9. Tag: Geilo - Snøvegen - Borgund
Die Sonne strahlt bei 15°C vom blitzblauen Himmel, als wir vor der Hütte einen Kaffee anrühren und langsam in kleinen Schlucken genießen. Ein toller Tag kündigt sich an! Wir packen schnell zusammen und fahren in den Ort zurück, denn in Geilo haben wir gestern eine große CircleK-Tankstelle gesehen! Wir freuen uns auf unser traditionelles Frühstück: Ostepølse und Gratiskaffee aus dem Jahresbecher.
Hier ist viel los an diesem Samstag vormittag! Viele Wanderer rüsten sich hier für ihre Ausflüge und verstauen Jause in ihren Rucksäcken. Es ist 11:00, als wir gemütlich aufbrechen.
Wir bleiben auf dem Rv7 und kommen nochmal an unserem Campingplatz vorbei. Dann geht es 10 km das Tal entlang bis Hol. Die Landschaft erinnert uns an Alpentäler bei uns, nur haben sie hier mehr Pferde! Bei Hagafoss überqueren wir eine kleine Brücke und biegen links auf den Rv50 ab. "Aurland Åpent" steht auf dem großen Schild, die Straße nach Auenland ist geöffnet!
Am Holsfjorden liegt Hol und uns fallen die in der Sonne schimmernden bunten Steinfliesen auf, mit denen die winzige Stabkirche eingedeckt ist. Eine wunderbare Ergänzung zum schwarzbraunen Holz und ein wunderschöner Anblick!
Die nächsten 40 km ziehen sich auf langgezogenen Kurven durch ein weitläufiges Hochgebirgstal. Das Sudndalen erinnert uns an Gegenden zuhause, vielleicht das Defereggental in Osttirol.
Das gewohnte Bild mit Almen, hölzernen Bauernhöfen und Felsen wird nur durch die zahlreichen Fjorde unterbrochen, an denen wir vorbei fahren.
Am Strandavatnet fällt uns auf, wie niedrig der Wasserstand ist. Nur ein kleiner Tümpel in der Mitte des Fjords ist zu sehen, alles andere ist Steinwüste. Die Berge rund um uns werden höher und erreichen etwa 1.700 m. Das ist viel für dieses Land!
Wir cruisen gedankenverloren Kurve um Kurve dahin, als Angelika an der Grenze zum Fylke "Sogn og Fjordane" plötzlich Anker wirft. Was für ein Fotoblick! Vor uns eine senkrechte Felswand, links neben uns das dunkle Wasser und über den Schotterparkplatz hüpfen ein paar Babyschafe auf uns zu.
Angelika ist beim Anhalten von diesen vielen gleichzeitigen Eindrücken so begeistert, dass sie ihre Transalp (und sich selbst) auf die Straße wirft. Au weia! Aber alles ist gut. Kann passieren! Noch bevor die beiden besorgten Holländer aus ihrem Wohnmobil auf uns zueilen und helfen wollen, rappelt sie sich auf und wir wuchten die Fuhre gemeinsam hoch.
Dann tuckert Angelika auf den Parkplatz und stellt ordnungsgemäß ab und damit ihre Würde wieder her. Mal schauen. Aber Didi muss nur den rechten Seitenspiegel neu festziehen und den rechten Kofferträger etwas ausbiegen. Die Babyschafe beäugen neugierig die Vorgänge.
Gegen den Schreck helfen ein paar Kekse und Kakao aus dem Jahresbecher. (Und eine schnelle Zigarette.) Weiter gehts!
Der Rv50 steigt nun stetig an und es wird felsiger und enger. Nach 3 km verschwinden wir in einem Tunnel. Das düstere Licht weist uns den Weg, bevor wir in hochalpiner Umgebung wieder ans Tageslicht kommen. Die Umgebung hat sich verändert, sie wirkt einsamer und menschenleerer.
Hier oben fahren wir an halbgefrorenen Seen vorbei und alle paar Kilometer ein Tunnel. Tunnel unter 3 km sind in Norwegen nicht immer beschriftet! Man verschwindet in einem schwarzen Loch und hofft, dass es bald wieder ans Licht geht...
Hier gilt nun überall 50-70 km/h. Angelika flucht in ihren Helm. Sie hat so ihre Probleme mit sehr engen und unbeleuchteten Löchern, die roh in den Berg geschlagen wurden und durch die man nur langsam in die Tiefe fahren darf!
