21. Tag: Sjötorp - Göteborg (Stena Line)

Um 9:30 haben wir die letzte Hütte dieser Reise aufgewischt, einen schnell angerührten Kaffee getrunken und unser Zeug in die Koffer gestopft. Ein letzter Blick auf den Vänernsee und wir rollen vom Platz. Es hat 17°C und es ist stark bewölkt. Nur ab und zu blinzelt die Sonne hervor, als wir auf den Rv26 einbiegen.

Es geht schnurgerade und eintönig durch die Wälder Västra Götalands. Ein stabiler Wildzaun links und rechts ermöglicht entspanntes Fahren ohne plötzlich hervorbrechende Elche. Für Rentiere sind wir schon viel zu südlich...

Wir überqueren den Götakanal. Wir wissen von der 200jährigen Geschichte dieses schwedischen "Bauwerks des Jahrtausends"! 190 km führt er durch malerische Landschaften und zu geschichtsträchtig-kulinarischen Höhepunkten. Leider haben wir heute keine Zeit dafür, der Kanal ist wohl eine eigene Reise wert!

Die dunklen Wolken haben zugezogen, als wir nach Mariestad hineinkurven. Wir werfen einen kurzen Blick auf den historischen Stadtkern aus dem 18. Jhdt. und den Dom, dessen hohen Turm man schon von weit außerhalb sieht!

Am "Neuen Markt" finden wir einen guten Parkplatz gegenüber dem Café "Nya Torget". Hier ist es hübsch, hier wollen wir frühstücken! Wir holen uns belegte Brötchen und Kaffee. Nach einigen Tagen in Norwegen kommen uns die Preise für Essen unglaublich günstig vor! Auch wenn die leckersten Baguettes luftdicht in Folie verpackt sind, was zuverlässig Knusprigkeit durch Nässe ersetzt. Nasse Brötchen! Warum macht man sowas?!

Mittlerweile schaut es nach Regen aus und wir beeilen uns. Die nächsten 80 km drehen wir am Gas. Nun, es gibt auf den wirklich flachen Ebenen der E20 Richtung Süden auch nichts zu sehen. Ab und zu lockert ein falunrotes Bauernhaus die grüne Weite auf.

Wir cruisen gerade Richtung Alingsås, als der Regen losbricht. Wir sind hier auf der baumlosen Ebene völlig ungeschützt und deshalb fällt uns nicht besseres ein, als einfach weiterzufahren. Ein bissl was sollten unsere Membran-Jacken schon aushalten!

Du meine Güte, geht uns der Dauerregen auf die Nerven! Als wir rechter Hand eine schraddelige Tankstelle sehen, werfen wir Anker. Wir müssen mal kurz ´raus aus dem Nassen! Wir halten unter dem lückenhaften Dach und bemerken erst jetzt, dass die Tankstelle aufgelassen ist und die verrostete Abdeckung den Regen kaum aufhalten kann. Wir machen uns mit unseren Motorrädern ganz schmal, um im Trockenen zu stehen.

Während wir ein paar Schluck aus dem Thermoskannen nehmen, schauen wir uns um. Was ist das für ein winziges Geschäft hier? Ob es hier Kaffee gibt? Wir betreten den Shop und trauen unseren Augen nicht! Hier gibt es nichts außer tonnenweise Süßkram! In riesigen Eimern warten hier meterweise "Lösgodis" auf sehnsuchtsvolle Kinderaugen.

Schon vor vielen Tagen, als wir erstmals in Schweden Halt machten, fiel uns die Vorliebe der Menschen hier auf, ihre bunten Gummibärchen, saures Lakritz und ihr Schokozeugs mit kleinen Schaufeln in Säcke zu füllen - und dann an der Kassa die böse Überraschung zu erleben, dass die ausgewählten Goodies statt gefühlten 100g doch ein Vielfaches davon wiegen!

