Ui, es ist frisch heute morgen in Jelling! Noch schlaftrunken latscht Didi zur Rezeption und holt die warmen, knusprigen Frühstücksbrötchen, während Angelika den leckeren Kaffee anrührt. Es hat nur 17°C aber die Sonne versucht durch die trübe Wolkendecke zu brechen, während wir auf unserer winzigen Terrasse frühstücken.
Wir sind voll gespannter Vorfreude auf einen weiteren Höhepunkt unserer Reise! Um 11:00 tuckern wir über den Schotterweg vom Campingplatz und rollen langsam wenige hundert Meter durch den kleinen Ort. Das "Kongernes Jelling - Home of the Viking Kings" ist nicht zu übersehen! Schnell paddeln wir die Transalps auf den Parkplatz beim Superbrugsen und eilen zum Eingang des UNESCO-Weltkulturerbes. Jelling ist das Zentrum und die Geburtsstätte Dänemarks Wikingerkultur. Dänemarks Geburts- und Taufort!
Wir haben uns bereits vorinformiert und so stiefeln wir ohne Umwege zu den beiden enormen Grabhügeln, die die uralte Kirche umrahmen. Was für eine gepflegte, wunderschöne Anlage! Wir lesen, dass vielen Dänen dieser Ort heilig ist, denn hier wurde der allererste Wikingerkönig Gorm der Alte begraben. Sein hoffnungsfroher Sohn und Nachfolger Harald I. Blauzahn regierte hier und fand im Dom von Roskilde seine letzte Ruhestätte.
Wir steigen auf den hohen Grabhügel hinauf und genießen die Aussicht. Mit weißen Säulen ist die ehemalige Mauer um die Königstempel wieder hergestellt. Auch erkennen wir riesige Steine einer tausend Jahre alten Schiffssetzung und Teile davon liegen immer noch unter der Erde verborgen. Wir sehen die uralte Kirche unter uns und die zwei legendären Runensteine.
Wir eilen den Grabhügel hinunter und gucken. Zwei monumentale Hinkelsteine, über und über mit Runen beschriftet, sowieso UNESCO-Weltkulturerbe! Was für ein faszinierender Gedanke, dass diese beiden Steindokumente seit 1000 Jahren hier an Ort und Stelle stehen!
Der kleine wurde vom 1. Wikingerkönig Gorm dem Alten für seine geliebte Frau errichtet, die er in Runen "die Zierde Dänemarks" nannte. Ha! Die Geburtsurkunde Dänemarks, die erste Erwähnung des Namens! Der zweite Stein, den sein ehrgeiziger Sohn Harald aufstellen ließ, trägt eine Christusdarstellung, eine Ehrerbietung für die Eltern und die Erklärung, dass Harald die Dänen zu Christen machte. Der Taufschein Dänemarks!
Der Wikingerkönig Harald Blauzahn trat 979 nach Chr. zum Christentum über und das war ihm so wichtig, dass er seinen Vater Gorm von dessen heidnischen Grabhügel da drüben exhumieren und in der neuen Kirche begraben ließ. Wir sehen die kleine Bodenfliese im Altarraum, unter der die Überreste von Gorm - nach einem Ausflug ins Nationalmuseum Kopenhagen - seit 21 Jahren wieder ruhen. Bei diesem seinem letzten Begräbnis war sogar die dänische Königsfamilie anwesend!
Bluetooth
Und dann wäre noch die Geschichte von Bluetooth! Warum heißt das Funksystem nach Harald I. Blauzahn? Bluetooth wurde als Standard verschiedener Funksysteme eingeführt und so wie Harald die Dänen einte, so einte Bluetooth bei seiner Entwicklung verschiedene Frequenzen. Die Symbole für Bluetooth, die wir auf unseren Handys haben, sind die altnordischen Runen für Harald (H = ᚼ) Blauzahn (B = ᛒ)!
Wir sind fasziniert! Was für ein großartiger Ort mit sensationellen Anekdoten! Nun aber beeilen wir uns in das monumentale Wikingermuseum, dessen Eintritt uns nach Vorweisen des Impfpasses kostenlos angeboten wird. Den Dänen ist der Besuch so wichtig, dass keine Gebühr verlangt wird!
Das "Königliche Jelling"
Errichtet neben den 1000 Jahre alten Grabhügeln zweier berühmter Wikinger, Gorm der Alte und Harold Blauzahn... Es erweckt Dänemarks blutige Wikingergeschichte durch fantasievolle Spezialeffekte und interaktive Displays lebendig zum Leben, geschickt mit Klängen und Lichtern, Hologrammen, Bildern und Artefakten. Zum Beispiel sitzt man im Bonfire Room um ein Feuer herum, um Wikinger-Abenteuergeschichten zu hören – einschließlich wie Bluetooth zu seinem Namen kam…“ (G. Thomas)
Später stiefeln wir aufmerksam durch das aufwändig gestaltete Wikingermuseum und bewundern die detailreiche Beschreibung dieses Volkes, das in nur knapp 300 Jahren Existenz europäische Geschichte schrieb. Ein leckerer Kaffee und süße Vanilleteilchen im Café beenden unseren Aufenthalt in Jelling. Wir haben es hier so toll gefunden!
