7. Tag: Møn - Roskilde

Ein wunderbarer Motorradtag kündigt sich an! Bei gemütlichen 20°C scheint die Sonne und gleichzeitig nieseln einzelne Tropfen vom Himmel. Unser Gastgeber hat uns Frühstück und seine Bankomatkassa hinterlassen und ein freundliches "help yourself" auf einen Notizzettel gekritzelt. Er musste weg und wir bedienen uns gerne selbst. Unser bissl Zeug ist schnell zusammengepackt und um 10:30 verlassen wir das Haus, in dem wir uns so wohlgefühlt haben. Wir kommen sicher wieder!

Schnell noch in die neuen Regenjacken schlüpfen! Nur zur Sicherheit! Die kleine Straße kann sich nicht entscheiden, ob sie trocken oder regennass sein will und so rollen wir gemäßigten Tempos durch die winzigen Dörfer. Wir verlassen die Insel Møn über die elegante "Königin Alexandrine Brücke", immerhin eine der schönsten Brücken Dänemarks! Wir halten uns nun in Küstennähe, während wir die R265 gen Norden bollern.

Wir nehmen den Ostrand der Insel Seeland unter die Räder und es wird schnell einsam. Bis auf einige kleine Siedlungen wie Præsto cruisen wir bei der Umrundung der Faxe Bucht schnurgerade über menschenleere Felder, Weiden, Alleen und Grünland, so weit das Auge blickt. Es ist ein gemächliches, unfassbar sauberes und ruhiges Land hier.

Oh, es ist tatsächlich viel zu ruhig! Unsere Tankanzeigen haben sich schon vor einiger Zeit der Nulllinie genähert. Wo um Himmels Willen finden wir hier an der R154 Nachschub?! Auf der Suche fahren wir in jedes klitzekleine Dorf, nur um wenige Meter später ergebnislos auf die Hauptroute zurückzukehren. Was für ein Glück, dass wir in Store Heddinge endlich eine Tankstelle erspähen! Das war knapp!

Hier im Kreisverkehr finden wir auch das erste Schild, das nach "Stevns Klint" weist. Unser erstes heutiges Ziel! Doch weil man in Dänemark alles mitnehmen muss, was man findet, wenden wir uns zuerst in Richtung der "Gamle Kirke Hojerup", die ebenfalls hier beschrieben ist. Mal sehen, wie so eine uralte dänische Kirche aussieht!

Eine linealgerade Straße führt an einigen weitläufigen Pferdeweiden vorbei und endet auf einem kleinen Parkplatz an der Steilküste. Wir paddeln die Transalps auf einen Stellplatz, zahlen 40 DK Parkgebühr und stellen gleichzeitig fest, dass wir als Gäste des kleines Cafés hier gratis stehen dürften. Zuerst lesen, dann zahlen! Regel Nr. 1!

Egal, wir stiefeln nun ein paar Meter zur Kirche, die seit über 700 Jahren am Rande der Steilküste balanciert, und treten in das helle, freundliche Innere. Meine Güte, was ist denn hier passiert! Nein, darauf waren wir nicht gefasst! Von der Kirche fehlt die vordere Hälfte! Tatsächlich ging der Kampf des Meeres gegen die Küste vor etwa 100 Jahren zu Ungunsten des uralten Bauwerks aus und Altarraum und Chor stürzten hinunter ins Meer.

An einem Freitag im März 1928 frühmorgens war es so weit. Die Steilküste hatte sich seit 700 Jahren so weit ins Land gefressen, dass der meereszugewandte Teil der Kirche krachend ins Meer stürzte. Schon 300 Jahre zuvor hatte das Meer den Friedhof um die Kirche abgegraben. Särge und Skelette waren freigelegt worden, die plötzlich gespenstisch aus der Steilwand hinausragten.
Beim großen Unglück 1928 kamen keine Menschen zu Schaden, denn die Bevölkerung hatte die Kirche bereits 10 Jahre zuvor aufgegeben und einige Meter landeinwärts ein neues Gotteshaus errichtet.
Dennoch waren die Gläubigen sehr berührt vom Schicksal ihrer alten Kirche und sie taten alles, um die Küste wieder aufzuräumen und ihre Kirche - zumindest den Rest davon - zu befestigen. Ausserdem waren binnen drei Tagen 40.000 Besucher angereist, um die abgestürzte Kirche und die makabren Friedhofsreste zu bestaunen - eine Touristenattraktion war geboren...

