was für Farben! Sensationell, das alles! Oberhalb des luxuriösen Ortes machen wir eine längere Pause, hier gibt es Säfte, Obst und Eis am Straßenrand.
Die fahrenden Händler haben sich klug am schönsten Aussichtspunkt platziert, hier bleibt alle 15 min. ein vollbesetzter Touristenbus stehen und begeisterte Japaner quellen heraus und fuchteln mit ihren Selfie-Sticks…
Wir beobachten das Treiben aber auch das Meer eine Zeit lang und dann geht’s weiter. Ungestört ziehen wir auf der SS163 unsere Bahnen, immer wieder bleiben wir in dieser Märchenwelt stehen und schauen und staunen.
Über Meta und Castellamare, das als "Stabia" auch 79 n.Chr. dem Vesuv zum Opfer fiel) sind es nur 35 km bis nach Hause, wobei die schönste Strecke irgendwo bei Cepano geendet hat. Heute gibt’s wieder einmal Pizza bei Carlo und wir genießen einen weiteren Abend in Pompei!
Tageskilometer: 95 km
11. Tag: Ercolano Scavi - Sorrento
Bevor wir morgen Pompei verlassen, legen wir noch einen Kulturtag ein! Man beschrieb uns Ercolano (das antike Herkulaneum) als Geheimtipp, besser erhalten als das alte Pompei und mit makabrer Geschichte und weniger Touristen. Da müssen wir hin! Wir sind jetzt schon Profis, als wir um 10:16 die „Circumvesuviana" besteigen und 14 Stationen nach Ercolano brausen. Diese Stadt hieß bis 1969 Resina und dann besann man sich seiner Geschichte und nannte sich entsprechend der antiken Vorgängerstadt…
Wir steigen in der mit Graffiti beschmierten Station aus und gehen die Via IV Novembre 400 m hinunter. Diese Straße trennte bis vor 2 Jahren zwei Familien der Camorra und war bis 2014 Schauplatz blutiger Straßenschlachten. Mangels Polizeischutz hat sich die Bevölkerung mittlerweile emanzipiert und die famiglie entmachtet, treibende Kraft waren mutige Frauen! Dann stehen wir vor dem Eingang zu den Ausgrabungen!
Herculaneum war der Wohnort von "Reich und Schön" in der neapolitanischen Antike. Einkaufszentrum war Pompei, aber hier wohnten 4.000 Wohlhabende und man frönte dem "dolce vita". Die Ausgrabungen sind viel kleiner als in Pompei, aber besser erhalten, was mit der Form der Zerstörung 79 n.Chr. zu tun hat.
Man wusste nicht, dass man am Hang eines Vulkans wohnte, bis am 24.8.0079, um 13:00. Während der Ausbruch von Asche die Häuser im 20 km entfernten Pompei bereits zerquetscht hatte, trieb der feine Ascheregen etwa 3.700 Herkulaneaner in die Flucht.
300 Menschen, die nicht so schnell laufen konnten, versteckten sich in den Bootshäusern am Strand. Es waren Alte, Kinder und Kranke. Sie warteten vergeblich auf Fluchtboote, die nie mehr kamen.
Nach 12 Stunden der Angst rollte eine pyroklastische Wolke von 400-600°C mit 300 km/h den Berg herunter und verglühte alles binnen weniger Sekunden.
Nur eine Stunde später kamen die Schlammlawinen, die die Kleinstadt bis die letzten Ritzen verfüllte und letztendlich als 20 Meter hart gewordene Tuffsteinstecke, uns – der Nachwelt – erhielt.
Die schönsten Mosaike, Statuen und Kunstwerke im Museum in Neapel stammen von hier, aber uns hat etwas anderes am meisten beeindruckt. Es sind die Menschen hier, die binnen Sekunden aus dem Leben gerissen wurden und ihre Hinterlassenschaften, die hier so die Phantasie anregen!
Hier gab es kaum Geschäfte, aber viele Weinhändler mit Straßenverkauf, Snack-Bars, in denen man Brotlaibe, Essensreste und Geld fand. Zimmer- und ganze Geschäftseinrichtungen sind erhalten, die hölzerne Inneneinrichtung eines Weinhändlers, in dessen Laden noch die Schiebetür in den Angeln hängt und die Amphoren im Holzregal liegen. Es gibt auch eine Kinderwiege im Haus eines freigelassenen Sklaven, tausende Papyrus-Rollen, Häuser mit Stockwerken, Wasserleitungen etc.
