22./23. Tag: Hamburg - Innsbruck - Wien

"Verdammt, da stimmt etwas nicht!" Mit einem leisen Fluch schreckt Angelika aus dem Schlaf. Durch den Spalt beim Fenster scheint die Morgensonne herein. Heute ist der 15. Juli 2021 und es ist genau 6:00 Uhr. Der Zug steht schon viel zu lange im Bahnhof, deshalb ist sie aus ihrem unruhigen Schlaf aufgewacht. Angelika guckt aus dem Fenster. Was ist hier los? Wieso fahren wir nicht weiter?

NÜRNBERG?! Wieso erst Nürnberg?! Fassungslos stupst sie Didi aus dem Schlaf. "Du, wir stehen seit 3 Stunden in Nürnberg!" Wir rappeln uns auf, fahren uns nachlässig durch die Frisur und stolpern aus dem Waggon ins Freie. Dort werden wir bereits von unseren liebenswürdigen Zugbegleitern empfangen: "Guten Morgen! Ja, wir können nicht weiter. Wir warten noch auf einen Anschlusszug. Aber ... wollt ihr Zwei mal Frühstück?"

Was für eine Frage. Ja klar! Während den knusprigen Brötchen und Kaffee informiert uns die nette Stewardess: Wir müssen noch den Zug aus Amsterdam bei uns anhängen. Aber heute Nacht gab es in Deutschland furchtbares Hochwasser und deshalb fahren derzeit keine Züge. Keine Ahnung, wann es weitergeht!

Nun, wir bleiben entspannt. Die nächsten 5 Stunden werden wir am Bahnsteig in Nürnberg sitzen. Wir werden gemütlich einkaufen gehen, uns mit den Zugbegleitern anfreunden, ausgiebig duschen, Unmengen Kaffee trinken und im Internet über die Jahrhundertkatastrophe in Deutschland lesen. Später werden die lieben Damen auf Geheiß des Zugführers den ganzen Proviant des Zugs plündern und Essen und Getränke gratis verteilen. Passt alles!

Doch nicht längst alle Fahrgäste bleiben während der überlangen Wartezeit entspannt, obwohl die mittlerweile völlig übermüdeten ÖBB-Bediensten (die seit 2:00 Uhr auf den Beinen sind!) alles tun, um den Aufenhalt erträglich zu machen! Als eine mitteljunge Frau zum Herumpöbeln anfängt, wie inakzeptabel die Verzögerung für sie und ihre Kinder ist, reisst Angelika der Geduldsfaden: "Hearst! Da sterben Leute im Hochwasser, da verlieren ganze Dorfgemeinschaften ihre Existenz! Und du musst nur hier sitzen und gratis Kaffee trinken! Was stimmt mit deinen Prioritäten nicht?!" Wie kann man bloß so sein?

Irgendwann am Vormittag ein kleiner Hoffnungsschimmer über die Lautsprecher am Bahnhof: Die Leute, die nach Innsbruck wollen, können in einen Ersatzzug steigen! Ach nööööö. Nicht die, die ein Fahrzeug am Zug haben! Wir können unsere Transalps hier nicht vom Zug bekommen. Also heißt es weiter warten...

Es ist etwa 11:00, als wir mit 7-stündiger Verspätung aus dem Bahnhof Nürnberg rollen. Seufzend rechnen wir nach: Würden wir - so wie früher - nach Wien fahren, wäre alles gut. Aber diesen Autoreisezug Hamburg-Wien gibt es heuer nicht! (Danke für nichts, ÖBB!) Nun werden wir nach 20 Stunden im Zug nur Innsbruck erreichen. Dann müssen wir abends noch etwa 300 km bis zum Zweitwohnsitz fahren! Das wird mühsam.

Wir versuchen, Kräfte zu sammeln und uns zu motivieren. Essen und Getränke sind aus, die wurden längst alle verschenkt. Also schlafen wir einfach noch bis Österreich! Es ist schließlich 15:30, als wir mit 6-stündiger Verspätung endlich Innsbruck erreichen. Es regnet in Strömen und es ist düster. Sollen wir hier spontan ein Zimmer nehmen und morgen direkt 450 km nach Wien fahren?

Na zumindest ist es nicht kalt. 18°C sind gerade richtig! Während wir uns ins Regengewand winden, raten wir einer netten Familie, noch schnell in den Supermarkt zu laufen. Sie fahren heute abend nach Hamburg. In einem Zug, dessen gesamte Verpflegung wir bereits heute Vormittag gratis verjausnet haben. Die Vorratskammern sind leer und es gibt keinen Nachschub, wie man uns erzählt hatte!

Jetzt aber wirklich los! Durch den Abendverkehr stauen wir im Regen aus Innsbruck und erreichen die A12-Inntalautobahn. Die nächsten 60 km bis Wörgl halten wir die Transalps stur auf Kurs. Wir sind müde, es regnet aus dichten Nebelschwaden und die Besonderheiten des schnurgeraden Inntals interessieren uns nicht die Bohne. Das ist keine schöne Fahrt!

In Wörgl wechseln wir auf die B178 Richtung "Deutsches Eck". Der Regen lässt langsam nach, als wir an den touristischen Hochburgen Ellmau und Stanglwirt vorbeistauen. Auf der kurvenreichen Landstraße herrscht starker Verkehr! Urlauber, Schaulustige und Bauern, die von der Feldarbeit kommen, verstopfen das dicht verbaute Gebiet. Uns geht das heute ziemlich auf die Nerven und wir sind froh, als wir endlich Waidring erreichen!