Wir werfen ein Blick aus der Kirche hinaus hinunter auf den Strand und erkennen noch Reste des abgestürzten Altarraums. Neben der Kirche finden wir noch ein großes Fernrohr und ein Schild, das Interessantes über die Klippe "Stevns Klint" dort drüben erklärt: Man fand 1978 heraus, dass die dunkelgraue Schicht Spuren des Asterioden enthält, der vor 65 Mio Jahren die Dinosaurier hinwegraffte! Die Klippe ist seit sieben Jahren deshalb auch UNESCO-Welterbe.

Wir lesen über traurige Kirchenbesucher, Asteroiden und Dinosaurier, als wir im hübschen Garten des unerwartet eleganten "Traktørstedet" sitzen und uns leckeren Kuchen und Kaffee einverleiben. Hier ist es gemütlich und wir warten jetzt den leichten Niesel ab, der hoffentlich bald aufhört. Wir freuen uns, an diesem seltsamen Ort gelandet zu sein!

Bevor wir diese Region verlassen, werfen wir noch pflichtschuldigst einen Blick auf den hohen Leuchtturm auf der Klippe. Er interessiert uns heute gerade genug, um von den Motorrädern zu steigen. Nach ein paar Fotos cruisen wir weiter gen Norden.

Wir halten uns an die Schilder Richtung Køge! Nach ein paar Kilometern wirft Angelika unvermutet Anker und schwenkt nach links auf eine schmale Straße. Sie hat soeben "Slot Vallø" auf der Karte endeckt! Wir sind neugierig, wie dänische Schlösser aussehen und kurven den kleinen Pfad entlang. Es geht sanft bergauf und bergab und schon sehen wir hohe rote Türme durch die Baumwipfel schimmern. Vorsichtig tuckern wir die Einfahrt zum Schloss an einem mit grünen Algen überwachsenen Wasserlauf entlang. Oh klasse!

Wir halten bei der uralten Steinbrücke, die direkt zum majestätischen Schloss führt, das sich uns hier prachtvoll präsentiert. Sehr beeindruckend! Uns gefällt das sehr, auch wenn der Bauherr überaus kreativ zu sein gewesen scheint: Kein Turm gleicht dem anderen, man konnte sich offenbar nicht zwischen rund und eckig entscheiden.

Wir haben keine Lust auf einen Rundgang und ausserdem kann man das private Schloss nicht besichtigen. Uns ist warm und die hohe Luftfeuchtigkeit bringt uns bei schwülen 22°C ziemlich ins Schwitzen. Unangenehm! Während wir ein paar Schluck aus der Thermoskanne trinken und uns aus den Regenkombis schälen, bewundern wir aus angemessenem Abstand das pompöse Gebäude, die Seerosen im Wassergraben und die Schwäne und Enten, die durch diesen Sumpf paddeln. Es ist still und menschenleer hier und das teure Café hat heute Mittwoch mittags auch geschlossen. Schade! Uns wäre nach einem guten Häferl Kaffee!

Nur wenige Minuten später rollen wir langsam durch das mittelalterliche Køge. Wir wollen nur einen Blick auf diese uralte Stadt erhaschen, denn für eine Besichtigung ist uns zu wenig Zeit. Aber das kommt auf die Liste fürs nächste Mal, denn Køge ist die besterhaltene Mittelalterstadt Dänemarks und nicht alles daran ist so grässlich wie die 15 Hexenprozesse gegen todgeweihte Frauen, die im alten Rathaus im 17. Jhdt. hier stattfanden.

Heute interessieren wir uns mehr für guten Kaffee und leckere Smørrebrød und tatsächlich finden wir in unmittelbarer Nähe des Alten Marktes ein kleines Café. Schnell, es sperrt gleich zu! Wir ergattern die letzten zwei Backfischbrötchen und setzen uns an den Straßenrand.

Wir lesen, dass die Holsteiner diese Kleinstadt im 14. Jhdt. komplett niedergebrannt hatten, bevor sie kurz später zu neuer Blüte aufstieg und zur wichtigen Handelsstadt Seelands wurde. Nun, da hat sich nichts geändert, denn rund um den Markt ist die Hölle los! Es herrscht Hochbetrieb in den Geschäften und Kaffeehäusern! Wir beobachten entspannt das Treiben.

Wir haben für heute schon genug Eindrücke in uns aufgenommen und so schauen wir kaum links und rechts, als wir zügig auf der R151 bis Jelsie und dann auf der gut ausgebauten R6 nach Roskilde fahren. Um 17:30 wuchten wir die Transalps auf den schönen Parkplatz vor dem Scandic Hotel am Stadtrand der alten Königsstadt. Das war leicht zu finden!