Ja, und natürlich die 250 Skelette in den Bootshäusern, die halb entspannt, halb panisch aneinandergedrückt bis heute dasitzen und auf ihre Flucht zu warten scheinen. Die Kinder hatte man zum Schutz an die hinterste Wand gesetzt, so wie man es auch heute noch tun würde.
Sie alle waren unvorbereitet binnen Sekunden verglüht, das mag ein kleiner Trost sein. Doch dieser Trost verfängt irgendwie nicht. Der Anblick tritt einem in die Magengrube, wenn man dort steht und ein wenig verweilt.
Nach dieser Besichtigung holen wir uns aus dem Automaten ein kaltes Getränk und hängen auf einer blumenumrankten Bank unseren Gedanken nach, die untergegangene Stadt zu unseren Füßen und den Vesuv im Blickfeld…
Um 14:30 – es ist mittlerweile ziemlich heiß – geht’s mit der "Circumvesuviana" in gewohnt wilder Fahrt zur Endstation nach Sorrento (2,40 € pP). Die Fahrt dauert ein wenig, aber wir können so den gesamten Golf von Neapel abfahren!
Sorrento ist eine bunte und laute Kleinstadt am Beginn der Amalfiküste, umgeben von imposanten Felsen und an einer hohen Steilküste, die großartige Fotomotive liefert. Leider ist die Stadt von Touristen förmlich überrannt und man tut sich schwer, ein ruhiges Plätzchen zu finden. Auch die Preise sind dementsprechend, hier kostet ein cappuccino 3,50 €, das Dreifache wie sonst in der Gegend!
Wir bummeln durch die Altstadt, kaufen Eis, Kaffee, Souvenirs und bestaunen den wuchernden Blumenschmuck überall. Berühmt sind hier die Keramikarbeiten und Produkte aus Zitronen und Orangen. Gottseidank ist unser Platz für Mitbringsel im Motorradgepäck äußerst begrenzt!
Um 19:00 haben wir von dem Rummel genug und mit der "Circumvesuviana" gehts zurück nach Pompei. Noch verdrängen wir, dass wir heute packen müssen und so genießen wir einen letzten Abend in der romantischen Kleinstadt am Vesuv. Wir haben das hier richtig liebgewonnen!
12. Tag: Pompei - Matera - Alberobello
Um 9:30 ist es soweit: Wir verlassen unser Quartier und fahren auf der A3 gen Südosten. Es hat feine 25°C bei strahlend blauem Himmel. Nach 25 km verlässt die Autobahn die Amalfiküste und wir werfen einen letzten Blick zurück. Da unten ist Vietri sul Mare, das östliche Ende der „Costa Divina". Was für ein Anblick!
Die nächsten 170 km sind unaufgeregt. Die Gegend wird immer einsamer und wir kommen auch an Eboli vorbei, berühmt durch die Beschreibung von Carlo Levi aus 1935. Dann verlassen wir Kampanien und sind in Potenza, der Hauptstadt der Basilikata.
Nachdem wir getankt haben, suchen wir die SS7, die Via Appia. Wir wollen diese antike Römerstraße weiter gen Osten fahren wollen. Nun ja, nichts ist beschriftet, keine Schilder und wir kurven eine Zeit lang planlos zwischen Distelsträuchern herum, bis wir den richtigen Weg finden…
Nun wird die Landschaft immer hügeliger und immer karger. Die Ernte ist schon vorbei und die winzigen Dörfer scheinen verschlafen und menschenleer. Bei Tricarico haben wir schon Hunger, aber hier gibt’s einfach nichts. Nicht einmal eine kleine Snack-Bar am Weg! Dafür unterhalten uns drei verschmutzte Motocrossfahrer, die mit wilden Kunststücken Angelika beeindrucken wollen und einige Kilometer vor uns herfahren.
Nach etwa 100 km sind wir in Matéra! Der Weg zu den "Sassi" ist gut ausgeschildert, aber wir machen noch eine Pause in einem kleinen Eis-Café. Toasts oder Panini gibts nicht, aber wir stopfen ziemlich hungrig ein paar Stück Kuchen in uns hinein. Dann noch ein paar Meter durch die Stadt tuckern und da sind sie: Die berühmten Sassi von Matera!