Vor dem Nesbø-Tunnelen (4,2 km), der ebenfalls grottenfinster, kalt, kurvig und unverkleidet daherkommt, lässt sie dieses holländische Wohnmobil überholen, das schon die ganze Zeit zaghaft hinter ihr rollt. Und dann hat sie eine völlig idiotische Idee, denn dieses Wohnmobil trägt Festbeleuchtung! Sie hängt sich eng an deren Stoßstange, sehr knapper Abstand. Dumm, denn wenn der abbremst...?
Aber im Gegenteil! Sie hat ihn richtig eingeschätzt, denn der Flachländer will offensichtlich auch nur eilig hinaus und wird immer schneller und so brettert Angelika letztendlich mit 100 km/h durch die finstere Höhle und genießt das heimelig-tröstliche Licht der "Weißen Ware". Es ist gut gegangen, aber das ist definitiv nicht zur Nachahmung empfohlen!
Der Rv50 windet sich nun mit 9% Gefälle ins Tal und eine Haarnadelkurve reiht sich an die nächste. (Abb.: © Open Street Map) Oh du meine Güte, wo sind wir da?! Unmittelbar nach einer Serpentine eröffnet sich uns ein schwindelerregender Blick in die Tiefe! Unten schimmert dunkelgrün der Vassbygdevatnet und gegenüber erhebt sich senkrecht eine enorm hohe Felswand! Nur die armdicken Kabelstränge, die sich vom Tal heraufziehen, stören die Idylle.
Leider können wir die Aussicht nur kurz genießen, denn die Straße ist einspurig, steil bergab und buchstäblich jede Haarnadelkurve hinunter ist in den Fels geschlagen, durchaus länger als 1 km. Und unbeleuchtet. Wir tuckern vorsichtig durch einen Wendetunnel nach dem anderen hinunter und bald stehen wir unten am Fjord und machen Pause.
Was war das denn? Was ist los mit den Norwegern? Strom kostet hier so gut wie nix, also warum machen die in den Tunnels kein Licht?! Oder ist hier großflächig Stromausfall?
Ein paar Schluck Kakao später cruisen wir entspannt entlang des Fjords Richtung Aurlandsvangen. Dieses enge Tal und der Ort waren im Winter abgeschnitten oder nur durch Schiffe zu erreichen. Doch die Auenländer bohrten einfach durch das Jotunheimen-Gebirge und eröffneten vor 18 Jahren den längsten Straßentunnel der Welt, den Lærdalstunnelen. An dessen Einfahrt fahren wir nun vorbei, aber nur bis morgen ...
Wir wollen die alte Straße fahren, den Snøvegen! Heute ist der 9. Juni, die Straße ist also seit einer Woche geöffnet! Gleich nach dem Ortsende kurven wir einige ambitionierte Serpentinen hinauf. Der Blick über den Aurlandsfjord ist gewaltig!
Auf diesen 7,5 km bergauf erwischt uns ein heftiger Regenguss. Aber er dauert zu kurz, um das Regengewand auszupacken. Als wir am Parkplatz des Stegastein ankommen, ist es wieder trocken! Während sich Didi mit einem norwegischen Biker über die anhaltende Trockenheit in Norwegen unterhält, eilt Angelika auf den Skywalk und macht eifrig Fotos.
Der Blick in die Tiefe, der Fjord, der schimmernd 640 m unter ihr liegt, die verwinkelten Gebirgstäler rundherum. Unglaubliche Eindrücke! Auch dass da drüben über Flåm nun ein Gewitter niedergeht, ist von hier heroben einfach nur wunderschön anzusehen. Langsam verfinstert sich jedoch der Himmel über uns und wir sollten weiter!
Die nächsten 40 km geht es über das Aurlandsfjell, auf dem Snøvegen (Fv243). Er macht seinem Namen alle Ehre, denn hier auf etwa 1.300 m Seehöhe liegt tatsächlich noch ein wenig Schnee! Es ist wieder dieses Gefühl von Einsamkeit, Freiheit und Stärke, als wir diese karge Einöde durchqueren.
Die einspurige Straße zieht sich in gemächlichen Kurven durch die felsige Mondlandschaft dahin und wir halten aufmerksam Ausschau nach Rentieren. Aber auch heute zeigen sich keine.
