Wir haben in unserer Hütte wunderbar geschlafen, als Angelika um 7:30 zur Rezeption wandert, um die noch warmen, frischen Croissants zu holen, die dort für uns bereitstehen. Der Campingplatz wirkt vollkommen ausgestorben, kein Laut ist zu hören. Didi kocht inzwischen zwei Tassen guten Kaffee und räumt unser Zeug zusammen. Die Sonne kommt gerade hervor, als wir auf unserer kleinen Terrasse mit Blick auf den in der Morgensonne glitzernden See frühstücken. Es ist mit 13°C noch etwas frisch, aber es verspricht, ein warmer Tag zu werden.
Wir trödeln etwas herum und verlassen den hübschen Platz erst um 9:30 auf der D428 Richtung Nordwesten. Es geht über gemächliche Hügel und lange Geraden gemütlich dahin. Kleine Wäldchen wechseln mit unendlichen Weideflächen und goldgelben, bereits abgeernteten Feldern. Es ist eine einsame und stille Gegend und außer große Herden freundlicher weißer Charolais-Rinder wohnt hier niemand.
Plötzlich wird die träumerische Stille von einem entsetzlich lauten Knall zerrissen! Entsetzt schauen wir uns an, Gänsehaut unter dem Goretex. Was war das denn?! In diesem Moment sehen wir zwei "Mirage 2000" knapp über unseren Köpfen hinwegbrüllen. Nur eine Sekunde später sind die Jagdflugzeuge mit einem Flächenwackeln hinter dem Horizont verschwunden. Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass die beiden Typen der "Armée de l’Air" einander soeben einen "High Five" deuten ...
Der Asphalt der schmalen Straße ist rauh und unsere K60 Scout ziehen laut hörbar ihre Spur auf dem rötlichen Bodenbelag der D928. Wir freuen uns auf eine erste Kaffeepause, als wir unzählige winzige Dörfer wie Recey-sur-Ource durchfahren. Eines pittoresker als das andere! Auch wenn der graue Stein der uralten Gebäude abweisend und etwas heruntergekommen wirkt, wir mögen den für uns fremdartigen Anblick. So alte Dörfer in Österreich sind zumeist aus schwarzdunklem Holz errichtet.
Die erste größere Siedlung ist Châtillon und wir verlangsamen die Fahrt. Wir rollen aufmerksam durch den Ort und sichten fast gleichzeitig eine Brasserie am Straßenrand. Was fürn Glück, da ist ein wenig Platz für zwei Transalps genau davor! Schnell holen wir uns zwei Tassen Kaffee. Der Maskenpflicht im Innenraum tun wir Genüge, indem wir unsere Buffs kurz über die Nasenspitze ziehen. Nun besetzen wir einen kleinen Tisch an der Straße. In der Kleinstadt scheint allgemeine Mittagspause zu herrschen! Viele Büromenschen eilen umher, Aktentasche und I-Pad in der einen und Baguette in der anderen Hand. Sehr französisch!
Jetzt erst bemerken wir, dass der kleine Bach, der hier in sprudelnden Wellen vorbeiplätschert, den klingenden Namen "Seine" trägt. Wir freuen uns, an diesem berühmten Fluß zu sitzen, auch wenn er hier noch einem kleinen Wildbach gleicht! Während wir an dem brutal starken Kaffee nippen, der auch durch die Zugabe von reichlich Milch nicht heller wird, beobachten wir heimlich die anderen - zumeist elegant gekleideten - Gäste. Die meisten genießen jetzt am späten Vormittag ihr Glaserl Wein und auch der ein oder andere Pastis-Trinker hat hierher gefunden.
Nach unserer kurzen Mittagspause geht es weiter auf der D965, entlang der "Route Touristique des Vignobles de l’Yonne", einer Weinstraße durch die Anbaugebiete des Chablis. Die Fahrt durch immer diesselben malerisch-düsteren Steindörfer und unendlichen Felder ist mittlerweile etwas eintönig und wir freuen uns über die Abwechslung, als wir durch das mittelalterliche Tonnerre bollern. Es ist warm geworden, 22°C und die Sonne strahlt vom wolkenlosen Himmel.
INFOBOX
Der mittelalterlichen Kern ist vor allem an einem großen Hotel zu bemerken. Später werden wir lesen, dass das "Hotel Dieu" in den Mauern eines berühmten Krankenhauses aus dem 13. Jhdt. untergebracht ist. Der Name, der in Frankreich von zahlreichen Unterkünften verwendet wird, weist auf eine ursprüngliche Bestimmung des Hauses als Pilgerherberge und frühes Hospital hin.