Was für ein ungewöhnlicher Anblick! Es ist der älteste ununterbrochen bewohnte Ort der Erde. Es ist eine prähistorische Stadt, seit der Steinzeit. Das hier ist jedenfalls ein ganz anderes Süditalien, ein düsteres und graues Bild. Die schwarzen Gewitterwolken über den Höhlensiedlungen tun ihr übriges für diesen traurigen Eindruck.
Noch vor wenigen Jahrzehnten galt Matera als Schandfleck Italiens! Menschen, die im 20. Jhdt. In Höhlen wohnen und an Malaria erkranken müssen! Tausende Menschen lebten hier unter primitivsten Bedingungen, ohne Wasser und Strom.
"Die Türen standen wegen der Hitze offen, und ich sah in das Innere der Höhlen, die Licht und Luft nur durch die Tür empfangen. [...] Auf dem Boden lagen Hunde, Schafe, Ziegen und Schweine. Im allgemeinen verfügt jede Familie nur über eine solche Höhle, und darin schlafen alle zusammen [...]. So leben zwanzigtausend Menschen."
(Levi, Carlo: Christus kam nur bis Eboli, dtv, München 2006, S. 92-93)
Nun, um 1960 wurden die Menschen delogiert und in moderne Wohnblöcke verfrachtet. Dann verfiel die Höhlenstadt.
Heute aber ist sie UNESCO-Weltkulturerbe und man findet teure Hotels, noch teurere Restaurants, Ateliers und Galerien. Die Stadt versucht sogar, die Höhlen wieder zu besiedeln und zahlt dafür anständige Förderungen. In 3 Jahren wird Matera Kulturhauptstadt Europas sein!
Wie wir gerade diesen Ort bestaunen, quietschen neben uns Motorradreifen und ein ebenso helmloser wie begeisterter "Materano" auf seiner Transalp PD06 brüllt uns zu: "Forza Transalp!" Wir plaudern ein bissl (Leute, lernt Sprachen!) und dann lotst er uns auf Geheimwegen raus aus der Stadt. Was für ein netter Kontakt!
Die letzten 70 km nach Alberobello beeilen wir uns. (>> Clip) Wir fahren sozusagen dem Gewitter davon und erreichen über Castellaneta, Mottola und Noci um 17:30 unser Quartier in Alberobello. Dass die einfache Zufahrt heute wegen eines Konzerts zur Fußgängerzone erklärt wurde und Angelika mit dem Fuß lautstark eine Abschiebung zur Seite schiebt, bevor wir langsam durch die abgesperrte Straße tuckern, interessiert die sich amüsierenden Polizisten nicht. Gottseidank! (Memo: Das nächste Mal wenigstens absteigen. Das gebietet der Respekt.)
Wir sind in der Hauptstadt der Trulli! Ein unglaublicher Anblick, die tausend Zipfelmützendächer! Wir werden gratis ge-upgraded und bekommen einen Luxus-Trullo als Quartier. WOW!
Dann flanieren wir durch die Stadt und können uns an den kleinen runden Steinhäusern nicht sattsehen. Und am Hauptplatz wird eine Konzertbühne aufgebaut…
Wir essen hervorragende frische Burrata. Bei uns ein absurd gehyptes Trendgericht, hier eine einfach-traditionelle Vorspeise, und nicht-EU-konform noch mit echten Lilienblättern verschlossen. Auch lecker waren die Orecchietti in einem antiken Trullo-Restaurant und während wir auf der Lokalmeile noch ein Glaserl Wein trinken, fängt das Konzert am Hauptplatz an.
Wir amüsieren uns prächtig über die Darbietungen von Maestro Demo Morselli und Marcello Cirillo (>>Clip)! Die beiden sind so etwas wie ehemalige Schlagergrößen mit zu viel Make-Up und Toupet, aber hier sind die beiden große Stars und spätestens bei „Volare, oh oh!“ grölen auch wir mit!
Die beiden rocken den Ort und wir gehen erst sehr spät in unser Häuschen und es ist fantastisch romantisch, in einem Trullo zu wohnen. Gute Nacht, Welt!
Tageskilometer: 325 km
13. Tag: Alberobello - Cercemaggiore
Heute sind wir etwas melancholisch. Wir sind am südlichsten Punkt unserer Reise angelangt, das heißt, ab jetzt geht es unweigerlich heimwärts. Um 11:00 verlassen wir die fantastische Trulli-Stadt bei blauem Himmel und 28 °C. Das Frühstück war hervorragend reichhaltig und ein kleiner Spaziergang zwischen antiken Trulli ging sich auch noch aus. Schnell buchen wir bei booking.com noch ein neues Quartier für heute abends, denn unser gebuchtes B&B hat uns soeben wegen Wasserschaden abgesagt.