"Once in a lifetime drive! This is an incredibly beautiful, inspiring and diverse drive. Take your time, take photos, stop and admire what is around you. You have to see it to believe it!" schreibt eine Frau aus Kanada bei Tripadvisor. Und ja, sie hat Recht!
Wir lassen uns richtig Zeit, wir haben hier heroben keine Eile. Wir lieben Fjells! Es ist mit 11°C mild und obwohl finstere Wolken über uns hängen, bleibt es trocken. Irgendwann geht es in engen Serpentinen wieder bergab und die Vegetation nimmt zu. Der Asphalt wird schlechter aber dafür gibt es ein paar tosende Wasserfälle neben der Straße!
Wir stoßen an einer T-Kreuzung unten ins Lærdal und sehen gleich rechts einen großen Parkplatz am Ausläufer des Sognefjord. Gerade recht, um bei Kakao und Keksen diese Eindrücke schnell erstzuverarbeiten!
Schlagartig fühlen wir uns wie zuhause. Diese Strecke kennen wir gut vom vorigen Jahr! Es sind nur mehr gemütliche 25 km auf der E16 zum Campingplatz und wir kennen auch einen kleinen Joker-Markt am Weg, wo wir noch ein paar Kleinigkeiten kaufen können. Es wird dann ein ziemlich schweres Einkaufssackerl, aber wir bleiben ja zwei Tage in Borgund! Brötchen, Milchschokolade, 3 Dosen Fruchtsaft, 2 Bier, etwas Schinken und Käse, Butter, Erdbeerjoghurt und Kekse finden den Weg zur Kassa und wir legen dafür 410 NOK (55.-) ab.
Warum haben so viele winzige Siedlungen so einen Nahversorger? Das geht so: Diskutiert die Dorfgemeinschaft, einen Joker-Markt errichten zu wollen, entscheidet die Mehrheit. Wenn sich die Dorfbewohner überdies bereit erklären, das Gehalt der Angestellten zu bezahlen, dann wird von der Firmenleitung so ein kleiner Markt eingerichtet... Was für ein System!
Um 16:45 erreichen wir unser Quartier. Was für eine Freude, sich hier schon so heimisch zu fühlen! Es hat sich nichts verändert! Wir eilen in die Rezeption mit dem grasbewachsenen Dach. Der betagte Herr an dem kleinen Tresen checkt uns ein und wir bekommen für die zwei Nächte sogar eine Hütte mit Dusche. Oh wie toll!
Nur seine Gattin hat keine Lust mehr zu kochen, aber das macht nichts. Uns schmeckt das Travellunch immer noch! Wir beziehen die blaue Hütte Nr. 5 und machen uns etwas frisch. Außer uns sind noch drei Wohnmobile und zwei Autos da. Voriges Jahr waren wir alleine hier! War das wetterbedingt?
Angelika deckt diesen klobigen Holztisch mit den Bänken, der draußen auf der Zeltwiese steht. Heute gibts Beef Stroganoff mit Reis und Erdbeerjoghurt mit Keksen und Schokolade zum Nachtisch. Dazu ein kaltes Bier, denn es ist ziemlich warm hier! 24°C in Borgund! Voriges Jahr im Juni war hier Winter und was haben wir gefroren!
Wir sitzen lange in der Sonne und Angelika probiert auch dieses große Trampolin, das neben dem Zeltplatz steht. Was für ein Spass! Wir spazieren dann noch ein wenig über den Platz und für das Verarbeiten von Film und Foto setzen wir uns mit einem heißen Kakao in die wunderschön dekorierte hölzerne Aufenthaltshütte. So wie im vorigen Jahr! Es ist so ein schönes Gefühl, hier morgen bleiben zu können, denn wir haben hier zwei Nächte gebucht...
Tageskilometer: 210 km
10. Tag: Tagesausflug nach Njardarheimr/Gudvangen
Um 8:00 wachen wir ohne Wecker auf. Wir haben richtig gut und lange geschlafen! Als wir vor die Hütte treten, strahlt die Sonne vom blitzblauen Himmel. Heute wird ein warmer Tag, es hat jetzt schon 18°C! Wir rühren uns den mitgebrachten Kaffee an und chillen erst einmal auf unserer kleinen Terrasse. Heute haben wir einen kleinen Tagesausflug geplant!