Jetzt erst erkennen wir das Schild draußen "Lösgodis 300 Sorter" gibt es hier. 300 Sorten! Klingt viel, aber in diesem Land verdrückt jeder Einwohner durchschnittlich 18 kg davon. Pro Jahr! Manches, was wir davon während der Reise probiert haben, erinnert uns mit seinem gewöhnungsbedürftigen Geschmack an "Bertie Botts Every Flavour Beans"...

Für uns ist das heute nichts, wir wollen eigentlich Kaffee und Kakao. Jetzt erst erkennen wir im grauen Niesel das kleine Lokal neben den ehemaligen Zapfsäulen. "Lottas Grill steht auf dem Schild und das Lokal schaut ziemlich geschlossen aus. Aber wir schauen trotzdem mal nach!

Wir huschen im Regen hinüber und probieren die Holztüre. Als wir eintreten, kommen wir aus dem Staunen nicht heraus! Lotta hat hier ein wahres Schmuckstück eingerichtet! Eine Mischung zwischen Biker-Westernsaloon und entzückendem Biedermeiersalon. Kristallluster und Harley-Davidson-Deko, Spitzendeckchen und Route 66 - Rock´n Roll!

Ein Tisch ist besetzt von schweigsamen Arbeitern in verschmutzter Kluft, die das hier servierte Mittagsmenü in sich hineinmampfen. Leicht erkennbar als Stammgäste. Sie schauen nur kurz auf, als wir eintreten und ignorieren uns sonst. Anders als Lotta, die uns breit grinsend empfängt und uns an die heiße Theke bittet.

Das ist für uns die Gelegenheit! Wir hatten während dieser Reise durch Schweden noch keine Kjøttbollar und die standen fix auf dem Plan! Wir bestellen zwei Portionen mit Kartoffelstampf und Preiselbeeren. Lotta entschuldigt sich. Die braune Sauce ist alle. Aber wir können uns Knäckebrot, Butter, Lingonberry-Saft und Kaffee nehmen, soviel wir wollen!

Wir setzen uns auf die hübschen hellblau gestrichenen Holzbänke. Was für ein großartiger Platz voller Gastfreundschaft und Wärme! Während wir das leckere Essen in uns hineinstopfen, erzählt uns die Bikerin Lotta von ihren zahlreichen Reisen mit ihrer Harley, bevor sie dieses Lokal eröffnete. Was für eine coole Lady!

Als der letzte Schluck Kaffee vertilgt ist, müssen wir los. Irgendwie haben wir das Gefühl, dass mit diesem Essen die Reise ihr Ende gefunden hat. Draussen nieselt es nur mehr schwach, als wir auf die Transalps klettern und auf der E20 weiterfahren.

Die nächsten 50  km verlaufen ereignislos. Während der Fahrt überlegen wir, ob wir in Göteborg noch eine kleine Besichtigungstour starten könnten. Wir haben im Hafen sicher noch genug Zeit! Immerhin ist Göteborg seit ein paar Jahren ziemlich angesagt. Eine Vielzahl an Museen, Attraktionen und trendigen Restaurants gibt es in der Stadt, die ihre Gentrifizierung längst hinter sich hat. Vielleicht geht sich noch ein Vanilla Spice Pumpkin Latte aus?

Womit wir nicht gerechnet haben, waren die kilometerlangen Baustellen am Weg in den Hafen! Ganz Göteborg scheint umgegraben zu werden! Wir folgen konzentriert den angeschriebenen Umleitungen, Ausweichen und Ersatzrouten. Mit viel Glück, sehr viel Glück stehen wir um Punkt 15:00 beim Anleger der Stena Line. Puuhhh, das war schwierig!

Eine Stadtbesichtigung geht sich keinesfalls mehr aus, die kommt auf die Liste der nächsten Reisen! So fetten wir nochmal die Kette von Angelikas Motorrad, machen ein paar Fotos und langweilen uns. Langsam werden die Autos in den Wartespuren mehr. Wir verfallen in diese seltsam gedrückte, schweigsame Stimmung am Ende einer Reise.