Die D905 zieht sich unspektakulär und mit wenigen Kurven über das Land. Nur links der Straße verdeckt dichter Wald die Sicht in die Ferne und wir haben das Gefühl, dass wir an einem Bach entlang fahren, der sich hinter den Bäumen versteckt. In der Nähe von Dannemoine bestätigt sich unser Verdacht. Es ist der Bourgogne-Kanal der hier entlang führt! Vor 250 Jahren wurde diese Wasserstraße erbaut und heute dient sie dem Freizeitvergnügen von Hausboot-Urlaubern, die langsam durch wunderschöne Gegenden und durch zahllose Schleusen dahinschippern. Gerne auch ohne Führerschein, den der ist dafür nicht erforderlich.
Da vorne ist eine kleine Fußgängerbrücke über den Kanal! Entschlossen rollen wir mit den beiden Transalps darüber und halten für ein Foto. Aber so menschenleer wie die Gegend, so ruhig fließt das stille Wasser dahin. Es ist kein Boot in Sicht.
In Richtung der Kleinstadt "Sens an der Yonne" wird das Land flacher, die Hügel weniger und der Verkehr auffällig mehr. Mit einigen ausführlichen Blicken auf die sensationelle Kathedrale kurven wir langsam mitten durch die Partnerstadt von Lörrach, die sonst keinerlei Auffälligkeiten zeigt. Die D606 gebärdet sich hier als Schnellstraße, die schnurgerade durch farblose Dörfer und kleine Industrieanlagen dahinfließt. Wir haben langsam genug und wollen endlich ans Ziel!
In Pont sur Yonne haben wir einen unfreiwillig längeren Aufenthalt. Eine Baustelle an der neuen Brücke blockiert die Straße. Aber es stört uns nicht, denn so haben wir Gelegenheit, die im Weltkrieg übrig gebliebenen Reste der alten Brücke zu bewundern. Viel steht nicht mehr, dabei wurde das elegante Bauwerk im 17. Jhdt. nach 500 Jahren Nutzungsdauer sogar saniert!
Um 16:00 haben wir unsere Unterkunft in Fontainebleau erreicht! Nach einem ersten Blick auf das sagenhafte Schloss checken wir ein und entern das kühle Zimmer. Meine Güte, wir schwitzen ziemlich in unsere Jacken. Es ist warm geworden! Ein Blick aus dem Fenster mahnt uns zur Eile, wir sind unmittelbare Nachbarn des knapp 500 Jahre alten "Château de Fontainebleau"! Schnell unter die Dusche, etwas Bequemes anziehen und los gehts!
Das Weltkulturerbe schließt um 18:00, also heben wir die Besichtigung für morgen auf. Aber dennoch streunen wir mit offenen Mündern durch die 130 Hektar großen Gärten und fotografieren jede mögliche Perspektive der Anlage. Eigentlich herrscht im gigantischen Park Maskenpflicht, aber wir sehen nur 3-4 Besucher. Alleine und im Freien nehmen wir das lockerer. Es ist ruhig und beschaulich hier.
Was für ein Anblick! Wir machen Pause am langen Kanal, der über einen Kilometer schnurgerade vom Schloss bis ins Städtchen Avon führt und lassen die Szenerie auf uns wirken. Die über 6.000 Bäume sind allerdings nicht mehr da, an denen die Könige des 17. Jhdt. entlang segeln konnten. Gestaltet wurde das alles von Ludwig XIV. und der Sonnenkönig war nun nicht gerade für Bescheidenheit bekannt.
Um Punkt 18:00 verlassen wir das Gelände durch den Garten der Diana. Wir treten durch das Tor und stehen mitten in der Lokalmeile von Fontainebleau! Ein Lokal reiht sich an das nächste und uns fällt die Wahl schwer. Wo bekommen wir ein gutes (und nicht absurd überteuertes) Abendessen? Ein netter Einheimischer sieht unsere Entscheidungsschwierigkeiten und deutet lächelnd zu einem unauffälligen Bistrot. "Wenn ihr gut und viel essen wollt, dann geht dorthin," empfiehlt er in gebrochenem Deutsch.
Damit hat er uns. Wir nehmen einen winzigen Tisch am Straßenrand in Besitz und bestellen munter darauf los, ohne die französische Speisekarte so richtig lesen zu können. Aber der nette Kellner erklärt mit Händen und Füßen seine Spezialitäten. Doch als er dann die Vorspeise bringt - wir wollten uns eine Kleinigkeit teilen - wird das Tischchen schnell zu klein. Große Mengen verschiedener Schinken, Wurst und andere Charcuterie auf einem rustikalen Holzbrett lassen uns bereuen, noch eine anständige Hauptspeise bestellt zu haben!
Nach dem enormen Croque Madame und dem dicken Burger muss die Nachspeise zu unserem Bedauern ausfallen. Wir spülen die letzten Pommes Frites mit einem guten Rotwein hinunter und machen uns auf den Weg zum Hotel. Es ist ein angenehmer Sommerabend. Müde latschen wir die Rue Grande 350 Meter entlang. Es war ein langer Tag und wir sind ziemlich erledigt von den vielen Eindrücken!
Tageskilometer: 250 km
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