Erst später spazieren wir in die Innenstadt und suchen etwas Essbares. Es regnet mittlerweile aber das stört uns nicht. Noch ist uns nicht klar, dass die Sperrstunde in Dänemarks Restaurants mitunter pervers früh angesetzt ist, deshalb wundern wir uns über die totenstille und menschenleere Stadt. Es war dann reines Glück, dieses kleine aber sehr gemütliche Burgerlokal zu finden und auch noch leckeres Abendessen zu bekommen...

Tageskilometer: 140 km

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Von abgestürzten Kirchen und pompösen Schlössern...

Sagt wie findet

ihr solche Besonderheiten wie eine abgestürzte Kirche? Welche Reiseführer zieht ihr für eure Tourenplanung zu Rate? Habt ihr da Tipps?
LG Tom

Antw.:Sagt wie findet

Hallo Tom!

Eine Fahrt ins Blaue wäre sicher irgendwie spannend und bei Kurztouren belassen wir es auch oft dabei. Bei einer großen Tour wird recherchiert, um eben für uns interessante Orte soweit als möglich in die Tour einzuplanen . Im Vorbeifahren kann man bekanntlich schnell mal was übersehen.
Einerseits behelfen wir uns mit Literatur bzw. Reiseführern, welche wir jedoch vor Ort zB bei Verlagen, Buchhandlungen etc. begutachten, ob diese Infos für uns auch brauchbar sind. Andererseits bietet natürlich auch das Internet eine Fülle von Links via Reiseberichten bzw. Länderinfos und interessante Themen - Schlagwörter Kultur, Land und Leute. Die Recherchen werden dann in unsere Reiseroute soweit als möglich eingebaut oder diese danach ausgerichtet. Abhängig natürlich vom gesamten zur Verfügung stehenden Zeitstrahl.
Man wird während der Planung immer aufgeregter......und hofft bald vor Ort sein zu können.

LG Didi

Corona

Moin, Moin
Seeland ist für uns auch unbekanntes Gebiet und haben wir bisher auf unsrem Weg nach Schweden nur durchfahren. Roskilde kennt man als Festival Stadt.
Im letzten Jahr hatten wir auf eine Tour durch Dänemark spekuliert, zumal ich auf der Suche nach Camping Plätze auf den Corona Camping gestoßen und der sieht richtig interessant aus!
Bin gespannt, was ihr noch alles entdeckt! Ganz gut, dass wir unsere Dänemark Tour noch nicht gemacht haben

Antw.:Corona

Seeland, aber nicht nur das, bietet wirklich unerwartet viel Interessantes! Überhaupt hat uns Dänemark als Reiseland oft überrascht, aber warte mal, was wir noch alles gesehen haben...

LG Geli

Antw.:Antw.:Corona

Mächtig gespannt bin ich! Euch als Scouts ist ne gute Sache

Trüffelschweine

Ihr macht eurem Ruf als Kulturreisende alle Ehre. Was ihr zuvor recherchiert, oder einfach unterwegs am Wegesrand entdeckt, ist verblüffend. Weder die Kirche, die runtergestürzt ist, noch von Køge wusste ich was. Und vor allem von dem tollen Café nicht. Auch Seeland scheint mir eine Reise wert zu sein. Bisher war es immer nur Durchgangsinsel auf dem Weg nach Schweden.

In einem Scandic Hotel war ich noch nie. Das sieht aber ganz hübsch aus, und was ihr vom Frühstücksbuffet schreibt, überzeugt sowohl Pieps, als auch mich :-)

Ich reise jeden Kilometer mit euch mit und freu mich auf jeden neuen Reisetag.

Liebe Grüße aus Kiel.
Svenja

Antw.:Trüffelschweine

Ja wir hatten ja nicht viel Zeit für die Planung dieser Reise und es war ganz erstaunlich, was wir alles Spannendes gefunden haben. :-))) Das Café bei der abgestürzten Kirche war geradezu königlich und das ist wortwörtlich gemeint. Trotzdem waren die Leute cool, als wir im Regenzeugs den Garten geentert haben.

Das Scandic Frühstücksbuffet ist legendär! Legendär, sag ich dir!

Umarmung
Geli

Antw.:Antw.:Trüffelschweine

Svenja: "Moin. Zweimal das große Scandic Frühstücksbuffet zum Mitnehmen. Und bitte legen sie Servietten dazu."
Pieps so: "Nimm ich auch! Nur mit ohne Sivietten."

Antw.:Antw.:Antw.:Trüffelschweine

:-)))
"Du trägst den großen Topf mit Baked Beans, ich schnapp das Waffeleisen!"

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zuletzt aktualisiert am 18.3.2024