Wir nehmen die SS172 Richtung Putignano und nach ca 15 km biegen wir scharf rechts ab. Die Grotten von Castellana sind gut ausgeschildert! Leider verpassen wir knapp eine Führung und ohne Guide darf man nicht hinein. Wir überlegen kurz, dann fahren wir lieber weiter. Besichtigen wir beim nächsten Mal!
Wir halten uns westlich und erreichen über die SP106 das Örtchen Gioia del Colle. Klingender Name, nichts dahinter. Diese Gegend wirkt ziemlich verwahrlost und ist auch motorradfahrtechnisch keine Herausforderung. Deshalb fahren wir auf die A14 „Autostrada Adriatica“ auf. Zwischen Bari und Andria hat Didi eine Eingebung: Regengewand! Denn vor uns türmen sich schwarze Wolkenberge. Und gut wars!
Der Weltuntergang bricht vorwarnungslos aus und wir können uns im Sturm gerade noch 800 m weiter in eine Tankstelle retten, als ein Unwetterregen losbricht, der sogar die Autos und Wohnmobile zum Stehenbleiben zwingt (>>Clip). Nun, hier machen wir eine erzwungene längere Pause, bevor der Regen nachlässt und wir die Transalps bis Foggia weiterlaufen lassen. Uns langweilt diese 200 km Strecke ein wenig, es ist komplett flaches Land hier, nirgends findet das Auge Halt!
Bei Foggia wechseln wir auf die schnurgerade SS17 nach Lucera, aber auch hier haben wir uns mehr erwartet. Die Straße führt durch verwahrlostes Industriegebiet, Prostituierte, Straßenhunde, aufgelassene und teils verfallene Gebäude säumen den Straßenrand. Und wir werden immer noch von dunklen Wolken begleitet…
Bei Volturino wird die SS17 abwechslungsreicher. Bewaldete Hügel links und rechts und oft am Gipfel ein kleiner, alter Ort. Kurvenreich wird es ab der Grenze von Molise. Diese Region zählt zu den unbekannteren in Italien und das zu Unrecht. Zahlreiche Kurven, schmale Straßen, dichte Wälder und Hochplateaus machen die Fahrt zu einem Vergnügen!
Dann sind wir in Jelsi – und verfahren uns. Nirgends ist Cercemaggiore angeschrieben und auch die Einheimischen können nicht helfen. Das gibts doch nicht! Nun, wir haben ja unsere Notfall-Navi-App und los geht’s. Über die 10 km unbefestigter Wald- und Schotterstraße, steil bergauf und bergab und völlig ohne Beschilderung quer über die Hügel, breiten wir den Mantel des Schweigens…
Irgendwann haben wir es geschafft und checken auf diesem lieblichen kleinen Bauernhof bei Cercemaggiore ein und fühlen uns sofort wie zu Hause. Pasquale muss zuerst die Tiere versorgen aber dann gibts eine deftige Jause mit hausgemachten Spezialitäten. Immer wenn wir denken, das wars, bringt der Nonno noch einen Teller mit Gutem aus der Küche. Wir schauen dann noch das Fußball-EM-Spiel Italien:Belgien mit einigen Einheimischen und machen einen kleinen Spaziergang in der Nachteinsamkeit von Molise, bis wir müde sind. Gute Nacht, Welt!
Tageskilometer: 306 km
14. Tag: Cercemaggiore - Spoleto
Nach einem fulminanten deftigen Frühstück verlassen wir um 10:30 bei blauem Himmel und perfekten 20°C den schönen agriturismo im Tammaro-Tal. Wir wollen nicht den furchtbaren Weg zurück nach Jelsi sondern probieren eine andere Straße und siehe da: Nach nur 2 km schmalen Weg befinden wir uns wieder auf der SS17. Ecco! Das hier ist der Weg, den wir gestern nicht gefunden haben!
Wir kurven durch die dramatische Landschaft von Molise über Isernia und Castel di Sangro, wo wir auf die SS83 wechseln. Dichte Wälder, steile Hügel, kleine Bergdörfer fernab der Zivilisation – eine großartige Gegend! Nach 95 km sind wir in Alfedena. Wow! Hier schauts aus wie in unseren Alpen, die Berge sind knapp über 2000m hoch!