Heute fahren wir nur eine kurze Tagesstrecke und so lassen wir uns Zeit, als wir um 14:30 die schmale Landesstraße über Hygum, Tørring und Brædstrup nehmen. Der Weg zieht sich in gemächlichen Kurven gemütlich dahin, vorbei an unendlichen Getreidefeldern und langgezogenen Knicks, die den Straßenrand säumen. Manchmal geht es sogar leicht bergauf und bergab!
Mittlerweile fahren wir in unseren Regenkombis. Immer wieder nieselt es und der trübe Himmel verspricht keine Besserung. Bei Sønder Vissing verlassen wir die bestausgebaute R52 auf einen winzigen und verwachsenen Single Track. Langsam und vorsichtig kurven wir nun auf der R461 durchs Unterholz und durch dichten Wald. Wie schnell sich eine Gegend ändern kann! Wir gucken in die Karte. Irgendwo muss hier doch ein Berg sein?
Unser Ziel ist einer der hohen Berge Dänemarks: der Himmelbjerget! (Er galt sogar mal als der höchste.) Wir cruisen durch den Wald und zwei unspektakuläre Kurven später landen wir auf einem weitläufigen Parkplatz. Sind wir schon da? Während wir die Transalps auf den Stellplatz paddeln fällt unser Blick auf den "Bjerg Kiosken" und das Hotel, das nebenbei das höchstgelegene Dänemarks ist. Hier sind wir richtig!
Unsere letzten Zweifel werden ausgeräumt, als uns einige Bergwanderer in schwerer Montur, komplett mit Karabinern, Tourenrucksäcken und Trekking-Stöcken freundlich grüßen. Wir grinsen freundlich zurück. Dänen in Alpinausrüstung! Nach einem großen Becher dickflüssigen Kakaos latschen wir die paar Meter auf den - wie soll man sagen - Gipfel des Berges.
Wir sind für eine Bergwanderung nicht adäquat gekleidet und fallen in unserem leuchtend gelben Regengewand ziemlich auf. Aber tief in uns sind wir überzeugt, dass unsere Ausrüstung vollkommen ausreichend ist. Der kleine Weg führt lediglich hinüber zur Aussichtsplattform. Wow! In diesem flachen Land reichen 147m für einen sensationellen Ausblick über den See!
Lange schauen wir hinunter auf den langgestreckten Julsø und die sanft geschwungenen Hügel ringsherum. Der backsteinerne, äußerst dekorative Turm wacht stolz über die Landschaft und ist seit 125 Jahren ein weithin sichtbares Denkmal für Demokratie und Verfassung.
Als wir zu den Motorrädern zurück stiefeln, beobachten wir eine dänische Familie, die neugierig unsere Kfz-Kennzeichen fotografiert. Was suchen die da? Was finden die da so spannend? Als wir uns nähern, entfernen sie sich so höflich wie unauffällig. Erst viel später wird uns einfallen, was ihr Interesse geweckt hat! Wir tragen vermeintlich den Dannebrog, die dänische Flagge auf unseren Wiener Nummernschildern! (check)
Noch 25 km bis zu unserer Unterkunft. Es regnet wieder, als wir die R445 bergab nehmen und auf den weiten Kurven durch den Wald etwas Gas geben. Bald erreichen wir die Kleinstadt Silkeborg, die wir auf der R52 westlich umrunden.
Eigentlich wollten wir eine Hütte auf dem schönen Campingplatz mieten, aber wir haben erfahren, dass man dort die Motorräder nicht auf den Platz mitnehmen darf sondern außerhalb parken muss. Das gefällt uns nicht! Daher fällt der Campingplatz aus und wir cruisen auf der kleinen Landstraße durch das verschlafene Nest Kragelund am Rande der Stadt.
Fast hätten wir das selbstgemalte Schild übersehen, das mitten in den Wald auf einen kleinen Schotterweg verweist! Wir holpern in angemessenen Tempo ins Dickicht und ganz unvermutet sind wir da. Oh, hier ist es schön! Wir landen auf einer Lichtung mitten auf dem gepflegten Anwesen von Lindy und Janne, der uns schon freundlich lächelnd erwartet.
Alles ist ganz wunderbar hier und nach einem Teller Travellunch und ein paar Keksen hört es auch zu nieseln auf. Wir machen noch einen Spaziergang durch die urwaldähnlichen Wälder von Frederiksdal und inspizieren neugierig das ein oder andere halb verfallene Haus im Wald. Sogar ein hübsches Arboretum ist hier angelegt, allerdings verhindert die plötzlich einbrechende Dunkelheit eine schnelle Besichtigung.
Nach einem ausgiebigen Gespräch mit zwei Nachbarn, die uns über die bizarren Traditionen dänischer Abiturienten aufklären (hauptsächlich geht es um Alkohol, zerbissene Uniformmützen, Alkohol, nächtelangen Partys und ... erwähnten wir schon Alkohol?) beenden wir diesen spannenden Tag. Morgen werden wir wieder mehr Motorrad fahren!
Tageskilometer: 85 km
Denn morgen geht es nach Skagen: >> klick