5. Tag: Møn - Die Insel

Könnte ein Tag schöner beginnen?

Wir haben Urlaub, die Sonne scheint und vor uns liegt ein Sackerl vom Brötchenservice mit knusprigen Weckerl und Zimtschnecken! Es ist erst 8:00 Uhr, als wir frisch geduscht und aufgeräumt beim Morgenkaffee auf unserer Terrasse sitzen. Der Campingplatz glitzert im Morgentau und wir haben unsere Transalps schon trocken gewischt.

Pünktlich um 11:00 Uhr tuckern wir mit unseren Motorrädern den steilen Weg zur Rezeption hinauf. Svenja erwartet uns schon schmunzelnd. Das wird heute ein Abenteuer. Für uns alle Drei! Wir sind erklärte Urlaubsautisten und das Fahren zu Dritt während eines Motorradurlaubs nicht gewohnt! Wir sind gespannt, wie kompatibel das alles wird. Unsere Vorlieben sind doch ziemlich verschieden. Grobstolliges Endurowandern und Motorrad-Kulturreisen!

Weil sich Svenja auf Møn besser auskennt als wir, folgen wir ihr unauffällig. Sie kennt winzige Schleichwege und so rollen wir bald zügig hügelauf und hügelab Richtung Inselmitte. Hübsche und verwachsene Hohlwege bieten manchmal Schatten und das ist gut so! Es wird ein sehr heißer Tag.

Schau, da ist die Alpaka-Weide! Vorbei an den staunenden Paarhufern bollern wir den bekannten Weg hinunter nach Klintholm Havn. Wir hoffen, dass das hübsche Hafencafé offen hat! Das "Pier to Heaven" mit dem Whisky-Verkauf aus Nyord! Doch leider, alles ist bereits fest verschlossen. Nun ja, heute ist der 5. September, die Saison ist vorbei!

Svenja hält an einer Baustelle am Ufer und macht ein paar aussagekräftige Fotos, die sie ihrer Freundin zeigen will. Doch nicht die potthässlichen modernen Betonwürfel in fröhlichem Dunkelgrau sind von Interesse. Es ist der Platz an sich! Claudia hat hier vor vielen Jahrzehnten wunderbare Kindheitstage verbracht, als ihr Berlin noch in Trümmern lag und Städter dringend Erholung suchten. Wir versuchen, den kleinen Hafen mit den Augen von damals zu sehen. Vermutlich hat sich bis heute gar nicht viel verändert.

Wir vereinbaren die nächste Besichtigung: Eine Eismanufaktur! Obwohl Svenja kein besonderer Fan von Gefrorenem ist, hat sie dieses Unternehmen ausfindig gemacht. Wir vermuten, dass sie speziell uns eine Freude damit machen will. Also fahren wir dorthin! Unglaublich, dass die Leute auf Møn ihr eigenes Eis erzeugen.

Irgendwo zwischen Klintholm Havn und Stege biegen wir Richtung Meer ab. Ein schönes Schild "Møn Is og Gårdbutik" weist den Weg. Hunderte schwarzweiß gefleckte Kühe - die Hauptakteure der Eis-Erzeugung! - beobachten uns von ihrer saftigen Weide aus, als wir unsere Motorräder auf den schattigen Parkplatz paddeln. 

Heute ist hier kein Produktionsbetrieb. Das macht nichts! Svenja, die Eilig-Reisende passt sich nun unserem Tempo an, als wir in die weitläufige Verkaufshalle stiefeln. Das Mantra "Wir haben doch Zeit!" hilft ein wenig. Meist reicht ihr ein schneller Blick auf eine Sehenswürdigkeit, während wir bei Besichtigungen auf Slow Motion schalten und das ist vielleicht der größte Unterschied unserer Motorradreisegewohnheiten!

Wir überreden sie zu einer kleinen Verkostung und bald sitzen wir im modernen Café und löffeln ein paar Eissorten. Super-Bio, super-frisch, super-handgerührt und richtig köstlich, was die Leute hier erzeugen! Noch ein starker Kaffee und ein Blick auf die Waren, die die Bauern der Umgebung hier zum Verkauf anbieten und wir sind wieder weg. Das war toll!

Ein wenig später tuckern wir gemütlich über die winzigen Güterwege über Tastrup und Svensmarke Richtung Stege, der Inselhauptstadt. Mehrmals kreuzen wir die Margeritenroute, die mit dem bekannten Zeichen ausgeschildert ist. Wir hatten einmal die Idee, diese Route quer durch Dänemark abzufahren doch die inflationäre Ausbreitung dieser Touristenroute hat uns den Spaß verdorben. Mittlerweile ist jede hübsche Kurve im hintersten Winkel Dänemarks Teil der Route, was die Idee irgendwie entwertet.

