klasse!
ich habe das gerne gelesen, auch wenn es für euch vielleicht ein langweiliger tag war. ihr kennt diese strecke offensichtlich schon gut!
lg micha
Es regnet, als wir aufwachen. Es regnet, als wir im Zimmer Kaffee trinken und es regnet, als wir uns seufzend ins wasserdichte Neon winden. Unsere Freundin kam gestern - einen Tag zu früh - bei Regen im Camp Hautoreille an. Bei Regen! Wir können uns diesen wunderbaren Campingplatz bei Regen gar nicht vorstellen.
Wir feiern uns für die Idee, die Transalps gestern abends noch "aufzupackeln"! Denn die kurze Regenpause kommt überraschend, als wir aus dem Haus hechten, den Übernachtssack ins Topcase schleudern, aufsteigen und den Startknopf drücken. Es hat jetzt um 9:30 Uhr nur erbärmliche 10°C.
Wir finden die perfekte Route nach Frankreich, was für uns in Lörrach nicht selbstverständlich ist. Über viele Kehren und das ländliche Weil am Rhein erreichen wir die Palmrainbrücke. Es schüttet in Strömen, als wir die Grenze zu Frankreich überschreiten. Eine Mega-Baustelle kostet uns viel Zeit, vor allem, weil wir auf eine Autobahn müssen, die nicht eingeplant war. Herrgottnochmal, ist das mühsam!
Warum uns diese Frau in dem kleinen Peugeot heftig winkend und gestikulierend fast abgeschossen hätte, wissen wir bis heute nicht. Wir kennen diese Irre nicht, die uns an der Autobahnabfahrt verrückt lachend fast in den Graben gedrängt hat!
Wir haben den gleichermaßen gewohnten wie furchtbaren Stau durch Saint-Louis und Hésingue hinter uns gelassen, als es wieder zu regnen beginnt. Tagsdorf, Altkirch und Dannemarie heißen die kleinen Dörfer an der B419, deren Namen an die Zweisprachigkeit des Elsass erinnern. Wir sehen im dichten Niesel kaum etwas von den hübschen Fachwerkhäusern!
Das Burgund hat uns noch nie so richtig begeistert. Hier schaut es mit leichten Hügeln an kleinen Hochebenen wie in Österreich aus, wir können hier nichts Aufregendes entdecken. Wir lassen die Transalps einfach mit den seit 2021 erlaubten 80 km/h den bekannten Weg dahinlaufen. Auch wenn diese allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung bei der Einführung in deutschen Motorradforen höchste Aufregung hervorrief (und großteils schon wieder aufgehoben wurde!), für uns ist es das beste Tempo, um seinen Gedanken nachzuhängen und unangestrengt dahin zu cruisen.
Belfort! Wir sind nun 75 km im Regen gefahren, es hat nur 11°C und wir brauchen dringend eine Pause. In dieser Kleinstadt mit der mächtigen Zitadelle haben wir uns schon oft verfahren, und so auch heute. Es regnet, der Verkehr ist heftig und wir kurven langwierig durch enge Gassen und Fußgängerzonen, bis wir endlich an einer abgewrackten Tankstelle anhalten können. Bitte, Motorradgöttin, lass es die richtige Richtung sein!
Was für ein doppeltes Glück! Wir sind nicht nur auf der richtigen Route, jetzt hört es auch zu regnen auf. Wir stellen uns zu den Mülltonnen und schlürfen frierend einen starken Kaffee aus dem Pappbecher, etwas Essbares gibt es hier nicht. Das war kein schöner Reisetag bis jetzt! Unsere durchnässten Handschuhe stecken wir während der Pause zum heissen Motorblock, der in der Kälte ein leises "tick-tick-tick" vernehmen lässt. Wenn schon nass, dann wenigstens warm, versuchen wir uns zu motivieren.
