6. Tag: Helsinki - Pori

Lange ausschlafen war gestern. Heute haben wir uns vorsichtshalber den Wecker auf 9:00 gestellt, denn wir wissen unsere genaue Ankunftszeit nicht! Wir sind doch mit fünf Stunden Verspätung losgefahren, also werden wir die Planankunft 10:15 nicht halten können. Aber wann sind wir in Helsinki?

Wir besorgen uns im "Star Café" ein kleines Frühstück mit Kaffee und Zimtgebäck. Jetzt entdecken wir ein Plakat, das an der Glastüre zum Freideck klebt: Planankunft Helsinki 13:15 Uhr. Oh! Da müssen die Leute auf der Brücke aber mächtig Stoff gegeben haben, wenn sie zwei Stunden Verspätung reingeholt haben!

Bei einem weiteren Kaffee besprechen wir die heutige Tour. Wir sollten um 20:00 in Pori sein. Das schaffen wir locker mit normaler Fahrweise, oder? Wir fahren nach Pori, wie geplant! Nun treiben wir uns eine Weile am Freideck herum und sind froh, bereits nach dem Aufstehen in unser Motorradzeug geschlüpft zu sein! Es ist ziemlich frisch und es nieselt immer wieder ein wenig. Die Sonne sehen wir heute nicht. Aber was blinkt da vorne für ein Licht?

Ein Leuchtfeuer! Das muss der Hafen von Helsinki-Vuossari sein! Es ist genau 12:00, als wir in der Kabine konzentriert unser Zeug zusammenpacken. Plötzlich brüllt es mehrsprachig durch den Lautsprecher, wir mögen bitte auch die Bettwäsche abziehen, um die Reinigungsdamen zu unterstützen, denn die haben nur drei Stunden Zeit vor der Rückfahrt nach Deutschland. Aber das machen wir doch gerne! Und so werfen wir unsere weiche Bettwäsche auf einen Haufen vor die Kabine, bevor wir die Türe schließen und Richtung Autodeck stiefeln.

Oh, die Türe ist schon offen? Die wollen uns aber schnell loswerden! Wir eilen zu unseren Transalps, die geduldig auf uns warten. Die neuartigen Gurte sind blitzschnell entfernt und schon hocken wir im Sattel und warten ungeduldig auf das Öffnen der großen Tore. Zur Sicherheit haben wir uns wegen dem Niesel vorhin noch schnell ins Regengewand gewunden. Zu frisch ist noch die Erinnerung an das Unwetter, das uns 2019 in Göteborg empfangen hat!

Um Punkt 13:30 schlingern wir über nasse Metallplanken auf finnischen Boden. Hui! Das ist richtig unangenehm, den steilen Weg aus der Fähre zu lenken! Aber wir lassen uns unsere Würde nicht nehmen und alles geht gut. Langsam rollen wir über das weitläufige Hafengelände Richtung Ausgang.

Gibt es hier keine Grenzkontrollen? Nein! Trotz COVID 19-Einreisebestimmungen lassen uns die Finnen ungeprüft ins Land. (Diese Bestimmungen werden erst in vier Wochen aufgehoben, wie wir nach der Reise lesen werden.) Nur ein russischer SUV hypermoderner Bauart wird aus der Kolonne gewunken und muss ein langwieriges Prozedere über sich ergehen lassen. Das Verhältnis zu den Nachbarn ist derzeit getrübt.

Beim ersten großen Wegweiser halten wir uns Richtung "Kehä III". Wir wissen, dass dies die Ringautobahn um Helsinki ist, und der Flughafen liegt im Norden. Das genügt als Orientierung, um die Hauptstadt effizient zu umrunden und wir geben Gas! Nach 40 km öder Fahrt über die Stadtautobahn verlassen wir die E18 auf der R110. Spätestens bei Veikkola haben wir den Großraum Helsinki/Espoo hinter uns gelassen und die Fahrt wird bedeutend interessanter!

Die kleine Straße kurvt nun abwechslungsreich durch dichte Wälder, die eine seltsame Eintönigkeit aufweisen: Birken und Föhren. Sonst scheint hier in der Region Uusima nichts zu wachsen. Die Straße wechselt irgendwann ihren Namen, die Landschaft jedoch nicht ihr gleichförmiges Gesicht. Deshalb, und weil es immer wieder nieselt, sind wir froh, als am linken Straßenrand das "Krissen Kahvila" auftaucht. Ein Café! Eines der wenigen finnischen Worte, die wir kennen - aber eines der wichtigsten!