Wunderbare Serpentinen bringen uns zum Eingang des Parco Nazionale d´Abruzzo. Ein sperriger Name für eine sensationelle und urtümliche Gegend in den Apenninen, die Wölfen und Braunbären und zahlreichen weiteren Tierarten Quartier bietet.
Wir lassen uns Zeit und genießen die 12 km bis Barrea. Dort zwingt uns die unglaublich schöne Kulisse zu einer Pause. Das mit seiner Ursprünglichkeit werbende Dorf liegt hoch über dem See, eingerahmt von hohen Bergen. Fantastisch! 33 km cruisen wir den See entlang durch den Nationalpark (>> Clip), zuerst den See entlang und dann immer wieder durch verlassene Gegend mit malerischen Orten wie zB Opi.
In Gioia Vecchio ist der Nationalpark zu Ende und die Straße kurvt in rabiaten Serpentinen steil bergab bis Gioia di Marsi. Dann sind wir in der "Ebene" angelangt und machen bei Pescina eine kleine Pause mit frischgemachten Speck-Panini. Wir haben im Nationalpark ein wenig Zeit verloren, daher nehmen wir jetzt die Autobahn Richtung L´Aquila (ja, das Erdbeben 2009!). Nach 40 km halten wir uns links und bleiben auf der SR578 bis Rieti. Wir sind nun wieder in Latium!
Weitere 40 km auf der immer schmaler werdenden Straße durch eine großartige und von Bergen umrahmte Ebene später sind wir in Terni. Nun müssen wir die Karten studieren, denn wir wollen hier in Umbrien kleinere Straßen gen Norden nehmen. Die SS3bis bringt uns bis Aquasparta und dort halten wir uns rechts auf die SS418. Es sind nur mehr 45 km perfekter Kurvenspaß durch das dicht bewaldete Valle Umbra bis wir die Burg von Spoleto sehen.
Wir wissen, wo unser Quartier ist und nur Minuten später um 17:30 checken wir auch schon ein. Schnell umziehen und los! Die Zimmerwirtin murmelt noch etwas von "Percorso Meccanizzato"" und grübelnd, was das bedeuten könnte, stiefeln wir los.
Heute ist Stadtbummel angesagt! (Natürlich, nachdem sich Angelika hübsche Schuhe gekauft hat, weil Italia e vera moda!) Die mittelalterliche Stadt liegt – wie eigentlich alle Städte hier – auf einem Hügel und wird von einer Burg gekrönt. Der Aufstieg und die Besichtigung wäre mühsam, wenn nicht die findigen Spoletini die gesamte Altstadt untertunnelt und mit unterirdischen Rolltreppen (Ahhh! "Percorso Meccanizzato"!) versehen hätten!
Die bringen einen kostenlos und bequem ganz hinauf und es gibt Ausstiege bei allen Sehenswürdigkeiten! Das ist mal etwas! Wir fahren also hinauf zur Burg und dann spazieren wir den ganzen Abend durch die romantische Altstadt hinunter zum Quartier, vorbei am Dom und anderen Sehenswürdigkeiten.
Auf dem Weg finden wir einen kleinen Straßen-Imbiss, der leckere Pizze verkauft. Hier bleiben wir ein bisschen sitzen und freuen uns, hier zu sein. Ein guter Cappuccino um schmales Geld beendet diesen wunderschönen Abend!
Tageskilometer: 300 km
15. Tag: Spoleto - Montecatini Alto
Heute kündigt sich ein heißer Tag an! Um 10:30 verlassen wir unser Quartier in der Altstadt von Spoleto und nehmen die SP451 gen Norden. Die Straße verläuft unspektakulär durch die Ebene von Spoleto, die von Bergen eingerahmt ist. Dennoch ist die sanfthügelige Strecke schön zu fahren und nicht langweilig!
Wir sehen zahllose kleine Orte wie Castel Ritaldi und ihre schön dekorierten und herausgeputzten kleinen Häuser. In Bastardo ist gerade Wochenmarkt und wir machen nach 25 km die erste Kaffeepause, während wir dem Treiben zusehen.
Über die fruchtbaren Hügel und weiten Ebenen Umbriens geht es gemütlich weiter auf der SP375, vorbei an Cerqueto und Spina. Die Ernte ist hier schon gelaufen und die Ortschaften wirken müde und verschlafen. Nach 60 km erreichen wir den Lago Trasimeno! Hier wollen wir am Seeufer pausieren, denn es ist ziemlich warm! Wir finden eine kleine Osteria bei einem Campingplatz und essen hervorragende spaghetti bolognese um wenig Geld. Das erstaunt uns, wir haben hier mit hohen Preisen gerechnet!