Über Ronchamp - wo wir die Kapelle des französischen Säulenheiligen "Le Corbusier" wieder nicht besichtigen - erreichen wir die Schnellstraße D64 gen Norden. Wir wissen, wo wir ein Frühstück finden! Trotz dichter, dunkler Wolken bleibt es trocken, als wir nur Augenblicke später den bekannten Kreisverkehr umkurven, den Blick fest auf die "Boulangerie CAP´Café" gerichtet. Schon wieder kein Parkplatz frei? Der Laden ist wie immer völlig überbucht.
Der kleine Holzbau am Rande der Autobahn bietet verlässlich beste Snacks in süß und pikant, nette Bedienungen und fürs "Emporter" einladende Holztische im Freien. Das Café dürfte bei Motorradfahrern beliebt sein! (Auf Google-Streetview haben nur wenige Wochen nach uns eine Gruppe Silberrücken an unserem Lieblingstisch Platz genommen.) Wir mampfen unsere geliebten Mini-Quiches, während die ersten Sonnenstrahlen des Tages scheinen ... und es gleichzeitig wieder regnet.
Etwas später jagen wir über die Autobahn N57 und noch später über die D417. Der Höhepunkt des Tages wartet noch auf uns! Unter uns nennen wir diese Route schon lange "Die Straße mit den Steindörfern" und das trifft es gut. Zwischen hügeligen Weiden und Feldern reiht sich ein kleines Örtchen an das nächste und die meisten sind nur äußerst wohlwollend als "romantisch" zu bezeichnen.
Der Grad des Verfalls ist besonders in Weilern wie im 500 Jahre alten Châtillon-sur-Saône auffällig, weil der wohlklingende Name in unseren Ohren so gar nicht zu passen scheint. Die "Stadt der Renaissance" mit ihren 110 Einwohnern ist nicht mehr als ein kleines, graues und schmuckloses Dorf am Rande der Geschichte. Ein Schild wirbt mit "Wallhäusern aus dem 16. Jhdt." und aus den Ruinen halbverfallener Gebäude holt sich die Natur in Form von Bäumen und Sträuchern ihr Recht zurück.
Bourbonne-les-Bains! Eine Stunde nach unserem Frühstück erreichen wir diesen für uns ganz besonderen Ort. Auch nur ein wenig ansprechendes Dorf, aber mit einer "Bar-Tabac", die wir jedes Mal besuchen. Svenja Svendura hat dieses Etablissement vor vielen Jahren mal gefunden und ihr Foto hat uns vor vielen Jahren erstmals hier her geführt. Nur Angelikas erster und denkwürdiger Besuch ist seit der Neuübernahme und Modernisierung - sowohl des Ladens als auch des Publikums - heute so nicht mehr möglich...
Wir wollen schnell weiter und verzichten auf die traditionelle Pause hier. Nur das Regenzeugs werden wir hier los. Die Sonne scheint, es hat 17°C und die paar Wolken sind uns jetzt egal. Es ist toll, wie sportlich und luftig wir uns ohne das gelbe Kunststoffneon fühlen, als wir die steile Straße aus dem Ort brausen.
Wir jagen die lange Gerade dahin und schaffen gerade noch die enge Abzweigung nach Saulxures. Ein weiterer Ort, den wir nicht einmal mit Phantasie aussprechen können. Hier brauchen wir keine Karte mehr, wie im Flug passieren wir Rançonnières (112 Einwohner), Andilly-en-Bassigny (103 Einwohner) und andere Bauernweiler. Der Glanz vergangener Zeiten ist hier schon lange vorbei, wie die Ruine einer gallo-römischen Villa in Andilly beweist.
(Carte postale ancienne 1910, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)
Schon halten wir ungeduldig bei der Baustelle am Stausee "Charmes-les-Langres". Da drüben liegt schon Bannes! Ohne weitere Verzögerung jagen wir bei Ampelgrün über den kleinen See und durch das Dörfchen, das wir tatsächlich noch nie besichtigt haben. Da ist schon das Hinweisschild auf "Camp Hautoreille" und voller Vorfreude beeilen wir uns den schmalen Zufahrtsweg zur Einfahrt. 15:20 Uhr, eine gute Zeit!