Wegen der nassen Fahrbahn bremsen wir vorsichtig und lenken die Transalps auf den weitläufigen Parkplatz. Ohne Verzögerung stiefelt Didi in den kleinen Laden und lässt sich von Chris um 6.- zwei große Häferl schaumigen Milchkaffee zubereiten. Das tut jetzt wirklich gut! Uns ist nach 75 km Fahrt doch etwas ungemütlich geworden. Ausserdem nervt der ständige Blick auf die Uhr, der unserer Fährenverspätung geschuldet ist. Es ist genau 14:50 und wir sollten weiter. Wir haben noch fast 200 km zu fahren!

Nach einer schnellen Tankpause bei Karkkila düsen wir zügig über die R2 Richtung Pori. Luftlinie. Schade eigentlich! Wir hätten mit dem Kurvigen so eine hübsche Strecke geplant und nun haben wir nicht genug Zeit. Uns fehlen einfach drei Stunden Reisezeit!

Zumindest wird der Track in der Region Kanta-Häme abwechslungsreicher. Immer offener wird die Landschaft und die Birkenwälder werden von fruchtbaren Feldern abgelöst, die überall bis zum Horizont reichen. Außerdem ist es längst ziemlich einsam geworden. Nur selten taucht ein kleines Gehöft auf, oder eine Weide mit bunten Kühen. Wir durchqueren auch den Liesjärvi-Nationalpark, der aus der Vogelperspektive weit beeindruckender wirkt, als vom Straßenrand aus.

Wir nennen das das "Atlanterhavsvegen-Phänomen".

Irgendwo bei Harvajalta überholt plötzlich Didi engagiert und blinkt links. Angelika erschrickt ein wenig, sie ist gerade ein bissl eingedöst! Doch Didi biegt schon schwungvoll auf den kleinen Parkplatz der "Teboil-Kahvio"-Tankstelle. Was ist los? Nun, erstens haben wir Hunger, denn das Mini-Frühstück auf der Fähre ist schon wirklich lange her. Und ausserdem ist "Teboil" das, was in Norwegen "Statoil" ist (oder war, jetzt heißen die nämlich CircleK). Sie sind Kahvio/Café, Diner, Spielhölle, Supermarkt und Gartenbaumarkt in einem.

Und so checkt sich Didi ein paar wasserfeste Winterhandschuhe aus der Wühlkiste der Outdoor-Sportabteilung. Um 6.- kann man das riskieren, wenn man seine Regenhandschuhe zu Hause vergessen hat! Ohne vollständige Regenausrüstung fühlen wir uns unsicher. Zu frisch ist noch die Erinnerung an die "Schlacht von Lakselv im Jahre 2019"! Danach waren wir nicht mehr in Skandinavien...

Weil in Finnland "Burger" das sind, was in Norwegen Hotdogs und in Dänemark Pølsehorn sind, mampfen wir jetzt noch einen saftigen Doppeldecker mit leckerer Sauce. Fett und Kalorien! Es ist doch letztendlich immer das Gleiche, was einen bei Trübwetter aufmöbelt und gute Laune für die Weiterfahrt bringt!

Noch etwas Gutes hat die Pause. Wir verstehen nun ein wenig vom finnischen Verkehrssystem. Wir fahren seit Stunden auf der R2-Porintie. Obwohl das Finnische für uns nur eine willkürliche Aneinanderreihung von Buchstaben ist, verstehen wir nun: Die "Straße nach Pori"! Wenn man ohne Navi unterwegs ist, sind solche Dinge beim Kartenlesen äußerst hilfreich!

Um 19:00 erreichen wir unsere Unterkunft in Pori. Geschafft! Nur ganz kurz mussten wir mit Googlemaps durch die Kleinstadt navigieren, um unseren Vermieter nicht allzu lange warten zu lassen. Der nette Mann hat offenbar auf uns gewartet, denn er eilt schon im Bademantel auf uns zu, als wir auf seinen Parkplatz rollen, den er säuberlich für seine Gäste angelegt hat.