Dann umrunden wir den See auf seiner Westseite bis Castiglione. Hier ist es sehr touristisch und es herrscht auch viel Verkehr! Irgendwie haben wir heute schon fast genug vom Motorradfahren und so nehmen wir die SR454 über Pozzuolo zur A1-Autobahn. Jetzt sind wir in der Toskana!
Wir lassen die Zügel der Transalps locker und cruisen auf der A1 etwa 130 km bis zur Ausfahrt "Firenze Nord". Es ist ein seltsames Gefühl, zahlreiche Abfahrten zu Orten zu lesen, die man zum Beginn der Tour besucht hat, wie San Gimignano und Siena usw. Aber es nutzt nichts. Die Reise geht langsam zu Ende…
In Florenz wechseln wir auf die A11 Richtung Pistoia und nach 40 km (hier gibt es wohl hunderte Gärtnereien am Straßenrand, die die wundersamsten Bäume und Sträucher verkaufen!) sind wir in Montecatini Terme. In dieser Stadt herrscht ziemlich viel Stau und wir schalten unsere Notfall-Navi-App ein, denn wir müssen auf den steilen Altstadt-Berg, nach Montecatini Alto!
Das Navi führt uns nun mehrfach in die Irre und mehrmals müssen wir wegen unfahrbarer Wege wieder umkehren. Nicht die leichteste Übung mit unseren schweren Fuhren! Verflixt, dass das hier so kompliziert ist! Letztendlich fahren wir mitten durch die steile Fußgängerzone, auf rutschigem Kopfsteinpflaster und Angelika schiebt wiederholt und lautstark irgendwelche Absperrungen auf die Seite. (Ist es eigentlich respektlos, wegen Verkehrsübertretungen nicht vom Motorrad abzusteigen?) Fast hätten die Transalps trotzdem nicht zwischen den Häusern durchgepasst und gruselige Baustellendurchfahrten am Rande des Abgrunds tun ihr Übrigens.
Völlig verschwitzt checken wir um Punkt 18:00 in Stefanias kleinem Paradies ein und werden mit Rotwein und toskanischen Spezialitäten wie Fettunta und Bruschetta und von zahlreichen flauschigen Katzen und einem freundlichen Hund begrüßt!
Später machen wir noch einen Spaziergang durch diese mittelalterliche Altstadt und können uns am beeindruckenden nächtlichen Panorama über Montecatini zu unseren Füßen nicht sattsehen! Wir sitzen noch lange am Balkon und schauen in die Tiefe…
Tageskilometer: 290 km
16. Tag: Montecatini Alto - Valdobbiadene
Um 10:30 verlassen wir dieses außergewöhnliche Haus. Das Frühstück war ungewöhnlich reichhaltig und Stefanias Gastfreundschaft veranlasst uns, an eine baldige Rückkehr zu denken. Heute kündigt sich ein heißer Tag an, als wir im Schatten neben dem Haus die Ketten schmieren und das Öl kontrollieren. Alles ok, also los!
Wie schon in Cercemaggiore finden wir erst am nächsten Tag den einfach Weg zum Quartier und schon nach wenigen Minuten sind wir unten in Montecatini Terme. Wir fahren gleich auf die A11-Autobahn auf und brausen an den vielen Gärtnereien bei Pistoia 40 km zurück nach Florenz.
Durch dichte Wälder und mit schönen langgezogenen Kurven geht es dahin, während sich auf dem anderen Teil der Autobahn LKWs dicht an dicht drängen. Bei Roncobilaccio brauchen wir eine Tankstelle und treffen den wohl einzigen Tankwart der Welt, der Gemälde von Raffael und Tintoretto originalgetreu nachmalen kann. Wir sind begeistert von den Handy-Fotos, die er uns zeigt!
Nach etwa 90 km sind wir bei Bologna, das wir gemeinsam mit den Neapolitanern auf ihren Harleys umfahren. Der Guide zwinkert Angelika zu und richtet den Daumen nach oben, als sie ihn mit einem eleganten Schlenker überholt. Nette Menschen sind das! (Realistischer ist wohl, dass sie einfach nur Blondinen am Motorrad mögen.) Es hat nun knapp über 30°C, als wir nach 45 km bei Ferrara vorbeifahren.