So verschieden Svenja und wir reisen, eine Gemeinsamkeit gibt es zweifellos: Gutes Essen ist wichtig! Deshalb konnten wir uns auf folgendes Ziel leicht einigen: Die "Spisestedet" im alten Hafen von Stege! Wir bekamen hier schon sensationelle Smørrebrød und Stjerneskud und voriges Jahr war plötzlich zugesperrt und wir waren enttäuscht.

Doch die Imbisshütte hat einfach nur neu eröffnet und heißt jetzt "Havnegrillen"! Was für ein Glück! Es dauert nicht lange und wir tragen unsere gut beladenen Teller hinter die Hütte. Die heißen Smørrebrød mit gebackenem Fischfilet in der Vitrine sind jetzt alle!

Hier hat jemand mit Hirn umgebaut, denn jetzt stehen hier neue Tische mit Blick auf die Segelboote! Für unsere späte Mittagspause lassen wir uns viel Zeit. Zu schön und ungewöhnlich ist die Situation für uns Drei!

Heute ist Dienstag und Slagter Stig hat geöffnet. Der bekannte Fleischhauer von Stege hat eine fantastische heiße Theke und wir kaufen ihm einige Spezialitäten ab. Für unser Abendbuffet! Zum Glück hat er auch traditionelles "Æbleflæsk", eine absurd klingende Kombi aus Apfelmus und Stelze, aber schon der Duft ist verführerisch!

Langsam machen wir uns auf den Rückweg. Aber lass uns noch etwas nachsehen! Es war der Corona-Sommer 2021, als wir unsere erste große Dänemarkreise unternahmen und unsere erste Unterkunft war hier auf Møn, bei Claus und seinem Hündchen Armani. Wir haben die beiden schnell liebgewonnen. Dieses Haus und sein ungewöhnlicher Gastgeber haben für uns alles verkörpert, was wir an Dänemark heute so mögen!

Umso trauriger waren wir 2022, als wir Claus besuchen wollten und vor dem verlassenen Gebäude standen. "TIL SALG" stand auf dem Schild. Wo ist er hingegangen? Hat er seinen Traum von einem B&B in Schottland wahrgemacht? Auch die liebe Wirtin im Pub von Stege wusste nicht, was aus ihm geworden ist...

(Juni 2021)

Nur Minuten später parken wir vor dem kleinen gelbgestrichenen Anwesen, das unverändert scheint. Bis auf die beiden jungen Frauen, die fröhlich lächelnd aus dem Haus treten. Wir stellen uns vor und erzählen von den wunderbaren Tagen, die wir hier erlebten. Da verdüstern sich die freundlichen Gesichter der beiden. Sie haben das Haus von Claus gekauft, er sei sehr krank geworden und wohne nun in Stege. Man sieht uns unseren Schreck vermutlich an, denn sie laden uns herzlich ein, hereinzukommen und uns umzusehen, weil wir so gerne hier waren!

Mit stockender Stimme lehnen wir das so freundliche wie ungewöhnliche Angebot ab. Nein, nein, wir wollten keinesfalls stören! Die beiden versprechen uns, zumindest Grüße zu überbringen, wenn sie Claus das nächste Mal besuchen. Wir sind ganz verdattert über so viel Freundlichkeit und Offenheit. Was sind diese Dänen doch für ein außergewöhnliches Völkchen! Wir beeilen uns, wegzukommen und die beiden Freundinnen winken uns noch lange nach.

Obwohl Møn eine winzige Insel ist, gibt es doch einiges anzuschauen. Svenja hat etwas Interessantes gefunden und wir kurven vertrauensselig hinterher.

Als sie schwungvoll auf einen kleinen Wiesenweg einbiegt, zögern wir etwas. Ihr Lieblingsprofil am Navi lautete einmal "Mad Motocross-Driver On A Stolen Motorbike Giving A Shit For Any Rules"! Sie lenkt ihre federleichte 250er Kawasaki routiniert über die nasse, schwere Erde und hält abrupt auf einer Lichtung an. Nun guckt sie  konzentriert auf ihr kleines Display.

Wir folgen vorsichtig (Dietmar) und fluchend (Angelika) über den aufgeweichten Boden, denn noch sind unsere nagelneuen Transalps ungewohnt auf solchem Terrain! Es ist nun offiziell: Wir haben uns verfahren. Wo ist bloß der "Museumsgården Venner Møn"? Vielleicht das wuchtige Gebäude da drüben?

Für Svenja wäre es kein Problem gewesen, einfach quer über den sumpfigen Acker zu fräsen, aber wir nehmen lieber ordnungsgemäß den kleinen Zufahrtsweg außen herum.