Er begrüßt uns wortreich und ... wir verstehen kein Wort. Der finnisch-ugrische Sprachkreis ist uns vollkommen fremd! (Wird dies auch nach vielen Tagen in diesem Land noch so sein?) Wir entziffern nur das Wort "Sauna" aus seinem Wortschwall, aber Bademantel und sein verschwitztes Gesicht haben das längst verraten.

Als wir ihn nur verständnislos angrinsen, klopft er uns lachend auf die Schulter und führt uns hinter sein Haus. Oh das ist aber schön hier! Vom Garten aus betreten wir unser schmuckes Appartment. Das ist viel zu toll für nur eine Nacht! Huch, jetzt aber schnell! Der Regen wird immer stärker und wir zerren die wichtigsten Gepäckstücke unter das Vordach.

Es dauert nicht lange, da haben wir es uns gemütlich gemacht, eine heiße Dusche genommen und das erste Travellunch des Urlaubs gelöffelt! Es ist spät geworden, als wir uns mit einer dampfenden Tasse Kaffee auf die kleine Terrasse setzen und die Packung Gifflar aufreissen, die uns Svenja als Proviant fürsorglich ins Gepäck gestopft hat.

Es ist ruhig und wir sind müde, als wir Zimtkringel mampfend in die Stille schweigen und unseren Gedanken nachhängen. Nur eine Herde Rehe ist noch unterwegs und stakst zutraulich an unseren Transalps vorbei durch die kleine Siedlung.

Tageskilometer: 270 km

Hier gehts bald weiter: >> klick

Der erste Tag und viel Kahvi ...

Das ist gemein!

Da ward ihr Beiden vier Jahre nicht im Norden und dann ist der erste Fahrtag wieder nass und ungemütlich? :-)))

Na ich bin neugierig, wie es weiterging!

DLZG
Tom

Antw.:Das ist gemein!

Streu Salz in die Wunde?!

:-)

Antw.:Antw.:Das ist gemein!

@Tom
Ja danke auch schön!
:-)))))

Gleich wieder aufsteigen!

Zuerst fällt mir das Foto im Hafen auf mit der großen Finnlines im Vordergrund. Das sieht klasse aus. Der Himmel mit dramatischen Wolken und die Farbigkeit des Schiffes. Und eine Möwe habt ihr auch noch eingefangen!

Ansonsten beginnt die Reise in Finnland so, wie Reisen durch Finnland gerne beginnen: Es regnet. Aber es gibt Kaffee und Zimtboller, das macht es erträglicher. Nach einem solchen Fahrtag ist eine solche Unterkunft tatsächlich Gold wert. Und Gifflar, näh?!

< Wir nennen das das "Atlanterhavsvegen-Phänomen"
Sehr schön gesagt. Der Klassiker. Die fotografieren die Straße in allen Reisemagazinen mit extrem langen Brennweiten, so dass man denkt, es ginge senkrecht hoch. Dabei ist es auch nur eine nicht ganz uninteressante Strecke. Aber mehr auch nicht. Guter Ausdruck dafür!

Ach, ihr Lieben, ich wünsche euch, dass es bald trockener und damit fast automatisch auch interessanter wird.

< Schlacht von Lakselv im Jahre 2019"! Danach waren wir nicht mehr in Skandinavien...

Sowas wirkt leider lange nach, oder? Aber es ist wie beim Reiten: Wenn man runtergefallen ist, gleich wieder aufsteigen. Oder eben 4 Jahre später...

Drück euch beide.
Svenja

Antw.:Gleich wieder aufsteigen!

Danke für deinen lieben Kommi!
Tja, für diesen Fahrtag benötigten wir tatsächlich viel Kaffee und Zimtkringel.
Zu frisch sind noch die Erinnerungen an 2019.
Aber wurde es dann besser? Zu lesen in Kürze!

Drück dich
Geli

Puhhh

Düsteres Wetter, zu wenig Zeit und eine langweilige Strecke. Na ich hoffe, eure Reise hat dann später noch dazugewonnen?

LG TinA

Antw.:Puhhh

Absolut - es wird dann von Tag zu Tag besser - in Bälde hier zu lesen.

LG Didi

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zuletzt aktualisiert am 18.3.2024