5. Tag: Møns Klint/Møn

Heute sind wir so richtig in Dänemark angekommen! Die Ruhe, die das Land ausstrahlt, hat uns bereits angesteckt, als wir um 9:00 in Claus´ schöner Wohnküche ein leckeres und unkonventionelles Frühstück knabbern. Die dänische Gewürzwurst auf seinem selbstgebackenen Steinzeitbrot schmeckt aber wirklich zu lecker! Hier gibt es auch noch richtige Butter! Gelb, fett und saftig und nicht die blassweiße, fett-, kalorien- und geschmacksbefreite Pampe, die man bei uns oft als Butter verkauft bekommt.

Den Rest des Vormittags tun wir .. nix! Es hat mittlerweile strahlendsonnige 31°C und wir fläzen auf der großen Terrasse in den weichen Polstermöbeln, chillen im hübschen blumengeschmückten Hof des ehemaligen Bauernhauses und schauen in die Ferne aufs Meer. Heute ist der fünfte Reisetag und wir sind ein bissl müde geworden. Während Angelika versucht, etwas Urlaubsbräune ins Gesicht zu zaubern, schreibt Didi die Tagesberichte in sein kleines blaues Buch. Sie werden einmal die Grundlage für unsere Reiseerzählungen bilden.

Es ist 13:30, als wir uns an den Plan erinnern, die Klippen von Møns Klint wiederzubesuchen. Wir waren vor drei Jahren schon mal dort und die Gegend hat uns wirklich fasziniert! Angelika hat auch noch den kleinen Klintholm Havn auf der Karte entdeckt, den nehmen wir auch noch mit. Und vielleicht geht sich abends noch ein Kurzbesuch auf Schloß Liselund aus?

Plötzlich erwacht die Abenteuerlust und die Neugier und wir schlüpfen schnell in die Motorradsachen. Puuhhh, es ist ziemlich warm geworden, als wir uns auf dem kleinen Pfad Richtung Stege auf den Weg machen. Møn ist eine kleine Welt für sich, man kann sich nicht verirren! Klintholm Havn ist gerade mal 20 km entfernt. Deshalb halten wir uns einfach nahe am Meer und fahren nach der Karte.  

Wir machen eine interessante Entdeckung, als wir winzige Bauernweiler wie Keldbylille, Råbymagle und Busemarke durchfahren: Nahezu jedes Haus, jede Straßenecke und manchmal jeder Baum trägt das gleiche auffällige Schild: "Touristen? Ja bitte - Ferienfabriken? Nein danke

Ist hier etwas geplant? Oder kämpfen die "Freunde der Hjelm Bucht" hier präventiv gegen den Overtourismus, der weltweit zum Problem geworden ist? Auf jeden Fall werden wir diese Plakate überall auf der Insel finden!

Wir tuckern auf winzigen Wegen Richtung Osten. Die Landschaft ist unspektakulär, aber darum geht es in Dänemark nicht. Die sanften Hügel und unendlichen Weideflächen laden einfach zum Loslassen ein. Das ist es! Das macht den Charme aus! Wir sind uns sicher, das Geheimnis eines Dänemarksurlaubs entdeckt zu haben, als wir bei den drolligen Alpakas rechts abbiegen und direkt auf Klintholm Havn zusteuern.

Was für ein traumhafter, idyllischer Ort! So stellt man sich einen kleinen Inselhafen vor. Die Anlage hier steht den kleinen Marinas auf den beliebten griechischen Inseln um nichts nach! Heute ist der 28. Juni und Klintholm Havn ist ein reiner Freizeithafen für schöne Segelboote und kleine Ausflugsschiffe. Die Zeit der harten Fischerarbeit ist heuer schon vorbei. Im Herbst und Winter ist hier Hochbetrieb für die Herings- und Kabeljaufischer und bis April holen große Schlepperboote Unmengen an Lachs aus der Ostsee! Nun ist nichts mehr davon zu merken.

Wir lassen die Transalps an der Hafenkante stehen und entern den kleinen Imbiss, der mit schweren Holzbänken Gemütlichkeit verspricht: "Pier to Heaven" steht an die Außenmauer gepinselt. Wir holen uns von der kleinen Theke leckere Sandwiches, Kaffee und Rhabarberschorle und lehnen jetzt cool an der Bar und schauen über den Hafen. Wir sind begeistert! Was für eine Ruhe, was für eine Schönheit hier über der Gegend liegt!

Der nette Typ an der Bar schenkt uns ein Info-Blatt über das Café, das eigentlich nur ein sommerlicher Außenposten eines noblen Spirituosenerzeugers von der Insel Nyord ist. Nyord? Wir haben einen Plan für morgen! Nun spülen wir die leckeren Kekse mit dem letzten Schluck Kaffee hinunter. Wir wollen weiter!