14 Tage ist es her, dass wir diese Stadt besuchten und wir versuchen, einen Blick auf das Castello Estense zu erhaschen. Die Emilia-Romana ist hier flaches Land, die Po-Ebene ist unspektakulär zu fahren. Bei Occhiobello überqueren wir den Po, der so wie vor 2 Wochen ziemlich viel Wasser führt.
So geht’s gemütlich weitere 110 km dahin, das chaotische Autobahnkreuz bei Padua meistern wir perfekt und Castelfranco de Veneto ist gut beschildert. In dieser hübschen Stadt machen wir erstmal Pause. Wir finden ein entzückendes Café an der mittelalterlichen Festungsmauer und gönnen uns einen guten Kaffee. Wir beschließen, am Weg ins Quartier Jause zu kaufen und heute zuhause zu essen. Also weiter!
Bei Valla finden wir einen supermercato und kaufen ein paar Köstlichkeiten. Nach nur 30 km cruisen wir durch die unendlichen Weinberge des Valdobbiadene und erreichen um 18:00 unser Quartier am Rand von Santo Stefano.
Der Zimmerwirt muss zuerst ausgiebig duschen, bevor er uns öffnet. Es dauert ein wenig, bis wir einchecken und uns frisch machen. Es beginnt nun zu regnen und wir sind froh, auf der Terrasse sitzen und die mitgebrachte Jause essen zu können. Wir sind heute ziemlich müde und gehen bald schlafen.
Tageskilometer: 320 km
17. Tag: Valdobbiadene - Osttirol/Lienz
Der Regen ist vorbei und der Tag begrüßt uns mit blauem Himmel und 22°C. Premiumwetter! Wir kaufen noch eine Flasche Prosecco Superiore DOCG aus Santo Stefano für unseren Italienischlehrer Stefano. (Der hat sich dann unglaublich gefreut, aber das können wir jetzt noch nicht wissen.)
Um 10:30 gehts los und wir fahren durch die sensationellen Weinberge des Valdobbiadene 20 km auf der schmalen SP152 über Miane nach Tovena. Hier -und nur hier!– wird der originale Prosecco erzeugt, der mit Billigsprudel aus dem Supermarkt wirklich nichts zu tun hat.
Bei Tovena sehen wir das Schild „Passo San Boldo" und spontan entscheiden wir uns, über diesen unbekannten Pass zu fahren. WOW! Die nächsten 15 km bis Trichiana sind eine unerwartete Herausforderung! Die gute einspurige und ampelgeregelte Straße wird über den Pass extrem steil und die 18 Kehren befinden sich in den Felsen, so eng, dass man unweigerliche den Kopf einzieht. Hier ist fahrtechnisches Können gefragt!
Die kühne Trasse in den fast senkrecht aufsteigenden Felswänden wurde im 1. Weltkrieg von der 6. österreichisch-ungarischen Armee unter Leitung von Oberst Nikolaus Waldmann als strategische Militärstraße in nur 100 Tagen erbaut. Deshalb ist der Pass auch als „Straße der 100 Tage“ in die Geschichte eingegangen. (Quelle: biker-treff.de)
Auf der anderen Seite der Berge fließt die Piave und dunkle Wolken hängen über den Dolomiten. Wir cruisen gemütlich bis Ponte nelle Alpi und nach 20 km steigen wir ins Cadore-Tal ein. Noch scheint die Sonne, aber das wird bald vorbei sein. Aus diesem Tal und aus dem Val di Zoldo kommen übrigens die meisten Eishersteller-Familien, deren Köstlichkeiten wir in Österreich genießen!
5 km später entscheiden wir uns gegen die Strecke über die „Drei Zinnen" sondern halten uns rechts bis Santo Stefano di Cadore. Jetzt wirds Zeit fürs Regengewand! Der feine und alles durchdringende Nieselregen begleitet uns über die sensationell urtümliche Strecke der SS52 bis Dosoledo, wo wir eine letzte Pause machen. In der "Bar Dolomiti" am Ortsende haben die Spezialtoasts, die können wir uns nicht entgehen lassen!
Währenddessen beobachten wir dutzende Herren, die auf uralten Rollern und Vespas wohl einen Oldtimer-Wettbewerb austragen und über die nassen Straßen brausen. Mutig!
Die nächsten 40 km über den Kreuzbergsattel und Sexten/Sesto nach Innichen/San Candido sind wohl spektakulär aber für uns ist diese Hausstrecke schon etwas langweilig. Außerdem regnet es die meiste Zeit.
