4. Tag: Arvika - Falun - Årsunda

Wir sind zu unchristlicher Zeit aufgestanden, denn heute haben wir eine lange Etappe und eine Besichtigung vor uns! Um 8:30 haben wir schon ein episches Frühstück mit einem Häferl Kaffee und Lakritz und einen Begeisterungssturm über sonnig-wolkenlose 12°C hinter uns, als wir auf die Transalps klettern. Die Sitzbänke haben wir vorher sorgfältig trockengewischt.

Der beste Weg zum Ziel ist die R61 "Karlstadvägen". Die Straße führt in sanft geschwungenen Kurven - und nicht jede verdient diesen Namen - durch dichte und einsame Nadelwälder.

Selten blitzt ein falunrotes Haus durchs Dickicht und ab und zu überwiegen hohe Birken mit ihrem hellen Grün. 50% von Schweden ist von Wald bedeckt und im einsamen "Värmland" bekommt man einen guten Eindruck davon.

Als wir Sunne passieren, hat die Straße wohl mehrfach den Namen, nicht aber die Qualität verändert. Unbemerkt fuhren wir auf der R268 und sind nun wieder auf der E45. Die einzige Abwechslung sind die streckenweise massiven Abholzungen, die den Blick auf einen kleinen See oder eine winzige Siedlung freigeben.

Ob das ganze Holz an den Möbelschweden geliefert wird? Ist hier das Kinderzimmer von BILLY und IVAR oder ist das nur eine hübsche Idee?

Wir sind nun auf der R241, ein schmaler und wunderschöner Weg durch flaches Land. Der undurchdringliche Zauberwald verschwindet manchmal zu Gunsten weiter Felder oder kleiner Seen. Die roten Häuser machen wunderhübsche Farbkleckse in das unendliche Grün!

Wir sind nun 80 km gefahren und nun wäre ein Frühstück fein. Hungrig entern wir bei Munkfors eine OKQ8-Tankstelle und holen uns leckere Hotdogs. Die Schweden verstehen was von Fastfood, auch wenn wir die Toppings wie Shrimps, Salat, Zwiebel etc. lieber weglassen. Da sind wir Puristen! Nur Ketchup und diese leckere weiße Sauce, die es bei uns nicht gibt, darf drauf...

Frisch gestärkt gehts weiter und wir lassen die Transalps gemütlich dahinlaufen. Es ist eine unaufgeregte Fahrt durch dichte Wälder und unendlich flaches Weideland, nur unterbrochen durch eine kurze Pause bei Hagfors sowie Fredriksberg, wo wir zum Kaffee lecker-fluffige Waffeln mit Marmelade jausnen, für alles etwa 13.- zahlen und lange mit der entzückenden Chefin plaudern.

Wir sind ziemlich alleine auf diesen Straßen durch die Wildnis! Verkehr ist keiner, nur ganz selten kreuzt ein Volvo älteren Baujahrs unseren Weg.

So ziehen wir unsere einsamen Bahnen und freuen uns über die Abwechslung, wenn wir an einem der unzähligen Seen vorbeikommen. Das Wetter scheint zu halten, nur selten verdecken Wolken die Sonne, meistens hat es 15°C! Perfektes Motorradwetter!

Wir sind nun in Dalarna, einer von 21 Provinzen Schwedens. Je näher wir der Provinzhauptstadt Falun kommen, desto breiter und gerader wird die Straße. Die E16 macht uns jetzt keine Freude, daher wechseln wir bei Amsberg auf die schmale und einsame R293. Wir haben es ja nicht eilig und heute haben wir wirklich Fahrspaß!

Um Punkt 15:15 durchfahren wir das hölzerne Einfahrtstor zur berühmten Kupfermine von Falun. Schnell die Motorräder auf den sauberen Schotterparkplatz parken und zum Ticketschalter. Oh, verdammt! Wir hätte es doch besser eilig gehabt, denn die Besichtigung des Bergwerks endete vor 15 Minuten.

Auch das Museum und der Shop des UNESCO-Weltkulturerbes schließen schon! Wir vergewissern uns mehrmals, aber es bleibt dabei: an einem Samstag der Vorsaison geht ab 15:00 nichts mehr. Vor allem die Schließung des Shops trifft Angelika schwer, hat sie doch so eine Vorliebe für diese Geschäfte mit Kleinigkeiten und Tand.

Wir hätten uns nach Svenjas bunter Erzählung über die Führung durch die Falu Gruva wirklich darauf gefreut, aber wir lassen uns das jetzt nicht verderben. Gemütlich spazieren wir am Grubenrand entlang. Etwa 100 m unter uns stehen zwei Bagger, die von hier aus winzig klein aussehen. Das Gestein im Krater glänzt im Sonnenschein in vielen Rottönen und wir sehen die Holzhütte, bei der die Besucher in den Berg hinabfahren.

Während Didi die vielen Schau- und Infotafeln studiert, wirft Angelika Google an. Was hat das international bekannte Frauensymbol zu bedeuten, das hier überall angebracht ist? Schnell wird klar, dass dieses Zeichen auch für das Element Kupfer steht, das dieser Stadt im 17. Jhdt. großen Reichtum brachte. Und für die Liebesgöttin Venus. Ein schöner Gedanke!