Es ist nur ein Katzensprung auf dem sehr schmalen Kraneledvej und nur 8 km später tuckern wir durch den dichten Wald, der irgendwo da vorne durch die Kreidefelsen begrenzt wird (>> Clip). Der geschotterte Waldweg ist vollkommen ausgetrocknet und jedes Fahrzeug zieht große Staubwolken hinter sich her. Eine Zeitlang rollen wir bergauf und bergab, bis sich plötzlich rechts der weitläufige Parkplatz des GeoCenter eröffnet. Die VISA-Card funktioniert, der Automat bucht 5 EUR ab und schon öffnet sich der Schranken, unter dem wir uns beide gleichzeitig durchquetschen.

Eigentlich war der ehrgeizige Plan, heute Dänemarks längste Treppe zum Strand hinunterzusteigen und die 128 m hohen strahlendweißen Kreideklippen von unten zu betrachten. Vor drei Jahren haben wir das auf den nächsten Besuch verschoben. Aber auch heuer stehen wir vor dem Beginn der Maglevand-Treppe und schauen zweifelnd in die Tiefe. 497 Stufen? Im Motorradgewand? Bei 31°C? Schnell entschlossen verschieben wir die Fossilienjagd am Strand von Møns Klint zum zweiten Mal...

Stattdessen wandern wir ein paar Meter über den Holzpfad, den wir schon kennen, durch den Wald und versuchen, eine gute Foto-Perspektive der Kreidefelsen von oben zu bekommen. Uns ist zu heiß und deshalb brechen wir das Unternehmen rasch ab. Wir werden dann einfach ein Foto von 2018 in die Reiseerzählung tun. Dann merkt das niemand. Stattdessen kaufen wir bei einem kleinen Kiosk eiskaltes Mineralwasser, das wir in einem Zug leeren und stiefeln wieder zu den Motorrädern.

Kurz später schlingern wir vom großen Schotterplatz und tuckern über den staubigen Waldweg Richtung Stege. Der holprige Pfad ist für Angelika unangenehm zu fahren, immer wieder gibt es tiefe Schotterstellen, die ein entspanntes Fahren unmöglich machen und die Sonne wirft grelle Lichtflecken auf die Fahrbahn, was mit den Staubwolken eine ziemlich miese Sicht ergibt. 

Irgendwann ist es geschafft und wir verlassen den dunklen Wald beim Campingplatz, auf dem wir uns 2018 so wohlgefühlt haben! Nur ein rascher Blick auf unsere ehemalige Hütte und schon biegen wir scharf rechts ab: "Liselund Slot 3" steht auf dem Pfeil und dazu das international bekannte Zeichen für eine Sehenswürdigkeit. Hier sind wir richtig!

Ein schön geschwungener Single-Track führt zum Waldparkplatz von Schloss Liselund. Der Park, der in allen Touristeninfos als einer der schönsten in Dänemark beschrieben wird, schimmert bereits durch die hohen Bäume. Wir schwitzen mittlerweile gewaltig und die dunstige Schwüle des Waldes macht das nicht angenehmer!

Jacken und Helme bleiben bei den Motorrädern, während wir motiviert zu dem großen gelben Schloß stiefeln, das wir da vorne auf der Lichtung erkennen. Was für ein repräsentatives Haus! Die hübsche Fassade leuchtet im Sonnenschein und elegante Kellner servieren wohlhabenden Gästen noble Getränke auf die Terrasse. Wir umrunden das Haus und freuen uns an dem Anblick. Das Café sperrt leider schon zu. Was für ein Mist!

Das ist etwas, das wird uns in Dänemark noch oft beschäftigen: Die Sperrstunde um 17:00. So gut wie alles, auch Museen, Ausstellungen und viele Lokale schließen bereits am frühen Nachmittag und das ist für uns Langschläfer und Spätfrühstücker durchaus ein Problem! Wir müssen uns ein wenig umstellen, um nicht ständig vor geschlossenen Toren zu stehen. Tja, da kommt uns der Süden gelegener: Da fängt das Leben am frühen Abend erst an!

Während wir vor der Weiterfahrt noch im Park - für einen Rundgang durch die romantische Anlage ist es uns zu heiß  - auf einer Bank sitzen und die letzten Reste vom Mineralwasser schlürfen, gucken wir in den Prospekt von Schloß Liselund. Moment. Hier stimmt etwas nicht?! Etwas auf der Karte kommt uns seltsam vor. Kann es sein, dass....