Hier kennen wir seit unserer Tour vor 15 Jahren das "Waldstüberl"! Bei diesem rustikalen Fernfahrertreff gibt es fettes Fastfood und immer einen lustigen Schmäh. Der winzige Gastgarten ist von trinkfesten Kumpels bereits gut besetzt, als wir auf den Schotterplatz rollen und von den Hondas klettern. Ohne Umschweife bestellen wir "Bratwürste mit alles" und eine Menge Coca-Cola und Kaffee.

Leider fehlt uns für eine gemütliche Pause die Ruhe, denn wir haben noch 190 km vor uns. Es ist 18:30 und langsam wird es dämmrig. Wenig motiviert drücken wir auf die Startknöpfe der Hondas, die wie immer zuverlässig in den kühlen Abend hineinbollern. Schnell sind wir an der deutschen Grenze, die heute Donnerstag abends vollkommen verwaist ist. Auch die beiden blechernen Container zur Überprüfung der Corona-Einreiseregeln sind längst verlassen.

So fahren wir zügig die interessante Strecke übers "Kleine deutsche Eck". In Schneizlreuth guckt Angelika sehnsuchtsvoll hinüber auf den wuchtigen alten Gasthof, der so heimelig beleuchtet ist. Das wäre schön, hier zu bleiben! Aber die Würfel sind gefallen: Wir fahren nach Linz!

Es geht auf der B21 kurvig zwischen hohen Felswänden und dunklen Bäumen die Saalach entlang und schon sind wir wieder in Österreich. Das kurze Stück bis zur A1-Westautobahn ist nur mehr Formsache. Es ist dunkel geworden, als wir ziemlich erledigt die letzten 170 km in Angriff nehmen. Nur bei der großen Tankstelle in Mondsee halten wir noch einmal kurz an und leeren einige Becher Kaffee in großen Schlucken. Gibt es etwas Öderes, als auf einer Autobahn Kilometer zu fressen?

Es ist 22:30, als wir in Linz auf unseren Parkplatz rollen und müde von den Transalps klettern. Das war ein wirklich langer Tag! Wir sind uns einig, dass dieser letzte Reisetag unserer Dänemarkreise ziemlich misslungen ist. Aber was soll man machen? Das kann passieren! Seit dem Ende des Autoreisezugs Wien-Hamburg brauchen wir eine bessere Alternative als Innsbruck!

Morgen werden wir uns zuerst einen neuen Sturzbügel für Angelikas Transalp holen (den die ÖBB zahlen wird!) und dann einfach nur unsere Hausstrecke nach Wien fahren. Und wir werden von den lieben Menschen, dem Meer, dem bunten und unerwartet spannenden Land der Wikinger und dem leckeren Essen Dänemarks träumen! Das war nicht unsere letzte Reise in dieses kleine Land!

Tageskilometer: 300 km

Ein unerwartetes Ende der Reise!

Verdammt

Moin, Moin,
Ihr Armen, das war ja wirklich kein schöner Tag! Finde ich ja klasse, dass Geli diese Tussi zurechgestutzt hat. Unfassbar wie manche Menschen sich aufführen!!
Ja, die armen Menschen hat es hart getroffen in den von den schweren Regenfällen betroffenen Gebieten. Kann man sich gar nicht vorstellen, wie es ist, plötzlich mit nix da zu stehen!
Aber wie doof der Tag war, die guten Erinnerungen an diese Reise werden gewinnen

Antw.:Verdammt

Wieder sind die Grüße aus dem Kommentar verschwunden... Komisch...
Also, wir wünschen euch ein fröhliches und gesundes 2022
Wibi&Hanson

Antw.:Verdammt

Ach ja, das war schon eine heftige Zugsfahrt. So viele Stunden am Bahnsteig in Nürnberg.
Aber NICHTS, gar nichts gegen das, was die armen Menschen im Hochwasser erlebt haben! Darum ist mir auch so der Kragen geplatzt. Ich kann doch gar nicht online schreiben, was ich die Tussi alles geheißen hab..

Und es hatte für uns auch etwas Positives: Wir haben jetzt gute Bekannte unter den Zugsbegleitern im Autozug und ab und zu treffen wir einen von denen und dann haben wir tolle Plaudereien! :-)

Antw.:Antw.:Verdammt

Nix ist so schlecht, dass es nicht auch sein Gutes hat

Dänemark

Hallo Geli, na das war ja ein bescheidener letzter Reisetag sowas trübt bei mir die Sicht der Reise, hatte mal am letzten Reisetag nur Pech und Pannen, da fragt man sich war der Urlaub schön oder bloß Stress, nach ein paar Tagen überwiegt Natürlich die schönen Erinnerungen an die Reise. Wünsche euch einen guten Rutsch und ein schönes neues Jahr. Gruß vom Bodensee

Antw.:Dänemark

Hallo Klaus!
Gell, das war richtig deppert, oder? Aber wir fanden es nicht sooo schlimm und natürlich bleiben die schönen Erinnerungen an DK.
Die Zugbegleiter waren so nett (und wir freuen uns seit dem immer, wenn wir wieder einen von denen am Autozug treffen und das kommt vor!) und ausserdem dachten wir immer an die Armen, denen in D die ganze Existenz in diesem Stunden abgesoffen ist...

Natürlich wars lästig. Zumal wir abends noch so weit fahren mussten. Aber jo mei. Das gehört dazu. Aber hoffentlich nicht so oft!

Rutsch gut ´rüber und alles Gute! Und liebe Grüße aus Wien!

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zuletzt aktualisiert am 18.3.2024