24. Tag: Rondane Nationalpark - Sandvika

Um 10:30 Uhr sind wir abfahrtsbereit. Wir haben gut geschlafen und waren nach einem winzigen Frühstück auch schon in den Gemeinschaftsduschen Zähneputzen. Unsere Hütte hat kein Fließwasser und noch ist die Körperpflege aus dem Kanister für Angelika ein wenig beschwerlich. Wir sind uns einig: Diese Hütte ist nicht mehr kuschelig-alt sondern schlicht verbraucht. Hier tut ein wenig Renovierung not!

Die Sonne versteckt sich heute zeitweise unter Wolken, dennoch ist es mit 17°C angenehm warm. Wir tuckern den steilen Schotterweg zur Straße und los gehts! Wir haben eine Entscheidung getroffen: Für ein einsames Fjell und die endlosen Weiten und gegen den "Größten Elch der Welt", für den wir eine längere Alternativroute wählen müssten.

Wir nehmen den Rv27 südwärts. Gleich um die Ecke kommen wir an schönen Campinghütten vorbei, die wir uns heimlich im Kopf notieren, fürs nächste Mal. Die Landschaft ist unberührt und einsam. Fast verwildert wirkt sie, als wir bei Enden immer höher hinauf fahren! Wir freuen uns aufs letzte Fjell dieser Reise!

Nur Minuten später durchqueren wir das Venabygdsfjell. Dass es nicht so berühmt ist wie seine großen Brüder tut der Schönheit keinen Abbruch! Baumlos und karge Wiesen bis zum Horizont, eine steinige Gegend! Wir sehen kleine Wandergruppen dahinstapfen und ab und zu eine Reitergruppe, wie sie ihre Pferde stetig vorantreiben.

Ist dieses Fjell unbewohnt? Nein! Wir erkennen zahlreiche Touristenresorts, die sich mit ihren gleichförmigen Hütten aus dem örtlichen Heimwerkermarkt nur unzureichend in die Landschaft einfügen. Vor allem im Winter muss hier eine Menge los sein, man wirbt überall mit "Europas beliebtester Langlaufloipe". Auf der Troll-Loipe kann man tagelange Touren unternehmen! Auch Pauschalurlaube und die allseits beliebten Teambuilding-Wochenenden kann man in den großen Resorts buchen...

Wir sind froh, dass uns das alles nichts angeht, als wir über das wunderbare Fjell unsere Spuren ziehen. Aber schon geht es merklich bergab, die Nadelbäume nehmen zu und die Felsen werden weniger und wir erreichen Venabygd. Das winzige Dörfchen gilt als Berg- und Skidorf allererste Güte. Wir fahren einfach durch, denn wir haben ein Ziel!

Der Rondevegen Rv27 endet im Gudbrandsdalen. Dass es am Anfang und am Ende des Wegs einen Ort namens "Enden" gibt, entlockt uns ein Schmunzeln aber schon düsen wir in Ringebu einen steilen Pfad bergauf. Da oben muss die berühmte Stabkirche sein! Nur einen Augenblick später paddeln wir unsere schönen Transalps auf einen kleinen Parkplatz.

Hier ist die Hölle los! Zu viele Wohnmobile catchen sich um zu wenig Platz und ein paar Autos quetschen sich dazwischen. Für Touristen ist die Hütte im Sommer täglich geöffnet! Ob die Gläubigen von Ringebu hier noch in Ruhe ihren Gottesdienst feiern können? Wir lassen eine Besichtigung aus und machen ein paar Fotos von außen.

Infobox: Stabkirche von Ringebu

Diese 800 Jahre alte Kirche ist die größte ihrer Art in Norwegen und eine von noch 28 erhaltenen Stabkirchen. Es waren einmal über 1000 doch die meisten sind längst als Baumaterial abgebaut. Holz ist rar in diesem Land!

Obwohl die Ringebu-Kirche alles hat, was man sich erwartet (Drachenköpfe gegen Geister und - sollte sich ein Geist doch hinwagen - dann besonders enge Türen, damit er nicht hineinkann!), berührt sie uns nicht. Zu prächtig, zu neu steht sie da! Vermutlich ist das dem vor 200 Jahren erfolgten Neubau geschuldet, nachdem die Kirche mitsamt ihrer Christengemeinde abbrannte.