Noch bevor wir die Reihe internationaler Flaggen passiert haben, hat unsere Freundin Svenja das Bollern der Zweizylinder gehört und eilt strahlend aus ihrem Zelt herbei.
Mit einer generösen Geste tippt sie einen Code ein und öffnet so für uns den Schranken. Noch bevor Monsieur Benjamin mit seinem gewohnt breiten Grinsen herüber schlendert, umarmen wir einander. Ist es wirklich schon drei Monate her, dass wir uns in Kiel verabschiedet haben?
Angelika stiefelt mit dem Chef de Camping, der ein fröhliches Liedchen pfeift, zur kleinen Rezeption. Benjamin bietet augenzwinkernd einen schönen Rabatt aufs Safari-Zelt: Wenn wir das Zelt für unsere Rückkehr jetzt schon zahlen, wie er "ma chère Angelique" französisch-charmant unterbreitet. Na klar, machen wir!
Sie bucht auch gleich drei petit dejeuner für den nächsten Morgen. Ja, 8:00 Uhr passt gut! Da ist der Lerche Svenja, noch nicht allzulange fad und wir Eulen schaffen es auch unter Anstrengung... (Eine grandiose Fehleinschätzung, aber das könnt ihr >> hier nachlesen!)
Wir haben eine episch schöne Zeit zu Dritt, die mit einer Käsjause und Bier (gestiftet von Svenja) und einer Ladung Pastis, Knabberzeug und Wein (von uns) beginnt und irgendwann spät in der Nacht im schönen Campingrestaurant mit regionaltypischem Bœuf bourguignon, Gebackenem Tintenfisch, Faux Entrecote und Pfefferminzeis endet. Aber wer hat eigentlich noch Wein für den Schlummertrunk im Zelt geordert?
Es ist längst finster, und das Muhen der Kühe vor der Campwiese wurde längst vom dröhnenden Quaken der Frösche abgelöst, als Svenja ziemlich erledigt in ihr Zelt tippelt, wir unser Zeug zusammenräumen und noch ein letztes Glas heben:
"Auf diese wundervolle Freundschaft!" "Auf den offiziellen Beginn dieser Reise!"
Tageskilometer: 225 km
Hier gehts weiter: >> klick
ich habe das gerne gelesen, auch wenn es für euch vielleicht ein langweiliger tag war. ihr kennt diese strecke offensichtlich schon gut!
lg micha
hallo!
dieser tag nahm eine erstaunliche entwicklung. die ersten paar kilometer möchte man nicht dabei gewesen sein aber der abend klingt sehr gut! eine schöne tradition habt ihr drei euch da aufgebaut!
ich lese sehr gerne von euren gemeinsamen erlebenissen!
dlzg
der rider
hallo!e
da komme ich gerade noch zurecht beim beginn der reise. danke für eure lebendige schilderung eines "örkslichen" tages. aber das ende ist so liebevoll erzählt, dass es großartig gewesen sein muss.
ich freue mich auf eure erzählungen!
lg
TinA
Oh, ich bin ganz hingerissen von diesem Reisetag. Einerlei, wie nass, doof und örkselig der anfangs war, solch ein Ende mit dem Wiedersehen und dem wunderbaren Abend im Restaurant entschädigt doch für alles.
Mir war den ganzen Tag ein wenig langweilig und ich hab sehnsüchtig auf das Bollern der Transalps in der Ferne gewartet.
Meine Güte, jetzt können unsere Reisen so richtig beginnen!
Drück euch.
Svenja
Das war ein so besonderer Abend bei Monsieur Ben! So oft denk ich daran zurück, es war das pure Urlaubsglück dort. Rein und makellos!
Drück dich!
Geli
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