Das gelbe Schloß ist nicht Schloß Liselund! Es ist schlicht und einfach ein teures Hotel, das findige Touristiker vor etwa 120 Jahren in den Schloßpark gestellt und "Ny Slot Liselund" - Neues Schloß Liselund - getauft haben. Wir schauen uns an. Ok, jetzt aber sind wir neugierig geworden. Wir drehen eine kleine Runde durch den weitläufigen Schloßpark im englischen Stil und entdecken, was der Prospekt so hübsch beschreibt! Wir finden ein Schweizerhaus, ein Norwegerhaus ... oder das, was man sich im 18. Jhdt. so darunter vorgestellt hat.

Und jetzt finden wir das kleinste Schloß Dänemarks! Das uralte Schloß Liselund, das in bescheidener Schlichtheit in einer Ecke steht, hat ein verliebter Ehemann im Jahr 1783 gekauft und seiner Frau Lisa geschenkt. Ein Lustschloß, ein romantisches Liebesnest sollte es sein! Der Plan scheint funktioniert zu haben, denn die Frau überlebte ihren Antoine um viele Jahrzehnte und lebte bis zu ihrem Tod in ihrem geliebten Häuschen.

Bevor wir zu den Motorrädern stiefeln, bewundern noch den kleinen Globus im Vorgarten. Er ist eine exakte Miniaturkopie des berühmten Nordkap-Denkmals und wurde von den Eheleuten aus purer Reiselust vor ihrem Haus aufgestellt. Was für eine gute Idee! (Und wo gibt es eigentlich so etwas zu kaufen?!)

Wir sind müde geworden und die Hitze hat immer noch nicht nachgelassen. 30°C in Dänemark am frühen Abend? Damit haben wir nicht gerechnet. Wir klettern auf die Hondas und fegen sportlich vom Platz. Über den schönen sanfthügeligen R287 geht es heimwärts. Obwohl dies die kleine Hauptstraße von Møn ist, herrscht an diesem Montag Abend kaum Verkehr. Wir haben einen wunderbaren Ausblick auf die berühmte Kirche von Borre, können uns aber nicht überwinden, nochmals für eine Besichtigung abzusteigen.

Auch an der Elmelunde Kirke mit ihrem keltischen Grabhügel, die wir 2018 schon ausgiebig bewundert haben, halten wir nur für ein kurzes Foto. Diese Kirche zu besuchen, können wir wirklich nur empfehlen! Sie ist in ihrer hellen Leichtigkeit so ganz anders als die düsteren norwegischen Stabkirchen aus den selben Baujahren und die Wandmalereien sind berührend schön!

Møn ist eine kleine Welt und nur wenige Kilometer später sind wir zuhause. Was für ein schöner geruhsamer Tag! Wir leeren mit unserem Gastgeber noch eine ziemlich gute Flasche Weißwein und freuen uns über seine Erzählungen über Dänemark. Die Hitze hat uns geschafft und wir wollen noch auf unserer Terrasse entspannen und die unglaubliche Abendstimmung über dem Meer beobachten.

Aus Angelikas Plan, nackig in der Ostsee zu baden, wurde übrigens nichts. Sie ist dann einfach auf der Terrasse eingeschlafen...

Tageskilometer: 50 km

Hier geht es in Kürze weiter: >> klick

Ein schöner kleiner Reisetag, oder?

Massentourismus

Es schaut derzeit nicht aus, wie wenn dort Massentourismus herrscht, oder?

LG Tom

Antw.:Massentourismus

Hallo Tom!

Weit entfernt von Massentourismus - echt angenehmes Reisen.

LG Didi

schön!

das habt ihr beiden wunderbar beschrieben! man kann richtig mitfühlen, wie sich dänemark anfühlt!
dlzg rider

Denmark in a Nutshell

Møn ist schøn! Und es kommt mir vor, wie ganz Dänemark im Kleinen, Denmark in a Nutshell. Schöne Bilder und schöne Eindrücke habt ihr mitgebracht. Das Foto Pink Sunset ist mein Lieblings.
Ein schönes Wochenende euch Beiden.
Drück euch voller Wärme.
Svenja

Antw.:Denmark in a Nutshell

Denmark in a Nutshell. Genau das ist es! Diese Formulierung hab ich gesucht.
Ja, Møn ist wirklich etwas Besonderes. :-)
Schönes Wochenende!
Geli

Schranke

Moin, Moin,
Jaja, ich habs genau gesehen! Angelika wollte hinterm Auto noch mit durch die Schranke:)) und dann fahrt ihr einfach durch

Antw.:Schranke

*gnihihihihihihiiiii* Und da war sogar ne Kamera!

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zuletzt aktualisiert am 11.11.2024