Wir bleiben nicht mehr stehen, erreichen Österreich um etwa 16:00 und brausen über die B100 durch das Pustertal über Sillian und Lienz die letzten 50 km ohne Verzögerung zu unserem geliebten Iselsbergerhof. Endlich wieder Sonne und um 16:30 bringt uns Sepp den 1. Begrüßungsschnaps, den wir noch in den Sätteln unserer Transalps vernichten!
Den Abend „zuhause“ verbringen wir mit „Tiroler Gröstl", Bierchen, Torte, Rotwein und lustigen Benzingesprächen mit unseren nördlichen Nachbarn. Puuhh, wir sind müde. Gute Nacht, Welt!
Tageskilometer: 203 km
18. Tag: Osttirol/Lienz - Wien
Letzter Tourtag! Wir zögern die Abfahrt lange hinaus und trinken mit Sepp noch Kaffee mit Blick auf die Lienzer Dolomiten. Um 11:00 müssen wir aber los. Wir fahren etwa 60 km über die B100 über Oberdrauburg und Dellach durchs Drau-Tal bis Spittal. Immer wieder schön!
Dort entscheiden wir uns, diesmal ganz anders heimzufahren, als sonst und fahren die A10-Tauernautobahn etwa 40 km über Paternion Richtung Villach und bis Treffen am Ossiacher See. Wir bekommen langsam Hunger, aber den ganzen See entlang finden wir keine geeignete Snack-Bar. Ärgerlich!
Über Feldkirchen gehts in gemütlichen Kurven auf der B94 weiter bis Liebenfels. Dort brauchen die Transalps frischen Sprudel und wir kaufen eine kleine Jause. Für die Rast wollen wir uns ein schönes Plätzchen suchen. Wir entscheiden uns, eine Teilstrecke jener Route zurück zu fahren, die wir vor 3 Wochen in den Süden genommen haben.
Die zur Schnellstraße ausgebaute B317 bringt uns bis Treibach-Althofen und von dort sind es über Lölling nur mehr 25 km aufs Klippitztörl. Hier wollten wir eine Pause machen, jedoch fängt es leicht zu regnen an und es ist mit 18°C auch unangenehm frisch! Also stopfen wir die Brötchen schnell in uns hinein, plaudern mit ein paar Bergwanderern und es geht auf der regennassen Serpentinenstraße vorsichtig wieder talwärts. Unten im Lavanttal biegen wir rechts ab und nach 6 km fahren wir auf die A2-Südautobahn auf.
Wir wollen Kilometer machen und brausen ca. 90 km bis Gleisdorf. Auf der Pack hat es nur 16°C und wir haben einen schnellen Kaffee zum Aufwärmen getrunken. Der wahnwitzige Preis von 3,50 € für einen Schluck aus dem Pappbecher auf einem Autobahnparkplatz lässt uns Süditalien bereits schmerzhaft vermissen. Soviel haben wir nur in Sorrento bezahlt, aber da war der Meerblick inklusive!
Bei Gleisdorf wechseln wir auf die B54 Richtung Hartberg. Die "Steirische Apfelstraße" ist uns in wunderschöner Erinnerung! Die Straße kurvt zwischen Apfelplantagen, soweit das Auge reicht und es wäre ein Highlight des heutigen Tages gewesen, wenn da nicht diese dunkelschwarzen Wolken wären ...
Nach einer Aufwärmpause bei einer Tankstelle in Kaibling (in Schottland haben wir gelernt, dass heiße Schokolade stärker kräftigt als Kaffee!) geht’s über die regenrutschige Straße etwa 50 km bis Pinggau. Jetzt ist uns der Spaß endgültig vergangen, es beginnt beständig und mit schwankender Intensität zu regnen.
Wir finden es immer schwierig, uns bei der Heimreise zu motivieren aber Kälte und Regen machts nicht besser. Wir haben trübe Laune. Im Starkregen wechseln wir wieder auf die A2-Südautobahn und fahren über den Wechsel. Jetzt wollen wir nur mehr nach Hause und die 110 km sind schnell abgespult.
In Wien scheint die Sonne bei perfekten 24 °C und wir kommen uns im schmutzigen Regengewand komisch vor. Um 19:00 sind wir zu Hause und lassen den Abend ausklingen und bemühen uns, nicht melancholisch zu werden. Die nächste Motorrad-Kulturreise ist schon in Planung!
Tageskilometer: 466 km
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