Als wir vom Schauen genug haben, entern wir einen hübschen Tisch vor dem Cafe Gjuthuset, das am Abgrund der 1992 geschlossenen Grube steht. Ein großes Häferl Kaffee passt jetzt hervorragend zu den extrem leckeren Blaubeer-Muffins, die hier im "Gußhaus" verkauft werden. Wir sitzen mampfend im Sonnenschein und haben Urlaub. Gibt es Schöneres?

Hier erfahren wir auch das Geheimnis der roten Häuser in Skandinavien. Das Farbpulver wird seit 1616 aus dem Abfall der Gesteinsverarbeitung in der "Hölle von Falun" gewonnen. Weil es an noble Backsteinhäuser erinnert, wurde die Rödfärg in Schweden und später auch in den Nachbarländern ein Kassenschlager.

Das Rot gilt heute als Nationalfarbe beim Hausbau. Leider reichen die Vorräte nur mehr etwa 50 Jahre. Dann wird man wohl auf die RAL-Farbe 3103 des örtlichen Baumarkts zurückgreifen...

Wir lesen auch die nette Legende: Das erste rote Erdpigment soll von einer Ziege entdeckt worden sein, die mit ihren Hörnern in der Erde scharrte und zum Entsetzen der Dorfbewohner in der Provinz Dalarna plötzlich mit blutroten Hörnern herumlief.

Nach dieser langen Pause schwitzen wir in unseren Motorradklamotten und wollen weiter. Wir packen die nächsten 100 km des Tages. Wir cruisen flott über die E16 und durch kilometerlange undurchdringliche Wälder und verwilderte Gegend. Einsam ist es hier und wegen dem nicht vorhandenen Verkehr ist es richtig gemütlich zu fahren. Bis auf eines!

Bei uns wäre undenkbar, Schnellstraßen oder Autobahnen mit ungeregelten Kreuzungen, Einfahrten und Querverkehr zu konstruieren! Hier aber wartet hinter der nächsten Kurve gelegentlich ein alter Volvo, der bei gutem Wind die Autobahn überquert oder auf diese auffährt. Mangels Beschleunigungsstreifen zwanglos im Schritttempo. Diese Aktionen lassen uns manchmal das Blut in den Adern gefrieren!

Bei Kungsgården verlassen wir die breite Straße und biegen auf den winzigen und kurvig-engen Gavelstigen ein. Dieser kleine Single Track, der nummernlos rund um den Storsjön-See und durch dichten Wald führt, bringt uns etwa 20 km später zu unserem Quartier beim Strandbad Årsunda. Wir beziehen die kleine Hütte hinter dem Schranken mit dem Eintritts-Code um Punkt 18:00. Jetzt haben wir Hunger bekommen!

Während der Regen stärker wird, rühren wir Travellunch an, versorgen unser Zeug und sichern Fotos und Filme auf die SD-Card in unserem Tablet. Dietmar huscht später noch schnell ´rüber zur Gemeinschaftsdusche, während Angelika sich heute nicht überwinden kann, die kuschelige Hütte nochmals zu verlassen. Es war ein langer Tag und während wir einschlafen, trommelt unaufhörlich liquid sunshine auf unser Dach...

Tageskilometer: 383 km

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Das war ein interessanter Tag!

Falun

Schade, dass Falun nicht geklappt hat. Aber da müsst ihr unbedingt wieder einmal hin, die Führung zahlt sich unbedingt aus!

Grüße
Joe

Antw.:Falun

Hei!
Klar steht Falun auf der Liste fürs nächste Mal! :-)
Grüße aus Wien/Linz!

Vildmarks Café

Es hat was von Western-Saloon mit Pferden davor, wie eure Transalps vor dem Vildmarks Café parken. Den Laden hab ich mir sofort in mein Google Maps eingetragen.

Schade, dass ihr in Falun nicht mehr in die Grube fahren konntet, aber der offene Tagebau ist auch interessant anzusehen. Diese vielen Abstufungen von Rot, Braun und Ocker sind ein Hingucker.

Oh, die Hütte. Die sieht so gemütlich aus. Und sogar mit Gartenmöbeln auf der Terrasse. Wie schön. Ja, nach einem solchen Regentag ist eine Hütte fast schöner, als ein nasses Zelt. Hmpff...

383 km. Wow, das ist eine Etappe. Schlaft schön...

Antw.:Vildmarks Café

Oh das Café! Eigentlich nichts Besonderes, aber wir haben so schöne Erinnerungen daran. Diese herzliche Gastfreundschaft, diese Wärme an diesem Außenposten der Zivilisation. Und die süße Theke! Und gratis Refill vom wirklich leckeren Kaffee! Sensationell.

Falun bin ich zwiespältig. Einerseits doch ärgerlich, wenn man das verpasst. Andererseits hätte Didi alleine reinmüssen. Ich. Geh. Nicht. Da. Rein. *zitter*
;-)

Ob eine Hütte wirklich schöner ist im Regen? Nun, praktischer ist sie sicher. :-D

*umärmel* Geli

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zuletzt aktualisiert am 11.11.2024