Nur Minuten später stiefeln wir interessiert rund um den uralten Museumshof. Dass vorgestern der letzte Öffnungstag 2023 war, stört uns nicht besonders. Als Motorrad-Kulturreisende haben wir genug Phantasie, um solch alte Höfe vor unserem inneren Auge wieder zum Leben zu erwecken.

Man kann trotzdem genug bestaunen, was die Familie Hans Hansen in vielen Jahrhunderten an ihrem wohlhabenden Stammsitz zusammengetragen und konserviert hat. Der Name blieb unzählige Generationen lang unverändert und auch heute wird der Museumsverein von einem Herrn Hansen geführt.

Auch ein kleiner Wildcampingplatz liegt hier und es ist vor allem die Stille dieser Gegend, die uns gefangen nimmt. Das einzige Geräusch ist das Brummen der ein oder anderen Hummel, die zufällig vorbeikommt und das sanfte Schnauben der kleinen Pferde, die hier schmuck auf der Weide herumstehen.

Als wir genug haben - Svenja hat sich angesichts von so viel Kultur tapfer gehalten und interessiert die Wiese fürs Wildcampen inspiziert! - fahren wir zügig zurück zum Campingplatz am östlichen Ende der Insel. Wir sind furchtbar verschwitzt, denn es hatte den ganzen Tag fast 30°C und eine kalte Dusche tut jetzt not! Unglaublich, welche Temperaturen Anfang September hier herrschen!

Es ist 19:00 Uhr als wir uns wieder auf unserer Terrasse treffen. Was für ein grandioser Abend! Wir haben unser Buffet noch um die Köstlichkeiten von Slagter Stig ergänzt und mampfen und feiern bis spät in die Nacht! Die haben hier übrigens eine erstaunlich gute Weinauswahl am Campingplatz...

Tageskilometer: 67 km

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Die Schönheit kleiner Dinge

Toll!

Fettes Lob von mir für diesen Bericht! Gefällt mir sehr gut.
LG Mischa

Antw.:Toll!

Danke schön fürs Mitlesen!
Geli

Danke

für den schönen Bericht! Die Fotos sind einmalig und ich kann eure Stimmung super nachfühlen.
LG TinA

Antw.:Danke

Danke für das liebe Kompliment!
Geli

Eis und Fisch und Æbleflæsk

Für die Irrfahrt muss ich mich heute noch entschuldigen. Es war nicht nett, euch auf eine nasse Wiese zu lotsen. Mein Navi wollte durch den Graben und quer übern Acker. Aber ihr seid ja ganz cool über die Wiese getuckert, als wenn nix gewesen wäre. :-)

Die Einkehr in der Eishalle der Gårdbutik war so schön. Sie haben da eine ganz einzigartige Atmosphäre geschaffen. Doch, da fahre ich mal wieder hin.

Und die kleine Campingwiese am Museumshof, wo man 5 Euro in eine Holzschachtel werfen soll, wenn man da übernachten will, wird mein Plan B, falls "unser Camp" mal überfüllt ist, oder sich einer partout nicht von "meinem" Platz vertreiben lässt. Dort muss abends eine wunderbare Stimmung herrschen.

Zum Thema Margeritenroute kann ich nur sagen: Stimmt. Inzwischen gehört ein zu großer Teil des dänischen Straßennetzes dazu. Die Margeriten brauchen dringend einen Kurator, damit sie wieder interessanter werden.

Eis aus der Gårdbutik, "Füsch" am Hafen und Æbleflæsk von Slagter Stig gehören zu einer Mön-Tour dazu. Noch etwas? Woher sollen wir das jetzt schon wissen?

Wenn ich die schönen Aufnahmen sehe und den liebevollen Text dazu lese, könnte ich sofort wieder losfahren.

Ein wunderbarer Reisetag ist das geworden.

Svenja

Antw.:Eis und Fisch und Æbleflæsk

Das war ein Tag, hm? Ich erinnere mich so gerne daran und auch die "Irrfahrt" war letztendlich ein Riesenspaß, auch wenn ich damals ziemlich in den Helm geflucht hab. :-)))
Ich glaube, wir haben die Tage auf Møn gut genutzt und viel gesehen und unternommen, nicht wahr? ;-)
Grüßli, Geli

Antw.:Antw.:Eis und Fisch und Æbleflæsk

Ja, das haben wir. Ihr habt es so gut beschrieben, dass ich mich kurz fassen kann, wenn ich davon berichte :-)))

Antw.:Antw.:Antw.:Eis und Fisch und Æbleflæsk

Nönönö, so geht das nicht! :-)

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zuletzt aktualisiert am 17.4.2024