Die kleine, pechschwarze und nach Teer müffelnde Stabkirche in Borgund hat uns in ihrer ärmlichen Ausstattung besser gefallen. Dennoch ist sicherlich auch diese hier einen Besuch wert!

Eine wenig dekorative Mülltonne verhindert das ersehnte Foto "Transalps vor berühmter Stabkirche", aber manchmal ist das eben so. Als wir uns wieder auf den Weg machen, ist die Sonne verschwunden. Zügig geht es über Lillehammer südwärts. Entlang des Mjøsa-Sees herrscht starker Verkehr. Wir sind bereits im Einzugsgebiet von Norwegens großen Städten.

Wir wollen nicht dieselbe Strecke wie bei der Anreise fahren und außerdem haben wir unsere nächste Unterkunft ganz am westlichen Rand Oslos gebucht. Mitten in der Stadt mit ihrer verwirrenden Ringautobahn wollen wir nicht übernachten: Zu schwierig, zu kompliziert. Deshalb wechseln wir bei der nächsten guten Gelegenheit die Seite des Sees.

Noch bevor die Landesstraße mit ihrem starken Verkehr um Lillehammer zur E6 wird, überqueren wir bei Moelv den große Mjøsa-See. Wir wollen den Rv4 gen Süden nehmen! Doch das war ein Fehler. Eintönig zieht die Straße das Seeufer entlang, meist versperren Betonbakken die Aussicht und eine Ausfahrt gibt es auch nicht. So ein Mist!

Wir langweilen uns, als wir bei Gjøvik vorbeirollen. Gjøvik? Es dämmert uns langsam, dass wir hier vor wenigen Wochen vorbeifuhren! Doch das, was uns damals als schönes Fjell vorkam, ist heute eine stark befahrene Schnellstraße. Es gibt keinerlei Wiedererkennungswert, was uns seltsam vorkommt.

Bei Raufoss suchen wir eine Raststation. Es ist 13:45 Uhr, wir haben Hunger, die Motorräder brauchen Futter und die öde Fahrerei muss mal Pause haben. Wir finden eine CircleK-Tankstelle und halten genau davor an. Das gute 95-Blifri kostet hier etwa 2,10 Euro. Das ist ok und außerdem alternativlos. Lass uns die Transalps danach lieber unter Dach schieben! Der Himmel hat sich schon längst verfinstert und es schaut nach Regen aus!

Während wir Hotdogs mampfen und gratis Kakao aus dem Jahresbecher schlürfen, fängt es tatsächlich zu nieseln an. Tut das not?! Wir winden uns umständlich in die neongelben Regenkombis. Wir haben noch zu weit, um Kälte und Nässe zu riskieren! Als wir aufs Startknöpfchen unserer schönen Transalps drücken, wird uns klar: Das war die letzte CircleK und die letzten Hotdogs dieser Reise...

Wir geben jetzt ein wenig Gas. Der Rv4 verlässt das Seeufer des Einavatnet und steigt sachte aber stetig bergauf. Der Niesel hat sich längst zum Starkregen entwickelt, als wir bei der tollen Raststätte vorbeikommen, bei deren Toasts wir uns vor wenigen Wochen so wohlgefühlt haben. Nur schemenhaft erkennen wir aus dem vollgeregneten Visier den Platz, wo wir standen.

Für die landschaftlichen Schönheiten haben wir kein Auge mehr. Einsam ist es hier und unbewohnt. Die zahlreichen Baustellen machen die Fahrt jetzt um kein wenig besser. Mit Volldampf brettern wir durch schlammige Löcher und über fehlende Asphaltdecken. Dieses Wetter hat uns am letzten Fahrtag in Norwegen echt noch gefehlt!

Der Rv4 ist mittlerweile eine zweispurige Autobahn. Langweilig, trotz Baustellen im Regen! Bei Roa wechseln wir auf die E16, Richtung Hønefoss. Zum Glück ist alles gut ausgeschildert, denn bei diesem Wetter können wir die Karte nicht lesen. Die liegt wasserdicht und gut verstaut im Topcase. Wir haben den Weg schlicht auswendig gelernt.