Um 10:30 fahren wir die Transalps vom Campingplatz. Und wir wundern uns, dass unsere Abreise immer um 10:30 stattfindet, egal welche Umstände dabei herrschen, ob wir es eilig haben oder nicht, ob Superwetter oder Regensturm, ob einfache Hütte oder Hotel ...
Ganz langsam rollen wir die Landstraße 2km entlang bis zur Stabkirche von Borgund. Diese uralte Wikingerkirche hat uns voriges Jahr sehr berührt und dort wollen wir wieder Kaffee trinken und Apfelkuchen essen und einfach von außen nochmal anschauen. Drinnen waren wir eh schon. Darauf freuen wir uns schon seit dem Plan, nochmals nach Norwegen zu reisen!
Es ist noch alles so wie voriges Jahr, als wir die Transalps auf den Parkplatz linker Hand in den Schatten stellen. Die Stabkirche ist von hier aus schon gut zu sehen! Sie wirkt mit ihren Drachenfiguren so fremd in dieser Umgebung, es ist einfach schön. Der Kontrast zum modernen Gebäude des Besucherzentrums ist krass!
Wir eilen in das Besucherzentrum und steuern sofort Richtung Café, das sich im hinteren Teil des modernen Gebäudes befindet. Da stellt sich uns ein junger Kassabediensteter in den Weg und fragt streng, aber in perfektem Englisch, was wir denn da so ohne Ticket wollen? Wir erklären unsere Absicht: einfach dahinten einen Kaffee und Kuchen! Nein, die Kirche kennen wir schon, nein danke, wir wollen sie nicht noch einmal besichtigen.
Er winkt ab und erklärt uns höflich aber bestimmt: Ohne Besichtigung kein Besucherzentrum, ohne Besucherzentrum kein Café. Moment! Wirklich?! Wir müssen ein Ticket kaufen, auch wenn wir die Kirche gar nicht betreten wollen und nur hier Kaffee und Kuchen und vielleicht etwas aus dem Souvenirshop?
Wir schwanken zwischen Enttäuschung und Wut. 90 NOK (10.-) pro Person Eintritt zahlen für gar nichts? Was ist das für eine dreiste Abzocke?! Zumal man die Kirche von außen gut sieht, ja auf dem Fv530 wenige Meter entfernt davorsteht! Aber der junge Mann lässt sich nicht erweichen und wir ziehen wütend und enttäuscht von dannen. Nein, bei so einem Betrug machen wir nicht mit!
Entschlossen hüpfen wir auf die Transalps, treten den 1. Gang hinein und düsen vom Parkplatz, mit deutlich mehr Power als notwendig. Und wir machen von der Kirche noch extra viele Fotos, als wir genau davor zu stehen kommen. Gestern sind wir über die E16 hergefahren, aber heute wollen wir die alte Straße nehmen.
Der Rv530 schlängelt sich ein enges Tal entlang. Wir tuckern langsam an den hohen Felsen entlang, den tosenden Gebirgsbach Lærdalselvi und einige Wasserfälle immer neben uns.
Hier stehen einige einsame Gehöfte und auch der Ort Borgund ist hier, eine winzige Siedlung von wenigen Häusern. Wir lesen, dass hier der 65 km lange "Königsweg" verläuft: ein etwa 300 Jahre alter Fußweg über einige Fjells und durch sehr ursprüngliche Täler.
Dann noch ein kurzes Stück auf der E16 und wir stehen beim Kreisverkehr vor dem Eingang des Lærdaltunnelen. Als Ersatz für den Kaffee bei der Stabkirche besuchen wir auf einen kurzen Sprung das "Haabakken Kro", das wir rechter Hand am Straßenrand entdecken.
Der Kaffee schmeckt sehr gut und die Waffeln sind flauschig aber uns freut das hier nicht so recht. Dem Lokal fehlt jedes Ambiente, es ist eher so Kantinenflair. Aber macht nichts, wir wollen sowieso weiter. Vor dem Schild "Lærdaltunnelen 24,5 km" hält Angelika noch einmal kurz an und kann es nicht fassen: Der längste Straßentunnel der Welt! Tief Luft holen und nichts wie rein, bevor sie der Mut verlässt!
Es ist ein unglaubliches Erlebnis! Der Tunnel ist ziemlich gut beleuchtet und auch nicht allzu eng. Wir halten die Transalps stramm bei 80 km/h, denn schneller darf man nicht. Bei den mörderischen Geldbußen in Norwegen wollen wir auch nicht probieren, ob hier Radarfallen angebracht sind. Es ist eigentlich anzunehmen.