Gottseidank hat es längst zu regnen aufgehört, als wir um 16:45 endlich in die Fähre einfahren können. Mittlerweile sind viele Motorradfahrer angekommen, die beim Check-In für ziemlich Chaos sorgen.

Anders als vor 3 Wochen stehen die Motorräder im Schiffsbauch nun kreuz und quer, niemand schert sich um eine praktische Ordnung. Seufzend zurren wir die Transalps an zufällig freien Boden-Ösen fest - zumindest das geht mit den neuwertigen Zurrgurten der Stena Line schnell.

Weil dieses Schiff wie eine genaue Kopie der Stena Scandinavica wirkt, finden wir uns auf dem Weg in die Kabine schnell zurecht. Plötzlich fällt Angelika siedend heiß ein, dass sie kein Scopoderm®-Pflaster mehr eingesteckt hat! Au wei, das ist gar nicht gut! Die beiden wirkungsvollen Helferlein hat sie schon bei der Anreise und auf den Hurtigruten verbraucht!

Wir beeilen uns zur Rezeption, wo wir zu Angelikas Entsetzen erfahren, dass alle Anti-Schlecht-Pillen schon ausverkauft sind. Der nette Verkäufer lächelt mitleidig, als er ein kleines Schächtelchen "Sea-Band" hervorzieht und die Vorteile anpreist. Nun, es ist alternativlos und Angelika greift zu.

Noch bevor wir uns in der Kabine frisch machen, legt sie das Band genau nach Gebrauchsanweisung an. Ob das hilft? Nun, wir werden es gleich wissen! Es ist Punkt 18:45, als das Schiff langsam aus dem Hafen schiebt.

Wir eilen an Deck, um von oben einen Blick auf Göteborg zu erhaschen. Es ist sensationell! Während wir an einem großen Plastikbecher Bier nippen, ziehen die wunderschönen historischen Backsteinbauten vorbei.

Wir sehen die berühmten Schären und bestaunen von oben die kleine Festungsinsel aus dem 17. Jhdt. "Nya Älfsborg", die auf einem winzigen Felsen liegt. Wenn wir wieder mal hierherkommen, werden wir das auf jeden Fall besichtigen!

Wir fläzen in den gemütlichen Sofas und lassen draussen den Kattegat vorbeiziehen. Wir sind müde und es ist langweilig. Da hat Didi eine Idee! Er  springt auf und verschwindet. Als er grinsend nach einiger Zeit wiederkommt, hat er uns beide in das All-you-can-eat-Buffet eingebucht! Pro Person 349 SEK, Start ist um 20:30 im "Taste Restaurant"!

Wir verbringen den Abend mit den allerbesten Leckereien. Eine reiche Auswahl an Fisch, Fleisch und Süßkram wandert auf unseren Tisch. Wir gönnen uns dazu sogar ein kleines Glas guten Wein.

Als wir nach dem Essen nochmal an Deck ins Freie schauen, ist die See vollkommen ruhig oder das "Sea-Band" funktioniert, je nachdem. Morgen sind wir schon in Deutschland, gute Nacht und pfiat di, Schweden!

Tageskilometer: 210 km

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Abschied von Schweden mit nassen Brötchen und Kjøttbollar...

Schweden

Tolle Idee von Didi. Daumen hoch. Meine Güte, da hätten wir uns ja beinahe noch am Buffet getroffen. Also...fast.

Die Überfahrt mit der STENA ist der krönende Abschluss einer Schwedenreise. Wenn man in Kiel wohnt. Auf euch wartet ja noch der NIGHTJET nach Wien. Cooler Name übrigens.

Ich hüpf gleich weiter zum nächsten Reistag.
LG Svenja

Antw.:Schweden

Irgendwann passierts. Da treffen wir uns zufällig an einem All-u-can-eat-Buffet und du nimmst wieder zwei Hauptspeisen zugleich.
Natürlich Mißverständnis. Ein Versehen! :-)))))

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zuletzt aktualisiert am 19.3.2024