Es ist so unglaublich schön, nach dem gestrigen Fahrtag auszuschlafen! Aufzuwachen und nicht aufstehen zu müssen, das ist Urlaub! Erst um 10:00 können wir uns überwinden, aus den weichen Schlafsäcken zu krabbeln. In flauschiger Unterwäsche schnappen wir uns den Jahresbecher und steigen auf die Dachterrasse.
Während wir am warmen Kakao nippen, lassen wir den Blick schweifen. Wir sehen Fischkutter mit rätselhaften Aufbauten und Netzen, die mit klopfenden Dieselmotoren ausfahren. Hafenarbeiter reparieren technische Geräte und der ein oder andere Segelbootbesitzer kümmert sich um sein Schmuckstück. Es ist Dienstag in Svolvær, der Arbeitstag hat gerade begonnen.
Das Wetter ist kaputtgegangen. Nichts erinnert an den blitzblauen Himmel von gestern! Wie ein nasses Tuch liegen die Wolken über der Stadt, der knapp 600 m hohe Gipfel des Svolværgeita hinter dem Haus ist nicht zu sehen. Aber es ist trocken, der Regen macht kurz Pause. Wir nehmen eine eigentümlich milde Temperatur wahr. Eigentlich angenehm bei 14°C!
Für einen Tag in der Stadt ziehen wir uns Bequemkleidung an, wobei Angelika einfach die Protektoren ihrer Motorradhose rausreißt und die Hose als Outdoorhose nimmt. Es bedeutet uns sehr viel, wieder hier zu sein! Als wir bei der Tour 2017 am Rückweg vom Nordkapp eine kurze Strecke mit den Hurtigruten mitfuhren, konnten wir beim Landgang eine schnelle Runde durch die Stadt laufen. Seit damals ist Svolvær ein Sehnsuchtsort für uns!
Wir sind ganz hibbelig, als wir das kurze Stück in die Stadt spazieren, denn wir haben einige Pläne! Im Hostel haben wir einen gratis Stadtplan bekommen und von dem lassen wir uns leiten. Es beginnt zu nieseln, aber das ist uns heute egal! Wir stiefeln die Hafenpromenade entlang, die wir schon so gut kennen und stehen kurz später am kleinen Hauptplatz "Stor Torget".
Uns überkommt ein Gefühl tiefer Zufriedenheit. Dieser für uns exotische Ort ist so weit weg von zuhause und so aufwändig zu erreichen, und trotzdem fühlt es sich wie Nachhausekommen an. Wir spazieren am unvermeidlichen Blumenmarkt vorbei in den kleinen Shop, wo wir 2017 schon Proviant gekauft haben. Wir kaufen winzige Souvenirs für die Reisevitrine zuhause, während es draußen stärker zu regnen beginnt.
Nachdem wir die Postkarten vom Nordkapp in den Briefkasten geworfen haben, stiefeln wir zum Krigsminne Museum. Auf unserem kurzen Landgang 2017 standen wir schon davor und haben uns einen Besuch vorgenommen. Eine nette Dame nimmt die schmale Gebühr entgegen und schon stehen wir mitten in der lofotischen Geschichte 1940 - 1945.
Im Rahmen unserer Universitätsstudien haben wir unzählige solche Museen und Ausstellungen besucht. Aber diese private Sammlung hier, die Herr Hakvaag zusammengetragen hat, die raubt uns den Atem. Wir sehen unglaubliche Exponate!
Seltene Gegenstände, die wir noch nie zu Gesicht bekamen oder von deren Existenz wir nichts wussten! Sie erzählen von Drama, Demütigung und Brutalität. Aber auch von selbstlosen Opfern und Standhaftigkeit. Viele Gegenstände zeigen die Absurdität und die Bösartigkeit des Krieges.
So liegt da ein T-Shirt eines Matrosen aus Svolvær. Sein Schiff wurde versenkt, nur wenige überlebten die Katastrophe. Vor wenigen Jahren tauchte man an der Unglücksstelle und fand ein T-Shirt, das im Wasser des Fjords jahrzehntelang überlebte. Man recherchierte den Besitzer und kontaktierte ihn in den USA. Der bewegende Brief des greisen Mannes ist nun neben seinem Unterhemd Teil der Ausstellung.