So geht es also 6 km nahezu gerade aus. Die leichten Kurven im Tunnel sind ohne Notwendigkeit angelegt, sondern nur um die Konzentration aufrecht zu erhalten. Wir düsen gleichförmig dahin und hängen unseren Gedanken nach. Weit ober uns windet sich der Snøvegen übers Fjell ...
Aber was ist das da? Blaues Licht erscheint ganz weit vorne! Die drei beleuchteten Hallen! Wir haben davon gelesen, aber es fühlt sich einfach unglaublich magisch an, durch dieses elfenhafte blau-gelb-grüne Lichtspiel im Berg zu fahren. Diese Hallen sind unglaublich groß, man könnte sogar stehenbleiben und Pause machen.
Eine Familie im Auto tut das auch, wie wir aus den Augenwinkeln wahrnehmen. Wir verlangsamen bloß ein wenig und bleiben stoisch auf Kurs und erst, als wir wieder in die Finsternis eintauchen, drehen wir wieder am Gas. Noch zweimal wiederholt sich dieses mystische Erlebnis und dann haben wir nach etwa 20 Minuten die 24,5 km geschafft und düsen ins Freie. Wir kneifen die Augen zu, denn die Sonne blendet fast schmerzhaft!
Wir halten uns nun rechts und legen den Kopf in den Nacken. Ja, da oben! Winzig klein erkennen wir den Skywalk "Stegastein", auf dem wir gestern gestanden sind! Aber nun geht es schon in den nächsten Tunnel, den Onstadtunnelen.
Kurze 650 m später geht es den Aurlandsfjord entlang bis Flåm. Es ist schwer, einen Blick zu erhaschen, denn wir müssen in den "Fretheimtunnelen" (1,3 km). Hier sind viele Busse abgestellt und so viele Menschen unterwegs. Wir wollen lieber weiter.
Die Straße steigt nun abrupt ziemlich an. Ein schneller Blick Richtung Flåm und schon verschwinden wir im "Flenjatunnelen" (5 km). Der ist jetzt richtig unangenehm! Steil bergauf, schlechter Asphalt, eng, unverkleidet und nahezu unbeleuchtet. Das Licht reicht nicht einmal bis auf die Fahrbahn.
Egal! Angelika unterdrückt sämtliche Angstreflexe und brettert mit 80 km/h tollkühn durch den dunklen Schacht. Kalt ist es unterm Berg und wir sind froh, wieder an der Sonne zu sein! Aber die Freude währt nur kurz und schon düsen wir in das nächste eisekalte finstere Loch, den "Gudvangentunnelen". Noch einmal 11 km halsbrecherische Fahrt unter Tag!
Himmel, wir wollten eigentlich etwas von der Gegend sehen! Jetzt sind wir 70 km gefahren und davon waren 42 km im Berg! Als wir bei der Tankstelle in Gudvangen halten, grinst Didi in seinen Helm. Er weiß, dass Angelika diese unheimlichen Tunnels nicht mag. Und dass sie den Ausflug nach Gudvangen geplant hat. Didi ist froh, dass dieser Tourenvorschlag nicht von ihm kam ...
Warum sind wir überhaupt hierher gefahren? In Gudvangen gibt es nicht nur den dramatischen Naerøyfjord, der es auf Grund seiner Wildheit und Schönheit auf die UNESCO-Welterbeliste geschafft hat.
Wir wollen "Njardarheimr" besuchen! Hier haben Wissenschafter und Wikinger-Fans nach alten Methoden ein authentisches Wikingerdorf aufgebaut und dieses wird sommers auch bewohnt und bewirtschaftet!
Obwohl wir in den schweren Klamotten mittlerweile ziemlich schwitzen, wollen wir das sehen. Die Wikinger wollen Kohle dafür, dass man ihnen durchs Wohnzimmer latscht. Also zahlen wir den Eintritt (195 NOK pP = 20.-), treten durch einen Souvenir-Shop mit allerlei Eisenwaren und stromern dann durch die kleine Siedlung namens "Heim des Wind- und Meeresgottes Njord"! Wir beobachten einen jungen Schmied, der mit kräftigen Schlägen und nacktem Oberkörper glühendes Eisen bearbeitet.