Es schüttet wie Sau, als wir uns bei Klekken in eine schmale Bushaltestelle zwängen. Wir brauchen mal Pause und ins Visier hat es längst hineingeregnet. Ein Problem, dass auch Helme jenseits der 700.-Grenze offenbar nicht lösen können. Boah, haben wir schlechte Laune! Wir motivieren uns für die Weiterfahrt, noch ist der Kampfgeist nicht vollständig abgesoffen!

Wir nähern uns der Hauptstadt, was sich durch immer stärkeren Verkehr bemerkbar macht. Die E16 wurde im "Akerhus Fylke" über viele Kilometer einfach aus dem Mutterboden gesprengt. Hohe Felswände säumen nun den Weg. Es regnet beständig und ohne Pause, als wir durch einen unvorstellbaren Baustellen- und Umleitungszirkus am Rand von Sandvika landen.

Wir sind nervös geworden. Umleitungen sind das Letzte, was man braucht, wenn man bestimmte Abzweigungen und Kreisverkehre sucht, die man vorab auswendig gelernt hat! Mitten in der Stadt retten wir uns in eine Bushaltestelle. Der einzig mögliche Platz an dieser mehrspurigen Straße, um anzuhalten. Schnell, schnell raus mit der Karte, bevor der Bus daherkommt!

Wir haben mit klammen Fingern die Karte soeben entfaltet, als der Bus einfährt Doch, anstatt uns zu verscheuchen, hält der Fahrer mitten auf der Fahrspur und grinst uns an. Während er beide Daumen hochstreckt, deutet er an, auch Motorradfahrer zu sein. Wir sollen uns Zeit lassen, er verstehe unsere Lage. Was für ein netter Typ! Was für eine Geste! Wir sind begeistert und suchen schnell den Weg zu unserer Unterkunft. Muss ganz in der Nähe sein! Verdammt! Wir haben die Abfahrt übersehen! Können wir hier umdrehen? Erlaubt ist es nicht, wie die massiven Betonabsperrungen andeuten.

Doch egal, wir zangeln die Transalps jetzt auf die andere Straßenseite. Dass die Autofahrer an der stark befahrenen Stadtautobahn uns auch noch Platz machen und Verständnis zeigen, zeigt uns abermals die großen Unterschiede zwischen diesem und dem eigenen Land. In Österreich, noch mehr in Deutschland wären wir spätestens jetzt angezeigt, mit Bußgeld versorgt oder zumindest wüst beschimpft worden.

Nur Augenblicke später landen wir vor unserem kleinen Gästehaus. Der Nieselregen macht Pause und wir beeilen uns, die Packtaschen aufs Zimmer zu bringen. Wir müssen unser Zeug trocknen!

Es ist mit regnerischen 12°C ziemlich kalt und wir verbringen einen gemütlichen Samstagabend in diesem schönen Hostel. Außerdem müssen wir die morgige Rückfahrt planen...

Tageskilometer: 290 km

Morgen verlassen wir Norwegen: >> klick

Die letzte Fahrt in Norwegen

Pech!

Na war das ein Mist? Am letzten Fahrtag durch Norwegen den gleichen Regen wie beim ersten Tag.

Andererseits: Besser als auf den Lofoten, oder?

DlzG
Der rider

PS.: HAPPY NEW YEAR aus der Steiermark!

Hütte

Diese kleine Unterkunft wirkt aber wirklich so einfach. Da kann ich mir die Schwierigkeiten lebhaft vorstellen.

Aber ihr meistert ja wirklich jede Situation, wo andere den ADAC rufen und nach Hause fliegen. :-)

Danke für die Erzählung!
LG TinA

Schwierig

So ein Pech! Gerade bei der Rückreise ist Schlechtwetter für mich ein Problem. Da will man nur mehr nach Hause.
Wie geht es euch mit so etwas?
LG Micha

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zuletzt aktualisiert am 8.1.2025