Nach zwei Stunden können wir uns von dem übervollen Museum losreißen. 15:00, Kaffeezeit! Wir haben vorhin ein Café entdeckt, an der Ecke am Hauptplatz. Nichts wie hin! Es ist bei 14°C und kalter Brise relativ frisch, trotzdem finden wir einen Tisch im Freien.
Während wir die leckere Prinzessinnentorte mampfen, denken wir an die Arktik-erfahrene Claudia in Kiel und ihr mildes Lächeln, als wir von unserem "typisch wienerischen" Wunsch erzählen: In Svolvær in einem Café sitzen. Ja, geht! Haben wir gemacht!
Als uns kalt wird, eilen wir noch in den Mega-Supermarked "X-Coop" und kaufen in der Apotheke so einiges. Wir sind vor zwei Wochen gesundheitlich ziemlich angeschlagen weggefahren und haben mittlerweile eindeutig Reparaturbedarf! Und endlich findet Angelika bei Stormberg auch so eine coole Regenjacke, die sie sich seit unserem ersten Svolværbesuch wünscht, und schlüpft gleich hinein.
Für eine Freundin soll Angelika "Klippfisk" mitbringen. Aber daran scheitern wir, denn diese Spezialität gibts nur als Tiefkühlkost und die hält im Topcase nicht bis zuhause. Also nicht, wenn das Wetter mal besser wird. Naja, vielleicht finden wir morgen eine Portion zum Mitnehmen?
Es ist 17:00, wir haben Hunger! Heute wollen wir fein essen gehen und mal das tägliche Travellunch auslassen. Zum ersten Mal lassen wir uns von tripadvisor ein Lokal empfehlen. Alles spricht für den Anker Brygge und speziell für die Fischsuppe dort! Wir spazieren entlang der Hafenpromenade und über die hübsche kleine Brücke.
Das Lokal auf der im Hafen vorgelagerten winzigen Schäreninsel Lamholmen teilt sich den engen Platz mit einigen hübschen Hütten, die als Hotelkomplex vermietet werden und einem richtig teuren Restaurant, das jenseits unserer Urlaubskasse liegt.
Es regnet schon ziemlich stark, als wir die schwere Holztüre zum Pub aufstoßen. Wow! Das haben wir nicht erwartet! Was für ein prima Ambiente! Das dunkle Holz schimmert in der geschmackvollen Beleuchtung und die weichen Sofas an der offenen Feuerstelle laden ein, hier bei einigen Drinks zu versickern. Wir finden einen guten Tisch im geheizten Wintergarten, mit Blick auf die Hafenpromenade.
Es ist ein grandioser Abend! Wir bestellen die berühmte Kabeljau-Fischsuppe und danach "Mammas Fischgratin", das hier mit geschmolzener Currybutter, Preiselbeermarmelade und knusprigem Fladenbrot daherkommt. Unfassbar lecker, das alles! Für 650 NOK (65.-) finden wir das wohlfeil, sind die Lofoten doch preislich "das Norwegen von Norwegen". Kaffee und Kakao sowie Tafelwasser, soviel man will, sind kostenlos dabei.
Während dem Essen hörten wir den Typhoon des einlaufenden Hurtigrutenschiffs "MS Nordkapp" brüllen. Der Anleger ist gleich dort drüben! Um 20:30 wollen wir kurz das Ablegemanöver beobachten, aber die machen es spannend! Der Riesenpott dreht schwerfällig aus dem engen Hafen, nur um gleich darauf wieder beizudrehen und erneut anzulegen.
Ein Rettungswagen fährt vor, offensichtlich braucht ein Passagier dringend Hilfe. Viele Menschen sammeln sich am Kai und beobachten das ungewöhnliche Treiben. Eine ganze Stunde später legt die "Nordkapp" dann doch ab und macht sich auf Richtung Stamsund. Wir erinnern uns an unsere kurze Fahrt mit den Hurtigruten und es sind großteils schöne Erinnerungen.
Es hat auf 8°C abgekühlt und der Regen macht es nicht gemütlicher. Wir spazieren langsam zum Quartier zurück, nicht ohne unsere SD-Cards noch mit Fotos anzufüllen. Wir sind so gerne hier, es ist alles so großartig! Wir freuen uns auf morgen, denn morgen fahren wir mal quer über den Lofot!
Tageskilometer: 0 km mit dem Motorrad aber ziemlich viele zu Fuß
Hier geht die Fahrt weiter: >> klick
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