Wir sehen Frauen an Spinnrädern und beim Einsalzen von Fleisch. Und als Angelika neugierig eine der Hütten betritt, erklärt ihr die ebenso dralle wie hübsche Bewohnerin die ursprüngliche Art, Strickwaren herzustellen. Oh, das ist aber interessant!
Wir üben uns noch erfolgreich im Pfeilschiessen (4:1 für Didi) und Axtwurf (3:0 für Angelika) und fühlen uns nun stark und für alle Widrigkeiten gerüstet!
Natürlich ist das alles sehr touristisch, aber heute macht uns genau das Spaß! Jedoch hat es mittlerweile 26°C und die Sonne brennt vom Himmel. So schlendern wir in das Café und finden sogar zwei Plätze im Schatten, direkt an der Hafenkante des Fjords! Hier ziehen wir nun die Klamotten und Stiefel aus und erholen uns. Didi holt fürsorglich Limonade und Hotdogs, Kaffee und schokoladige Muffins. Hier ist es so touristisch, dass die Hotdogs in Deutsch als "Bratwurst" daherkommen! Der Preis hingegen ist norwegisch, ein Hotdog kostet 100 NOK (11.-).
Touristen kommen und gehen an diesem hochsommerlichen Sonntag und wir sitzen lange da und schauen hinaus in den Fjord und hinauf auf glitzernde Wasserfälle an senkrechten Felswänden. Es ist eine unwirklich schöne Gegend! Hier bleiben wir! Hier gehen wir nicht mehr weg!
Erst am frühen Abend machen wir uns auf den Rückweg. Mangels Alternativen geht es die gleiche Strecke zurück, wieder 42 km unter Tag. Wir haben die Idee, den Lærdaltunnelen diesmal auszulassen und noch einmal über den beeindruckenden Snøvegen nachhause zu fahren, jedoch als wir schon fast dorthin abgebogen sind, fängt es durchdringend zu nieseln an. Nein, über das Fjell bei Regen muss nicht sein. Also noch einmal in den Tunnel!
Angelika nimmt sich fest vor, diesmal in einer Halle stehen zu bleiben und zu fotografieren. Bei der ersten Halle verlässt sie spontan der Mut, aber bei der zweiten Gelegenheit nach 12 km steppt sie hart die Gänge herunter und bremst abrupt am rechten Rand der enormen Halle. Sie lässt den Zweizylinder lieber laufen, als sie sich wenige Meter von ihrem Motorrad entfernt, aber die Fotos werden sicher fantastisch!
Jetzt aber schnell weiter und raus! Es war dann noch ein unheimlicher Moment, als die Tunneltechnik die Lüftung einschaltet und wir plötzlich in Schräglage durch Sturmböen im Berg fahren...
Als wir im Lærdalen ans Licht düsen, regnet es in Strömen. Aber wir haben nicht weit heim und so fahren wir noch zu einer offenen Tankstelle und füllen die Tanks randvoll mit dem guten Blifri 95, dann sind wir morgen nicht aufgehalten. Während im Tunnel die Temperatur auf 21°C gestiegen war, hat es jetzt nur mehr 12°C, als wir engagiert durchs Laerdal düsen. Weil es dann aufhört zu regnen, nehmen wir noch einmal die alte Straße für den letzten Streckenabschnitt.
Um 18:30 sind wir zuhause und von der Hitze untertags rechtschaffen müde. Wir löffeln noch einen Teller Travellunch "Pasta Bolognese" und packen unser Zeug zusammen.
Angelika entdeckt am Zündschloss ihrer Transalp einen winzigen Defekt: Der Nubsi, der das Schloss automatisch verschließt, wenn man den Schlüssel zieht, ist weg! Abgebrochen? Ins Schloss hineingefallen? Egal. Einfach ein Stück Gaffa als Schutz draufkleben und gut ists. Damit beschäftigen wir uns nach unserer Rückkehr zuhause.
Dann setzen wir uns mit Kaffee auf die Hüttenterrasse. Wir haben noch ein nettes Gespräch mit einem älteren Ehepaar aus Deutschland, das ihr kleines Moped im Wohnmobil transportiert und morgen den Snøvegen fahren will. Wir gehen bald schlafen, denn morgen gehts weiter! Wir freuen uns schon auf die Strecke, denn sie ist uns seit vorigem Jahr gut bekannt ...
Tageskilometer: 178 km (davon 84 km in Tunnels)
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